"Ferry lebt in jedem unserer Produkte weiter"

Die Dörfer rund um einen der renommiertesten Hightech-Standorte Deutschlands heißen Birkhof, Kapfenhardt und Lauschenhofen. In diese Idylle kam 1971 die Zukunft.

Seither beherbergt die 7500-Seelen-Gemeinde Weissach im Kreis Böblingen das Entwicklungszentrum, die Fertigung der Rennfahrzeuge und das Designzentrum von Porsche. Schon 1962 war hier die unternehmenseigene Test-

Das Designzentrum wurde 2011 neu gebaut und steht mit seiner Architektur für die firmeninterne Corporate Identity: klare Linien, keine Schnörkel, Bauhaus-Purismus. Der Ort sieht nicht nur klug aus, er ist es auch: Selbst die Glaswände bestehen aus „smart glass“, photochrome Gläser, wodurch die Wände je nach Bedarf mehr oder weniger transparent gemacht werden können.

In diesen Räumen werden die ersten Bleistiftstriche für ein neues Modell gezeichnet. Hier findet der Konzeptbau statt, können Proto-typen im Windkanal und auf Prüfständen gestresst werden. Und hier befindet sich auch das Herzstück des Porsche-Designs: das lang gestreckte Büro von Chefdesigner Michael Mauer.

Auf einem gut sechs Meter langen Sideboard hat Mauer zahllose Modelle der Porsche-Geschichte aufgereiht. Einen Ehrenplatz hat auf seinem Schreibtisch eine große Kiste mit Dutzenden lackierten Blechen erhalten. „Hier sind alle Farbvarianten versammelt, die wir jemals bei Serienmodellen verwendet haben“, stellt der Hausherr den Schatz vor. Allein die Farbe Blau ist gut und gerne in 15 Variationen enthalten. Porsche-Mitarbeiter berichten, dass diese Farbe die bevorzugte Couleur von Vorstandschef Oliver Blume sei, wenn er sich ein Fahrzeug aussuche.

Die ersten Porsche in den 1950er-Jahren waren fast ausnahmslos silberfarben. Warum eigentlich? „Bei hellen Farben werden grafische oder skulpturale Mängel ­besser sichtbar. Schwarz dagegen deckt zu“, erklärt Müller. Sollte ­Porsche nicht mehr Farbe wagen, das ewige Silber-Schwarz-Weiß-Grau einmal verlassen?

„Ja, zu einem Sportwagen passen auch plakati­vere Farben wie Blau, Rot oder Gelb, etwa beim 911er und beim Boxster“, sagt Mauer. Wäre nicht auch ein künstlerisch gestalteter 911er eine spannende Sache? „Von Künstlern gestaltete Fahrzeuge sehe ich eher bei Rennfahrzeugen“, meint der Designer dazu. „Individualisierung ist zwar ein Riesentrend. Aber wir sehen bei Porsche auch eine Verantwortung, nicht alles anzubieten, nur weil es möglich ist.“

Mauer trägt die Verantwortung dafür, dass das Porsche-Design einerseits unverwechselbar bleibt, andererseits aber soll es sich auch fortentwickeln. „Das ist immer ein Spagat. Wir stehen als Industriedesigner in einem wirtschaftlichen Prozess, unsere Produkte müssen in erster Linie dem Kunden gefallen und nicht uns selber.“

Leitstern ist und bleibt dabei für Mauer der älteste Sohn von Ferry Porsche und Gründer der Porsche Design GmbH, Ferdinand Ale­xander (F.A.) Porsche. „Er lebt als Kompass für unsere Arbeit in jedem unserer Produkte weiter.“ Dieser Kompass hilft Mauer auch dabei, eine Reihe von Maximen hochzuhalten, manchmal auch gegen Widerstände. „Wir lassen uns nicht verleiten, jedem modischen Trend hinterherzulaufen. Ein Porsche muss modern, aber auch reduziert und langlebig, in ­gewisser Weise zeitlos wirken.“

Auch Mauer kennt den klassischen Konflikt zwischen Design und Marketing. „Wir hören häufig, da geht doch noch was, das kann noch schärfer aussehen, da kann noch eine Linie mehr rein. Aber ich sage dann, dass weniger auch mehr sein kann. Es ist eben ein schmaler Grat, wenn ein Design umkippt und zu einem sinnfreien Gimmick wird.“ Mauer atmet tief durch. Das Thema scheint auch bei Porsche nicht ausgefochten zu sein.

Mauer denkt bei seiner Arbeit nicht in Quartalen, sondern in ­Dekaden: „Mein Wunsch ist es, dass unsere Autos auch noch in 20Jahren modern, ordentlich und sauber gearbeitet aussehen.“ Das bei Sportwagenfahrern nichtselten anzutreffende Posen passt zu dem passionierten Bergwanderer ganz und gar nicht. „Jedes designerische Element muss auch eine Funktion haben. Luft­leit­bleche zum Beispiel brauchen wir, um den Anpressdruck zu erhöhen – und nicht, um sportlicher aus­zusehen.“

Was tut Michael Mauer, um neue Trends aufzusaugen? Reist erzu Möbelausstellungen, Jacht­messen oder Designmuseen? ­„Designer sind immer im Aufnahmemodus. Aber am Wochenende freue ich mich auf die Berge. Ich brauche ein paar Stunden Einsamkeit, ein paar Stunden Stille, um ­alleEindrücke zu verarbeiten und aufzutanken.“

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