Volvo-Deutschland-Chef will Handelspartner beruhigen

Der Ausstieg von Volvo Cars aus der Verbrennungsmotoren-Technik im Jahr 2030 und der Schwenk zum reinen Online-Geschäft mit E-Autos haben die Partner in Europa verunsichert. Wie sicher sind die hohen Investitionen der vergangenen Jahre in die schwedische Premiummarke? Und welche Rolle werden die Autohäuser künftig noch spielen? Volvo-Car-Deutschland-Chef Thomas Bauch versucht, die Händler zu beruhigen.

"Wir wollen, dass unsere Partner den Kunden auch in Zukunft eng begleiten", sagte Bauch im Gespräch mit der Automobilwoche. "Die Händler werden immer Bestandteil des Vertriebs von Volvo Cars bleiben, und ihre Vergütung durch Volvo Cars wird auskömmlich sein", verspricht er.

Fest steht aber auch: Die Rolle der Partner wird schrumpfen. Volvo-Chef Hĺkan Samuelsson hatte angekündigt, dass alle reinen Elektromodelle der Marke nur noch online erhältlich und bestellbar sein werden – und zwar direkt beim Hersteller. Diese drastische Wende vollzieht Volvo nicht erst 2030, sondern noch in diesem Jahr mit dem beginnenden Verkauf des rein elektrischen XC40 Recharge des Modelljahrs 2022.

"Die Partner werden künftig entlohnt für ihre Verkaufsbemühungen", beschreibt Bauch das neue Ertragssystem. "Das umfasst die Bereitstellung des Showrooms, die Beratung, die Durchführung von Probefahrten und das Durchsprechen der Konfiguration mit dem Kunden." Dies sei eine "aktivitätenvergütende" Marge, was letztlich einer Vermittlungsprovision gleichkomme.

Ein zentraler Punkt in der bisherigen Kalkulation der Händler fällt weg: Vertragspartner des Endkunden ist nicht mehr der Handelspartner, sondern der Hersteller. Und der gewährt keinerlei Rabatte mehr. "Die Preisverhandlung entfällt", sagt Deutschland-Chef Bauch. Natürlich werde es noch – je nach Umsatzsteuer und anderen länderspezifischen Bedingungen – national unterschiedliche Preise geben. Doch in einem Land gibt es künftig für dasselbe Produkt nur noch einen Preis.

Volvo wolle weiter wachsen und plane keineswegs, das Netz im Zuge der neuen Vertriebsstruktur zu verkleinern, sagt Bauch. "Wir wollen das Netz nicht schrumpfen lassen, aber auch nicht weiter ausbauen."

Wie kann sich in dieser neuen Vertriebswelt ein Volvo-Partner noch differenzieren im Wettbewerb mit anderen selbstständigen Händlern? "Ein zentraler Punkt ist der Zugang zum Markt", sagt Bauch. Mit anderen Worten: Wer seine Kunden gut kennt, wird dies auch in Zukunft zu seinem Vorteil zu nutzen wissen. "Bei Volvo zählen für den Kunden schon immer mehr der Service und die Servicebereitschaft als der Preis", sagt Deutschland-Chef Bauch.

Ein wesentlicher Anreiz für den Kauf eines neuen Volvo sei künftig auch die Einfachheit des gesamten Prozesses. "Wir sehen unser Abo-Modell Care by Volvo als Türöffner gerade auch für markenfremde Kunden." Dazu will Volvo künftig weit stärker als bislang vorkonfigurierte Modelle anbieten, die mit drei Klicks bestellbar sind. "Natürlich wird man auch diese Modelle noch individuell konfigurieren können", beruhigt Bauch.

Widerstand bei den Händlern gegen diese Umwälzungen erwartet er nicht. "Die meisten Händler sehen die Vorteile. Das gebundene Kapital wird spürbar weniger sein, die Verkaufsbemühungen werden kalkulierbar vergütet."

Lesen Sie auch:

Klartext: Vision Volvo

Elektrische Volvos nur noch online und zu festen Preisen

Geely und Volvo vertiefen Kooperation

Der C40 ist der erste Volvo einer neuen Art

Aus dem Datencenter:

Top-20 der verkauften E-Modelle in Europa im Jahr 2020