München. Durchsucht wurden Standorte in Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Bayern. Konkret handelt es sich um je ein deutsches Tochterunternehmen des österreichisch- kanadischen Konzerns Magna International, der luxemburgischen IAC-Gruppe, des französischen Zulieferers Faurecia und der Schweizer Autoneum Holding sowie um das deutsche Unternehmen Borgers in Bocholt. Der sechste Verdächtige ist noch nicht bekannt. Die genannten Unternehmen haben alle ihre Kooperationsbereitschaft mit dem Bundeskartellamt unterstrichen. Automobilzulieferer stehen unter einem hohen Wettbewerbsdruck. Wertmäßig stammen rund zwei Drittel eines Autos von Lieferanten. Damit ist dieser Posten für die Autohersteller der größte Hebel für Einsparungen und Treiber der Rendite. Fast zeitgleich mit den Untersuchungen in Deutschland haben US-Behörden mehrere Kartelle von Autozulieferern zerschlagen und Strafen von insgesamt gut 740 Millionen Dollar verhängt. Auffällig ist dabei, dass in die Preisabsprachen für mehr als 30 Zubehörteile – darunter Sicherheitsgurte, Klimaanlagen, Fensterheber und Scheibenwischer – nur japanische Firmen verwickelt sind. Die höchste Strafe der neun Zulieferer zahlt Hitachi Automotive Systems mit 195 Millionen Dollar, es folgt Mitsubishi Electric Corporation (Melco) mit 190 Millionen Dollar. Im Juli hatte die EU vier Hersteller von Kabelbäumen mit 141,8 Millionen Euro Bußgeld belegt. Auch in diesem Fall waren hauptsächlich japanische Firmen beteiligt. Die höchste Strafe wurde mit knapp 125,4 Millionen Euro gegen Yazaki verhängt. Der Sumitomo- Konzern, der am stärksten in das Kartell verstrickt war, erhielt als Kronzeuge keine Geldbuße. Sumitomo war der EU zufolge an allen fünf aufgedeckten Zuwiderhandlungen beteiligt und hätte 291,6 Millionen Euro zahlen müssen. Auch das deutsche Unternehmen Leoni wurde mit einer Strafzahlung belegt. Diese fiel mit 1,4 Millionen Euro allerdings vergleichsweise gering aus. Die US-Kartellbehörde hat derzeit ein Auge auf die Autobranche. Sie hatte zuletzt 20 Zulieferer zur Rechenschaft gezogen und dabei Geldstrafen von 1,6 Milliarden Dollar verhängt. Die Kartellfälle erinnern an die Doping-Problematik im Sport und werfen die Frage auf: Zeigen die erfolgreichen Verfahren, dass das Kontrollsystem funktioniert – oder sind sie ein Indiz dafür, dass der Kartell-Sumpf in Wirklichkeit viel tiefer ist als vermutet?
Kartelle haben Konjunktur
Preisabsprachen unter Zulieferern scheinen weiter verbreitet zu sein als bisher angenommen. Diesen Verdacht legt die Häufung von Kartellfällen nahe, die es in den vergangenen Monaten gab. Vor Kurzem hat das Bundeskartellamt sechs Spezialisten für akustisch wirksame Bauteile im Kofferraum durchsucht. Es bestehe der Verdacht, dass es auf diesem Markt seit spätestens dem Jahr 2002 zu Preis- und Kundenabsprachen gekommen sein könnte, teilte die Behörde mit und betonte, dass noch keinesfalls sicher sei, dass die Unternehmen tatsächlich einen Kartellverstoß begangen hätten.