Die Angst der Händler vor dem Luxus

Jaguar braucht eine Neupositionierung. Darin sind sich Hersteller und Händler einig. Doch dann hört die Einigkeit schon auf. Jaguar-Land-Rover-Chef Thierry Bolloré hat Bentley im Blick und will aus Jaguar einen Luxushersteller machen. Hinzu kommt, dass Jaguar ab 2025 eine reine Elektromarke sein soll. Das macht vielen Händlern Angst. Denn die Auswirkungen auf den Vertrieb wären immens.

"Ich verstehe die Ängste der Händler", sagt der Ex-Vertriebsvorstand eines Jaguar-Wettbewerbers. Eine Neupositionierung sei in wenigen Monaten nicht machbar. Entscheidend sei, dass die Kunden mitziehen. Vor zwei Jahrzehnten überdehnte die Marke ihr Angebot nach unten und ging mit dem X-Type in die Mittelklasse. Der "britische Mondeo" war für weniger als 30.000 Euro zu haben. Nun geht es in die andere Richtung: Bolloré will mit Preisen ab rund 120.000 Euro ins Luxussegment.

Dem Hersteller fehle eine kurz-, mittel- und langfristige Strategie, sagte jüngst Rolf Weinert, Vorstandsmitglied des Jaguar-Händlerverbands, zur Automobilwoche. Er vermisse eine Fünfjahresplanung.

Offiziell hat Jaguar seine Vertriebspartner noch nicht in die Pläne eingeweiht. Die Luxus-Pläne sind aber längst durchgesickert. Das hat neue Befürchtungen geweckt. Vor allem, weil viele Händler in den vergangenen Jahren Millionen in ihre Autohäuser gesteckt haben. Seit 2016 belaufen sich die Investitionen in Jaguar und Land Rover laut Händlerverband auf rund 180 Millionen Euro. Trotz der schwierigen Situation müssen Händler weiter investieren, schließlich haben sie Vereinbarungen unterschrieben.

Dabei beruhen diese auf Planungen, die man getrost als veraltet bezeichnen kann. Aus Händlerkreisen war zu hören, dass Jaguar auf dem deutschen Markt mit mindestens 10.000 Einheiten plant. Mit steigender Tendenz. Doch die Realität sieht anders aus. 3100 Jaguar kamen laut Kraftfahrt-Bundesamt in den ersten sieben Monaten neu auf die Straße. Tendenz sinkend.

Sollte Jaguar zur Luxusmarke werden, dürften die Absatzahlen noch deutlicher geringer ausfallen. Bentley kam von Januar bis Juli auf gerade mal 357 Stück. Doch die verteilen sich auf nur wenige Händler. Zwischen Hamburg und Singen zählt die britische Marke gerade mal zwölf Standorte. Dagegen hat Jaguar derzeit rund 70 Vertriebsstandorte. Wird Jaguar höher positioniert, müsste die Traditionsmarke ihr Netz erheblich ausdünnen und komplett neu aufstellen. Dabei haben die Händler einen Investitionsschutz. Entsprechend teuer wäre eine Netzkündigung für den Hersteller in den nächsten Jahren.

Doch Quantität ist nur eine Seite, Qualität eine andere. Die Unterschiede in der Kundenansprache zwischen Luxus und Premium sind immens: "Sowohl die Art und Weise der kundengerichteten Kommunikation als auch die Kommunikationswege unterscheiden sich", sagt Vertriebsexperte Stefan Reindl, Direktor des Instituts für Automobilwirtschaft in Geislingen.

Im Gegensatz zu Premiumanbietern sind Luxusmarken meist auch nicht auf den üblichen Werbeplattformen zu finden. Gekauft wird in der Regeln nicht im Netz, sondern beim Händler. "Sowohl die Vertriebsstufe der Herstellerebene als auch die ausgewählten Händler müssen sich anderer Kommunikationsformen im Hinblick auf eine persönliche Kundenansprache bedienen", sagt Reindl. Angefangen von der Akquisition über Beratung und Probefahrt bis hin zum Kaufabschluss sowie Übergabe und der anschließenden Betreuung. "Das ist wesentlich aufwendiger als bei Premiumautomobilen." Dabei ist die Marge natürlich größer.

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Aus dem Datencenter:

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