Es ist schon kurios: Das, worum Tesla weltweit am meisten beneidet wird, ist in den Autos der Amerikaner am wenigsten zu sehen. Es ist die Software, die unsichtbare Elektronik-Architektur, die tief im Inneren der Tesla-Modelle sitzt und auf die alle von Detroit bis Zuffenhausen schon seit Langem neidisch sind.
Der zentrale Unterschied zum konventionellen Ansatz europäischer Hersteller bei der Entwicklung eines neuen Autos: Tesla erfand erst die passende Software und baute dann ein Fahrzeug drum herum. Volkswagen & Co. bauten erst Autos und steckten dann ihre Programme hinein.
Jan Dannenberg, Gründungspartner bei Berylls Strategy Advisors, sagt: "Heute ist die Mehrzahl der Fahrzeuge so aufgebaut, dass es eine Vielzahl dezentraler Klein-Computer sowie ein paar größere Rechner gibt, die über unterschiedliche Kommunikationssysteme wie CAN, FlexRay, LIN oder andere Bussysteme miteinander verbunden sind. Das ist eine Architektur, die über Jahrzehnte gewachsen ist. Tesla verfolgt eine andere Philosophie: Das Unternehmen arbeitet mit wenigen zentralen Domainrechnern."
So lässt sich ein Tesla jederzeit durch ein Update dieser zentralen Rechner aktualisieren, Funktionen können verändert oder sogar ganz neu hinzugefügt werden. Auch die Integration der eigenen Apps von Tesla ist deutlich einfacher und bietet mehr Möglichkeiten.
Das macht Tesla-Besitzer allerdings auch ganz bewusst zu Testfahrern. Neue Funktionen können ausgerollt, getestet und bei Bedarf angepasst werden. Teslas 2019 entwickeltes Fahrerassistenzsystem "Autopilot" sorgte dabei zuletzt füreinige Unfälle. In Deutschland mit dem Anspruch der Hersteller undenkbar – Autos verlassen erst das Werk, wenn sie fertig entwickelt und eindeutig sicher sind.
Bei Tesla ist man da mutiger. Fahrzeughalter sollen demnächst in der Lage sein, Botschaften in ihr Smartphone zu sprechen, die dann auf Wunsch über die Außenmikrofone des Fahrzeugs abgespielt werden. Eine unnötige Spielerei, natürlich. Doch sie zeigt, wie stabil die Einheit zwischen Software und Fahrzeug bei Tesla konzipiert ist. Dem Auto über die Tesla-App die Türen zu öffnen oder es sogar wie einen Hund zu sich zu rufen und dann langsam auf sich zufahren zu lassen ist bereits heute möglich. Tesla-Chef Elon Musk formuliert das Konzept gewohnt selbstbewusst: "Wir sind ein Technologieunternehmen, das nebenbei noch die besten Autos baut."