Vor den Werken sammeln sich mittlerweile Zehntausende unfertig abgestellte Fahrzeuge. Die Chipkrise trifft Ford mit voller Wucht und so stark wie keinen anderen Autobauer weltweit. 2021 konnte der US-Konzern rund 700.000 Fahrzeuge wegen fehlender Halbleiter nicht produzieren. In geschäftlicher Hinsicht hat Ford das Corona-Jahr 2021 gleichwohl gut überstanden. Mit einem Gewinn von 17,9 Milliarden Dollar erzielte der Konzern das beste Ergebnis seit 2016 – nach einem Verlust von 1,3 Milliarden Dollar im Vorjahr. Das verdankte Ford nicht zuletzt einem Einmalgewinn von 8,2 Milliarden Euro aus der Beteiligung am Autobauer Rivian. Cashcow war erneut das Pick-up-Geschäft in Nordamerika. An den Börse gehörte die Aktie zu den großen Gewinnern 2021. Grund sind die hohen Investitionen in die Elektromobilität und die damit verbundenen Wachstumsfantasien. Doch die drängenden Probleme an der Chipfront bleiben. Vielfach wird der Platz vor den Werken schon knapp. In der Not denken die Logistiker inzwischen daran, unfertige Autos an die Händler auszuliefern und sie dort später mit Chips nachzurüsten. Die Strategen haben bereits abgespeckte Versionen beliebter Modelle mit weniger Chips aufgelegt, etwa den "Ford Puma Design" und den "Ford EcoSport Design". Konzernchef Jim Farley ist klar, dass sich die Beschaffung grundlegend ändern muss. "Wir haben das komplizierteste System zur Markteinführung, das es auf dem Planeten Erde gibt", sagte er jüngst vor Investoren.
Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management sieht bei Ford mehrere Fehlentwicklungen vereint. Zum einen konzentriere Ford seine wenigen Chips wie auch andere Autobauer auf hochpreisige Autos mit hohen Margen. "Da in Europa vorwiegend kleinere Autos gebaut werden, hat man im Konzern wohl häufig das Nachsehen. Zusätzlich scheint die Lagerhaltung eher gering gewesen zu sein, und die Chiphersteller wurden – wie bei vielen anderen Herstellern – nicht als strategisch wichtig eingeordnet." Zudem behandelten Chiplieferanten Ford nicht vordringlich. "Und im Unterschied zu Tesla hat Ford wenig Software-Kompetenz und kann Chips nicht so leicht im eigenen Haus umprogrammieren."