Die Customer Journey zählt

Der Autohandel war vor wenigen Jahrzehnten noch eine andere Welt. Die Schau­räume waren voll, gezahlt wurde in bar, und die Verbrauchswerte der Motoren waren Nebensache. "Vor 20 Jahren kamen die Kunden weniger umfassend informiert ins Autohaus. Auf ihrer Suche nach dem perfekten Automobil gingen sie durch mehrere Autohäuser, und sie informierten sich durch Fachzeitschriften vorab", erinnert sich André Schmidt, Chef von ­Toyota Deutschland.

Mit dem Fortschreiten der Digitalisierung sieht die Customer Journey nun fundamental anders aus. "Diese findet zu großen ­Teilen digital statt und ist oft viel schneller", sagt Stefan Quary, Leiter Verkauf Deutschland bei Audi. Das bedeutet: Informationen ­suchen sich die Kunden online, das Autohaus wird nur noch einmal aufgesucht. Und wer für eine Antwort-Mail zwei Tage braucht, kann sie sich gleich sparen.

Vor allem Corona war hier einBooster. "Zu Corona-Zeiten hatten wir 80 Prozent mehr ­Online-Interaktionen beim Ver­kaufs­prozess. Dieser Trend wird sich fortsetzen", sagt Achim ­Schaible, Vertriebsleiter von VW in Deutschland.

Zudem wollen längst nicht mehr alle Interessenten ihr Auto wirklich kaufen. "Die Kunden wünschen sich von den Herstellern und Importeuren flexiblere Geschäftsmodelle", sagt Holger Müller, Vertriebschef von Hyundai Deutschland. Fast alle Her­steller experimentieren darum mit Carsharing oder Auto-Abos.

Und selbst wenn ein Kunde das Auto erwirbt, ist es damit nicht getan. "Es reicht nicht mehr, 'nur' ein Auto zu verkaufen. Vielmehr haben wir heute einen 360-Grad-Ansatz, der auch Aspekte wie die Installation von Wallboxen, öffentliche Ladelösungen oder digitale Zusatzleistungen einschließt", sagt Amaury de Bourmont, Deutschland-Chef von Stellantis.

Um all diese neuen Anforderungen zu erfüllen, setzen viele Hersteller auf Agenturmodelle, allen voran Mercedes-Benz. Weitere folgen: Aktuell sprechen ­sowohl Stellantis als auch Audi, Skoda oder Volvo mit ihren Händlern über entsprechende Verträge.

Der Branchenwandel zeigt sich auch an den schrumpfenden Händlernetzen. Im Jahr 2000 gab es in Deutschland noch 23.650 Markenbetriebe. 20Jahre später sind es nur noch 14.600. "Wir beobachten seit Jahren einen branchenweiten Trend zur weiteren Handelskonsolidierung, und in den nächsten Jahren gibt es eine weitere Verschiebung hin zu Privatkundengeschäften. Ich würde nicht ausschließen wollen, dass uns dies auch noch einige Jahre begleiten wird", sagt der deutsche Mercedes-Vertriebschef Jörg Heinermann.

Und noch einen Wandel gibt es: Unter dem Eindruck der Lieferengpässe hat die Branche auf­gehört, nur auf Marktanteile zu schauen. "Dieses Umdenken hat in der Branche bereits auf breiter Front stattgefunden", sagt Müller. Eines ist bei all den Veränderungen aber gleich geblieben. Quary: "Egal ob an Online- oder Offline-Kontaktpunkten: Die Menschen spielen die Hauptrolle."

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