Linda Jackson leitet seit Januar Peugeot und damit die größte Marke der Stellantis-Gruppe. Zuvor stand sie sechs Jahre lang an der Spitze von Citroën. In dieser Zeit gelang es ihr, die Marke neu zu positionieren und die Verkäufe zu steigern.
Frau Jackson, in der neuen Stellantis-Gruppe gibt es 14 Marken. Wird da die Position von Peugeot nicht ein wenig diffus?
Wenn Sie 14 Marken haben, dann muss man jede Marke exakt positionieren. Und für uns ist es sehr einfach: Wir verändern die Positionierung von Peugeot in keinster Weise. Wie haben diese Position mittlerweile in zehn Jahren deutlich gemacht: Peugeot ist ein innovativer High-End-Generalist. Dabei orientieren wir uns am oberen Ende des Markts, sowohl im Bereich Technologie als auch bei Design und Qualität. Und ich denke, drei Car-of-the-Year-Auszeichnungen in diesem Jahrzehnt sprechen für sich. Innerhalb der Stellantis-Gruppe stehen wir gemeinsam mit Opel in der Upper Group, Fiat und Citroën bilden die Core Group, Jeep ist eine eigene Gruppe als globale SUV-Marke, und Alfa Romeo mit DS und Lancia bilden die Premium-Gruppe.
Wo sehen Sie die Abgrenzung zu DS und Alfa, wo unterscheidet sich Peugeot von Opel?
Auch das ist ziemlich einfach: Peugeot ist eine französische Marke, Opel ist eine deutsche Marke. Wir stehen für eine Höherpositionierung, die aber für eine breite Käuferschicht bezahlbar ist und bleibt. Premium kann da immer noch eine Schippe drauflegen.
Das ehemals gemeinsame Werk mit Toyota im tschechischen Kolin, wo der Toyota Aygo und der Peugeot 108 gebaut werden, gehört seit Jahresbeginn nur noch Toyota. Wird sich Peugeot nach dem Auslaufen des 108 aus dem A-Segment zurückziehen?
Darauf habe ich derzeit noch keine endgültige Antwort. Wir fragen uns, wie wir eine saubere, bezahlbare, wettbewerbsfähige und zugleich profitable Mobilität in Zukunft im urbanen A-Segment anbieten können. Wir haben viele Ideen, aber eine Entscheidung gibt es noch nicht.
Ist das Sub-A-Segment für Peugeot eine Option? Citroën hat dort ja jüngst den AMI präsentiert.
Auch hier gibt es noch keine abschließende Antwort. Das Segment ist in Europa ein ziemlich begrenzter Markt. Aber Peugeot denkt beim Thema urbane Mobilität nicht nur an Kleinstwagen. Unsere Fahrräder gehören seit mehr als 130 Jahren zur Marke. Und wir haben im Konzern unsere Mobilitätsmarke Free2Move mit ihren Dienstleistungen.
Ist der aktuelle 508 für Peugeot das ultimative Flaggschiff oder denken Sie an ein größeres Fahrzeug, das der Marke auch in China gut zu Gesicht stehen würde?
Sie fragen nach einem Fahrzeug im D/E-Segment. Natürlich könnte ich mir immer noch andere Autos vorstellen, ein Cabrio, ein richtig großes SUV oder was auch immer. Aber wir haben eine klare Plattformstrategie bei Stellantis. Der 508 ist eine großartige Limousine, und wir sind mit unserem aktuellen Portfolio sehr zufrieden. Es ist womöglich das beste, das die Marke jemals hatte.
Sie haben wegen des Chipmangels entschieden, den 308 mit einem analogen Cockpit auszuliefern statt des digitalen. Werden weitere Modelle ihre digitalen Komponenten einbüßen?
In dieser Krise geht es wie selten zuvor um das Thema Agilität. Wir versuchen, diesen Mangel so gut wie möglich zu managen. Die Maßnahme beim 308 ist ein kurzfristiges Mittel. Wir wollen unseren Kunden Lösungen bieten und wir arbeiten täglich daran, diese Krise zu überwinden. Unser Unternehmen hat seit 2014 gezeigt, dass man mit Agilität weiterkommt. Ich denke, die Chipkrise zeigt, wie agil ein Autobauer wirklich ist.
Wie beurteilen Sie die neuen Klimabeschlüsse der Europäischen Union? Rechnen Sie jetzt mit einer sehr scharfen Euro-7-Norm? Und werden Sie Ihre Elektrifizierungspläne nochmals beschleunigen?
Wir haben bereits eine klare Elektrifizierungsstrategie. Seit 2019 hat jedes neue Modell mindestens eine elektrische Version. Und ab 2025 wird jedes angebotene Modell eine elektrische Version haben. Wir überlassen aber auch in Zukunft unseren Kunden die Wahl über die Antriebstechnik – wir sprechen von der "Power of Choice". Peugeot ist ein globaler Autohersteller. Nicht alle Märkte gehen mit dem gleichen Tempo ins Elektrozeitalter, darauf nehmen wir Rücksicht.
Ist der nordamerikanische Markt noch eine Option für Peugeot oder wird in der neuen Stellantis-Gruppe nicht Jeep diese Aufgabe übernehmen?
In der Tat haben wir mit Jeep eine sehr starke Marke in Nordamerika. Deshalb haben wir entschieden, dass Peugeot nicht diesen Markt erschließt, was mit erheblichen Investitionen verbunden wäre. Nordamerika ist für uns also derzeit kein Thema mehr.
Sie werden Ihre Kräfte für eine Internationalisierung also auf andere Märkte konzentrieren?
Ja, absolut. Peugeot ist auch ohne Nordamerika eine globale Marke. Und es gibt drei andere Regionen, in denen wir große Wachstumschancen sehen und in denen wir schon lange präsent sind. Das sind Südamerika, der Nahe Osten und China. Dafür brauchen wir marktspezifische Produkte. Für Südamerika und den Nahen Osten haben wir beispielsweise den Pickup Landtrek entwickelt, für China haben wir gerade in Schanghai den neuen 4008 und den 5008 als Plug-in-Hybrid vorgestellt.
In China war Peugeot bislang nicht besonders erfolgreich. Wird das nicht sehr schwierig?
Es stimmt, wir waren nicht sehr erfolgreich und haben Marktanteile verloren. Die Modelle waren nicht besonders gut angepasst. Das Netzwerk war auch nicht optimal aufgestellt. Der Dialog mit den Kunden war nicht ideal – diese Lektionen haben wir gelernt. Das sind natürlich Prozesse, die nicht über Nacht gefixt sind. Aber wir sind überzeugt, dass wir in China wieder sehr viel stärker werden können.
Sie wollen auch in Deutschland wachsen. Was sind Ihre Ziele?
(Lacht) Ich werde Ihnen nicht sagen, welchen Marktanteil wir in Deutschland anstreben, aber natürlich wollen wir wachsen.
Ende des Jahres kommt ein Peugeot-Lieferwagen mit Brennstoffzellentechnik auf den Markt. Wird diese Technik auch im Pkw-Bereich zu sehen sein?
Nun, es ist zunächst ein kleines Volumen, mit dem wir in den B2B-Markt gehen. Das ist für uns in erster Linie ein Test der Technologie und der Tankstellen-Infrastruktur. Wir wollen bereit sein, wenn sich der Markt ausweiten sollte. Es ist nicht ausgeschlossen, dass wir in Zukunft auch Brennstoffzellen-Pkw haben werden.
Mit welchem Absatz rechnen Sie im zweiten Corona-Jahr 2021?
Das erste Quartal lief besser als erwartet. Wir konnten in Europa um 17,7 Prozent zulegen auf konsolidierte 256.000 Einheiten. Dieses Momentum wollen wir halten. Es gibt jedoch so viele Ungewissheiten, dass ich dazu heute keine Prognose abgeben will – sie könnte morgen schon wieder überholt sein.
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