Stuttgart. Denn global ist Mercedes nur noch Nummer drei – hinter BMW und Audi. Doch in diesem Jahr haben die Stuttgarter alle Chancen, an Audi vorbeizuziehen. Hoffnungsträger ist die neue C-Klasse, die im Frühjahr auf den Markt kommt. „Das Jahr 2014 ist ganz klar das Jahr der C-Klasse. Sie ist für uns ein extrem wichtiges Auto – was die Stückzahlen und den Ertrag angeht“, so Ola Källenius, der seit Oktober den Vertrieb der Pkw-Sparte leitet und damit die Nachfolge von Mercedes-Urgestein Joachim Schmidt angetreten hat. Bei voller Produktion wollen die Stuttgarter im Jahr über 400.000 Einheiten der Baureihe verkaufen. Damit die Nachfrage brummt, wurde das Auto mit Oberklasse-Technologien so vollgepackt, dass intern schon die Frage aufgeworfen wurde, ob das nicht sogar des Guten zu viel war. Die Marke Mercedes hat das Premiumsegment jahrzehntelang dominiert, musste aber 2005 zunächst BMW vorbeiziehen lassen und wurde 2011 von Audi auf Rang drei verdrängt. Auch bei der Profitabilität sind die Schwaben im Vergleich zur bayerischen Konkurrenz weit abgeschlagen. Bis 2020 will Mercedes den Absatz auf mehr als 2,6 Millionen Einheiten ausbauen. Auf diesem Weg soll irgendwann auch die Zielrendite von zehn Prozent erreicht werden. BMW hat sich ein Volumen von zwei Millionen Fahrzeuge der Marken BMW und Mini im Jahr 2016 vorgenommen. Und Audi will vor 2020 zwei Millionen Einheiten schaffen. Die Umsatzrendite soll bei beiden Herstellern dauerhaft zwischen acht und zehn Prozent liegen. Um die Premiumkrone bis 2020 zurückerobern zu können, muss Mercedes in den nächsten Jahren deutlich stärker wachsen als BMW und Audi. In diesem Jahr könnte das gelingen, weil Mercedes insgesamt das jüngste Modellangebot hat und mit dem kompakten SUV GLA endlich ein Konkurrenzprodukt zum X1 von BMW auf den Markt bringt. Die Produktpipeline der Münchner und Ingolstädter ist zwar ebenfalls gut gefüllt – allerdings vor allem mit Nischenmodellen. „Mercedes kann Audi in diesem Jahr einholen. Das kann aber 2015 schon wieder drehen“, so Autoanalyst Marc-René Tonn von M. M. Warburg. Er prognostiziert einen Mercedes-Absatz von 1,619 Millionen im laufenden Jahr, während Audi seiner Schätzung nach auf 1,606 Millionen Fahrzeuge kommt. Eine Schlüsselrolle spielt dabei der chinesische Markt. Dort liegt Audi mit weitem Abstand vor Mercedes. „Wenn die chinesische Nachfrage stark anzieht, profitiert vor allem Audi durch den hohen Marktanteil“, so Tonn. „Die weltweite Mercedes-Strategie hängt davon ab, dass wir in China Erfolg haben“, sagt Hubertus Troska, der vor gut einem Jahr in den Daimler-Vorstand berufen wurde und das neu geschaffene China-Ressort übernahm. Trotz der hohen internen und externen Erwartungshaltung will sich der 53-jährige Manager nicht unter Druck setzen lassen. In seinem ersten Jahr hat er vor allem die Vertriebsorganisation neu ausgerichtet und mehrere China-Experten von Wettbewerbern abgeworben. Die zuvor getrennten Vertriebsgesellschaften – eine für die lokal produzierten Fahrzeuge im Joint Venture mit dem chinesischen Autohersteller BAIC und eine für importierte Fahrzeuge – wurden zusammengelegt. Sie hatten sich jahrelang gegenseitig Konkurrenz gemacht und damit vor allem bei der E-Klasse eine Rabattflut ausgelöst, die Troska nun wieder zurückdrängen will: „Es geht jetzt nicht um Volumen um jeden Preis. Wir müssen die Autos höher positionieren. Das Volumen wird dann folgen.“ Die Rückkehr zu Mercedes-üblichen Preisen, die weltweit über denen der Konkurrenten liegen, hat auch bei der neuen C-Klasse Priorität. Die Aufholjagd in China wird erst 2015 beginnen, wenn der GLA lokal produziert wird. Das ist laut Troska im Kompaktsegment eine wichtige Voraussetzung, um wettbewerbsfähig zu sein. „Das echte Volumen kommt 2015“, so der Manager, der dann 300.000 Einheiten absetzen will, davon 200.000 aus lokaler Fertigung. Genau umgekehrt stehen die Vorzeichen in den USA. Dort ist Mercedes mit über 312.500 verkauften Fahrzeugen zum ersten Mal seit 1999 wieder knapper Marktführer vor BMW und weit vor Audi mit lediglich etwas mehr als 158.000 Verkäufen. Steve Cannon, US-Vertriebschef und Ex-Offizier, lässt keinen Zweifel daran, dass er diese Position nicht nur verteidigen, sondern die Führung ausbauen will. Auch hier spielt die C-Klasse, die nun erstmals im US-Werk Tuscaloosa gefertigt wird, eine wichtige Rolle. Sie kommt jährlich auf 75.000 Einheiten. Riesiges Wachstumspotenzial bietet vor allem das viertürige Coupé CLA, mit dem Mercedes im Herbst in den USA erstmals das Kompaktsegment betreten hat. Zu Anfang plant Cannon mit einem jährlichen Volumen von 30.000 Einheiten für das Modell, das bei knapp 31.000 Dollar startet. Langfristig soll der Absatz auf C-Klasse-Niveau steigen. „Wir bieten den CLA nicht zu diesem Preis an, um nur ein Nischenvolumen zu erreichen“, so Cannon. Klar ist: Der Kampf um die Spitze im weltweiten Premiumsegment wird auf zwei Märkten entschieden: USA und China. „Entscheidend wird sein, ob und wie schnell Audi in den USA und Mercedes in China aufholen kann“, sagt Analyst Tonn. Am Ende dürfte es ein denkbar knappes Kopf-an-Kopf-Rennen werden – wie 2013 zwischen BMW und Mercedes in den USA.
Mercedes fährt im Angriffsmodus
Der erste Markt ist zurückerobert: In den USA hat Mercedes 2013 BMW von der Spitze des Premiumsegments verdrängt. Damit haben die Schwaben einen symbolträchtigen Sieg errungen und sind dem Ziel, bis 2020 größter und profitabelster Premiumhersteller weltweit zu werden, einen Schritt näher gekommen.