Für die Reifenmarke Vredestein sind die Perspektiven im deutschen Reifenersatzgeschäft positiv. Denn als einziges Segment im Pkw- und Offroad-Bereich verbuchten die Ganzjahresreifen 2020 ein Plus – und zwar zum wiederholten Mal. Gut für den Allwetter-Spezialisten Vredestein.
Herr Morbitzer, laut BRV legte der Absatz von Ganzjahresreifen im Pkw- und Offroad-Bereich 2020 um 7,3 Prozent auf knapp zehn Millionen zu. Wie wichtig ist dieses Segment für Vredestein?
Wir sind ein Vorreiter bei Ganzjahresreifen und forcieren dieses Reifensegment wegen seiner Vorteile weiter. Mehr als jeder zweite von Vredestein in Deutschland verkaufte Reifen ist ein Ganzjahresreifen, der das Three-Mountains-Snowflake-Symbol an der Flanke trägt. Vor einem Jahrzehnt hatte der Markt für Ganzjahresreifen in Deutschland ein Volumen von etwa einer Million Stück. Heute ist er zehnmal so groß.
Aktuell haben Ganzjahresreifen schon fast 25 Prozent Marktanteil. Gehen Sie davon aus, dass Sommer- und Winterreifen weiter verlieren werden?
Wir erwarten, dass dieser Trend sich fortsetzen wird und wir gut partizipieren können an diesem Verdrängungswettbewerb zwischen den verschiedenen Produktsegmenten. Spezielle Sommer- und Winterreifen haben zwar in manchen Fällen weiter ihre Berechtigung. Doch für viele Autofahrer, die nicht oft mit starkem Schnee und Eis konfrontiert sind, sind Ganzjahresreifen eine bequeme und sichere Lösung. Und wir sehen: Convenience steht im Vordergrund.
Gilt das für alle Reifengrößen?
Ja, wir haben vor drei Jahren den mutigen Schritt gewagt, mit dem Quatrac Pro einen speziellen Ganzjahresreifen von 17 bis 21 Zoll auf den Markt zu bringen. Und gerade bei diesen großen Dimensionen ist die Nachfrage überproportional steigend.
Wie stehen Sie insgesamt auf dem deutschen Markt da?
Marktanteile nennen wir nicht, aber wir gehören definitiv zu den Top-Ten-Herstellern. Im Allwetterbereich sind wir unter den Top drei. In speziellen Segmenten wie den großen Allwetterreifen ab 19 Zoll sind wir teilweise führend.
Welchen Umsatz erzielen Sie?
Im deutschen Reifenersatzgeschäft sind wir in den letzten Jahren stets im hohen einstelligen oder niedrigeren zweistelligen Prozentbereich gewachsen, haben vor Corona die 120 Millionen Euro überschritten und sind auch im Geschäftsjahr 2020/2021 von April bis März über dieser Marke geblieben.
Vor einigen Jahren hat Vredestein begonnen, das Erstausrüstergeschäft voranzutreiben. Mit welchem Erfolg?
Wir sind inzwischen schon bei VW, Audi, Ford und Mercedes im Erstausrüstergeschäft. Mit anderen namhaften Herstellern haben wir sehr gute Gespräche. Das ist für Vredestein nicht nur eine Frage des Umsatzes. Es schafft für uns natürlich einen guten Eintritt in die Autohäuser. Mit der Erstausrüstung steigern wir unsere Markenbekanntheit, wenn etwa der VW Golf VIII mit Vredestein- Reifen ausgeliefert wird.
Wie wirkt sich der starke Trend hin zur Elektromobilität auf Ihr Geschäft aus?
Zum einen müssen wir der Akustik mehr Beachtung schenken. In einem Auto ohne Verbrennungsmotorgeräusche nehmen Insassen die Abrollgeräusche stärker wahr. Und wegen des höheren Gewichts der Elektrofahrzeuge arbeiten wir daran, mit veränderten Materialmischungen den Abrieb zu verringern, ohne dabei die Sicherheit zu verschlechtern.
Betreffen auch Veränderungen im Mobilitätsverhalten die künftige Strategie von Vredestein?
Die größte Unsicherheit liegt bei den Mobilitätsmodellen. Sollte sich etwa durch Abo- Modelle, Carsharing oder Ride-Hailing eine Verschiebung Richtung Flottenbetreiber ergeben, müssen wir unsere Strategie anpassen, weil dann die Kaufentscheidungen seltener von Einzelkunden getroffen werden. Wohin der Weg geht, muss sich noch zeigen.
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