Stuttgart. Um die hohen Renditeansprüche des Daimler-Konzerns zu erfüllen, baut Transporter- Chef Volker Mornhinweg das internationale Geschäft mit Hochdruck aus. Gleichzeitig geht er mit dem aggressiv gepreisten Stadtlieferwagen Citan im europäischen Markt in den Verdrängungswettbewerb. "Obwohl Europa für uns der Kernmarkt bleibt, ist es sehr wichtig, dass wir unsere Aktivitäten in den USA hochfahren und uns die Potenziale von Wachstumsregionen wie Russland, Lateinamerika, China und Indien erschließen“, sagte der 52-jährige Manager im Gespräch mit der Automobilwoche. Seiner Ansicht nach sind Größenvorteile im Transporter-Geschäft wichtiger denn je: "Wir müssen hohe Investitionen zur Senkung der CO2- Emissionen und in die Fahrzeugsicherheit tätigen – und das bei deutlich niedrigeren Stückzahlen als im Pkw-Geschäft.“
Die Transporter-Sparte des Stuttgarter Autoherstellers hat sich anspruchsvolle Ziele gesetzt. Bis 2015 soll der Absatz von knapp 264.200 Fahrzeugen im vergangenen Jahr auf mehr als 400.000 Einheiten wachsen. Im Vorkrisenjahr 2007 hat Mercedes-Benz Vans fast 290.000 Transporter verkauft. Bis 2020 rechnen die Stuttgarter mit einem globalen Marktwachstum von über vier Prozent jährlich, in Westeuropa dürften es allerdings nur zwei Prozent sein. Darüber hinaus will Mornhinweg ab 2013 eine Marge von neun Prozent erreichen und diese im Durchschnitt über die Konjunkturzyklen auf Dauer halten. Eine wichtige Rolle spielt dabei der renditestarke große Transporter Sprinter. Die aktuelle europäische Variante wird seit 2011 in Argentinien produziert und in Lateinamerika mit großem Erfolg angeboten. Auch in den USA hat Daimler die Sprinter- Fertigung bereits erhöht und in China im vergangenen Jahr erstmals die lokale Produktion gestartet.In Russland soll die Vorgängerversion ab dem kommenden Jahr gemeinsam mit GAZ gebaut und zu niedrigen Preisen auf den Markt gebracht werden. Das obere Segment wird zusätzlich mit Importfahrzeugen der neuen Generation bedient. Im europäischen Heimatmarkt hingegen will die Sparte vor allem mit dem Citan wachsen. Nach dem Aus des wenig erfolgreichen Vaneo im Jahr 2005 kehrt Daimler nun wieder in das Segment der Stadtlieferwagen zurück. "Wir können nun vom Sprinter über die mittleren Vito und Viano bis zum Citan alle Fahrzeuggrößen anbieten. Das wird dem Transporter-Geschäft insgesamt einen Schub verleihen“, so Mornhinweg.Weltweite Jagd nach Größenvorteilen
Mit einem Einstiegspreis von 14.660 Euro ohne Mehrwertsteuer ist das Fahrzeug bewusst unterhalb des großen Konkurrenten und Platzhirsches VW Caddy gepreist. Im stark wachsenden Segment der Cityvans, das derzeit in Europa ein Volumen von rund 700.000 Einheiten besitzt, will Daimler einen Anteil von vier bis fünf Prozent erobern. Das wären 28.000 bis 35.000 Fahrzeuge pro Jahr. Dass in diesem hart umkämpften Markt die Margen deutlich unter denen des Sprinter liegen, räumt auch Mornhinweg ein: "Der Citan wird aber seinen Beitrag zum Renditeziel leisten. Dabei hilft uns die Kooperation mit Renault.“ Der Stadtlieferwagen basiert auf dem Renault Kangoo und ist das erste gemeinsame Projekt in der weitreichenden Partnerschaft der Stuttgarter mit den Franzosen und deren Allianzpartner Nissan.
Der Citan läuft im Renault-Werk Maubeuge vom gleichen Band wie sein Schwestermodell, auch die Grundmotoren stammen vom Kooperationspartner. "Unsere Kunden vertrauen darauf, dass wir unsere markenspezifischen Eigenschaften herausarbeiten, gerade wenn wir ein Auto mit einem Partner zusammen entwickeln und produzieren. Dazu gehören Qualität und Sicherheit ebenso wie besondere Fahreigenschaften“, so der Manager. Entsprechend verfügt der Citan über eine Vielzahl von eigenen Komponenten und Modulen.Im Renault-Werk hat Daimler bewährte Produktionsprozesse etabliert und zum Fertigungsstart eigene Qualitätsexperten vor Ort entsandt. Die Grundmotoren von Renault wurden aufgerüstet und auf Sparsamkeit getrimmt. Zudem haben die Daimler-Ingenieure den Luftwiderstand im Windkanal optimiert. "Der Normverbrauch beginnt bei sagenhaften 4,3 Litern Diesel – das entspricht einem CO2-Ausstoß von 112 Gramm pro Kilometer“, unterstreicht Mornhinweg. Um diese Werte zu erreichen, muss der Kunde allerdings das aufpreispflichtige BlueEfficiency-Paket bestellen. Es enthält unter anderem eine Start-Stopp-Funktion, Leichtlaufreifen und ein Generatormanagement zur Rückgewinnung von Bremsenergie. Mit seinen vergleichsweise niedrigen Verbrauchswerten ist der Citan damit auch ein wichtiger Baustein in der CO2-Strategie der Sparte. Der Cityvan wird in den EU- 27-Ländern und darüber hinaus in der Schweiz, Norwegen, der Türkei, Südafrika und Australien angeboten. "Mittelfristig kann ich mir vorstellen, dass auch Russland und Lateinamerika dazukommen“, so Mornhinweg. Für ihn ist klar: Aufgrund weiter steigender Investitionen werden Kooperationen immer wichtiger. "Ich glaube, dass wir uns bei der Partnersuche keine Denkverbote auferlegen sollten.“