Auf Neujahrsempfängen in der europäischen Hauptstadt tauscht man unangenehme Wahrheiten normalerweise allenfalls im Zwiegespräch aus. Auf dem Empfang des europäischen Herstellerverbands ACEA verstieß EU-Vizekommissar Maroš Šefcovic Anfang Februar gegen diese ungeschriebene Regel. Als der gebürtige Slowake seine Ansprache mit den Worten „2017 wird das Jahr des Transports“ beendete, hatten die anwesenden Manager der Autokonzerne verstanden: Das Ringen um die CO2-Grenzwerte für den Zeitraum bis 2030 hat begonnen.
Man wolle zwar der Industrie ausreichend Vorlauf gewähren, werde jedoch bis Ende des Jahres Vorschläge für neue Grenzwerte sowohl für Pkw als auch erstmals für Lkw erarbeiten. In Expertenkreisen wird für Pkw ein neues Limit von 75 Gramm CO2 pro Kilometer erwartet. Schon mit dem ab 2021 geltenden Flottengrenzwert von 95 Gramm pro Kilometer tun sich viele Hersteller schwer. Besonders hart trifft es Premiumhersteller wie BMW und Daimler. Zwar wird der Grenzwert für jeden Hersteller individuell berechnet, abhängig vom Gewicht der tatsächlich verkauften Fahrzeuge.
Einer Prognose des Beratungsunternehmens PA Consulting zufolge müssten die beiden süddeutschen Hersteller auf rund 100 Gramm pro Kilometer im Flottenmix kommen. Doch im Jahr 2015 lagen Stuttgarter wie Münchner noch rund 25 Prozent über dem Zielwert. Hinzu kommt: Die jährliche Rate, um die die CO2-Emission gesenkt wird, verkleinert sich deutlich. Laut Kraftfahrt-Bundesamt betrug der durchschnittliche CO2-Ausstoß aller deutschen Neuwagen im Dezember vergangenen Jahres 127,7 Gramm pro Kilometer. Das sind nur 0,2 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Auch wenn die europäischen Durchschnittswerte etwas niedriger liegen, sind die Ursachen für die Verlangsamung dieselben: Die Kunden greifen häufiger zum SUV und weniger oft zu Fahrzeugen mit Dieselmotor.