München. Experten halten den Börsengang vor allem für ein taktisches Manöver: Dadurch soll der Marktwert von Chrysler ermittelt werden. Fiat hält 58,5 Prozent an Chrysler und will die restlichen 41,5 Prozent vom Gesundheitsfonds VEBA der US-Automobilgewerkschaft UAW übernehmen. Der Fonds erhielt die Anteile im Zuge der staatlich unterstützten Chrysler-Insolvenz im Jahr 2009. Schon seit Längerem streiten Fiat und VEBA vor Gericht über den Wert dieser Anteile. Der Schweizer Investmentbank UBS zufolge wird der US-Hersteller aktuell mit 13,5 Milliarden Dollar bewertet, auf VEBA entfielen damit 5,6 Milliarden Dollar. Fiat- und Chrysler- Chef Sergio Marchionne will allerdings mindestens eine Milliarde Dollar weniger zahlen, als der Gesundheitsfonds verlangt. Den Verträgen zufolge könnte Fiat den VEBA-Anteil für sechs Milliarden Dollar bekommen. Die Ironie dabei: Durch den wirtschaftlichen Erfolg von Chrysler unter Marchionnes Führung ist der Firmenwert deutlich gestiegen.
Machtprobe mit dem Gesundheitsfonds
Im Streit um den Wert der noch nicht von Fiat gehaltenen Chrysler-Anteile ist der Mehrheitseigner vorgeprescht: Die Italiener haben bei der US-Wertpapieraufsicht SEC den Börsengang des US-Autoherstellers beantragt. Dieser könnte 2014 erfolgen, allerdings wurden bisher weder ein Preis für die Aktien noch ein genaues Datum genannt.
Fiat ist hoch verschuldet
Der italienische Autohersteller braucht dringend frisches Kapital. Durch die vollständige Übernahme von Chrysler und die anschließende Fusion hätte Fiat Zugriff auf die rund zwölf Milliarden Dollar Barreserven in Detroit. Im vergangenen Jahr hat Chrysler vor Steuern 2,6 Milliarden Euro Gewinn geschrieben, während Fiat einen Verlust von 621 Millionen Euro eingefahren hat. Allein im europäischen Volumensegment fiel ein Verlust von 738 Millionen Euro an. Fiat ist derzeit mit 6,7 Milliarden Euro verschuldet und hat kaum Chancen, sich zu günstigen Konditionen bei Banken zu refinanzieren.
