Es ist kaum zu glauben, was derzeit in der Autoindustrie abläuft. Zwar ist die Branche schon seit sechs Jahren in aufgeregter Unordnung, als nach der Aufdeckung des VW-Dieselskandals alles infrage gestellt wurde, was stets galt. Doch das Jahr 2021 übertrifft alles bislang Dagewesene. Es sind irrwitzige, teils völlig widersprüchliche Entwicklungen.
Wegen des Chipmangels werden 2021 einfach mal zehn Millionen Autos weltweit nicht gebaut. Kunden warten währenddessen teils zwei Jahre auf ihr neues Modell und kaufen es zu Kursen, die Mercedes und BMW selbst bestimmen können. Durch das knappe Angebot steigen die Preise, sodass Premiumhersteller trotz Krise hohe Gewinne einfahren. Diese Aufschläge überkompensieren die Produktionsengpässe locker.
Überall fehlen Autos. Škoda drosselt die Produktion bis Jahresende. Opel schließt das Werk Eisenach vorübergehend. Und in dieser Gemengelage nehmen manche Automobilbauer gern milliardenschwere Staatshilfen in Form von Kurzarbeit an. Die Kunden stürmen derweil den Markt für Gebrauchtwagen, der somit ebenfalls einen unvergleichbaren Boom erfährt. Die Restwerte werden bis Jahresende durch die Decke gegangen sein.
Derweil kämpfen die Autozulieferer ums Überleben. Sie sind in Not, weil ihre Auftraggeber kurzfristig die Produktion einstellen und sie mehr Stornierungen denn je haben. Die Verlässlichkeit ist verloren gegangen. Genauso kämpfen die Händler, die weniger anzubieten haben und absurderweise unfertige Autos von den Herstellern bekommen. Diese sollen sie dann in der Werkstatt zu Ende bauen, wenn das letzte Teil irgendwann eintrifft.
Der Markt 2021 steht Kopf: große Nachfrage, geringe Bestände, reißende Lieferketten, steigende Preise. Und eine Änderung der Lage ist für 2022 noch nicht in Sicht. Irre Zeiten.
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