Gummersbach. Ferchau Engineering gilt mit rund 3600 Mitarbeitern sowie mehr als 40 Niederlassungen und 49 technischen Büros als Marktführer auf dem Gebiet Ingenieurdienstleistungen. Heinz Ferchau gründete in den Wirtschaftswunderjahren das erste deutsche Unternehmen in diesem Bereich. Mit dem geschäftsführenden Gesellschafter Frank Ferchau sprach Automobilwoche über die Trends bei der Qualifizierung, gestiegene Anforderungen an die Mitarbeiter und die Motoren für Innovationen.
Herr Ferchau, wie haben sich die Anforderungen an Ingenieure in den letzten Jahren verändert?
Aus der langjährigen Zusammenarbeit mit OEMs und Suppliern wissen wir, dass die Anforderungen erheblich gestiegen sind, und für externe Engineering-Partner wie Ferchau gilt dies ganz besonders. Die Komplexität der Aufgaben hat spürbar zugenommen. Es gibt einen starken Trend hin zum interdisziplinären Arbeiten. Heute müssen Ingenieure, vor allem in der exportorientierten Automotive-Branche, stark sein in kommunikativer Hinsicht und fähig zu arbeitsteiligem Denken. Und natürlich ist Mehrsprachigkeit ein Muss. Übrigens gilt dies nicht nur für die OEMs, sondern inzwischen ebenso stark für die Supplier, die im Zuge der Internationalisierung immer mehr Wertschöpfung im Produktionsprozess auf sich ziehen.
Welche fachlichen Eigenschaften müssen die Hochqualifizierten heute mitbringen?
Wir erwarten, dass ein Diplom-Ingenieur eine fundierte Ausbildung in den Kernbereichen mitbringt. Die neuesten Tools sollten geläufig sein. Aber viel wichtiger ist noch, was er daraus macht: Er muss nicht nur können, sondern auch wollen und tun. Ohne diese Motivation und Identifikation mit dem Unternehmen ist das ganze Know-how nichts wert. Ich bin fest überzeugt, dass dieser innere Antrieb letztlich über den Unternehmenserfolg entscheidet.
Was sollte ein Ingenieur tun, um sein Wissen aktuell zu halten?
Weiterbildung ist ein absolut zentraler Aspekt. Denn wir stehen in einem internationalen Wettbewerb um das Wissen. Und die Schraube des technologischen Wissens dreht sich immer schneller. Die Schwierigkeit besteht darin, dass man dieses Wissen neben seinem beruflichen Alltag verarbeiten muss. Der Spracherwerb oder Themen in Verbindung mit einem beruflichen Aufstieg, beispielsweise Kenntnisse in der Personalführung, müssen nebenher erworben werden. Wichtig ist, dass die Mitarbeiter die Angebote der Unternehmen auch tatsächlich wahrnehmen - und mehr noch, sie sollten auch selber Weiterbildungsaktivitäten bei sich anstoßen und vorantreiben. Wir betreiben übrigens bei uns selber einen sehr ausgeklügelten Weiterbildungsapparat.
Ist Weiterbildung also der Schlüssel zur Innovationsfähigkeit der Unternehmen?
Weiterbildung ist dafür nur ein Aspekt. Dadurch gibt man den Mitarbeitern neue Werkzeuge an die Hand, sie müssen damit aber auch etwas anfangen können. Ich sehe als wichtigsten Faktor für Innovationen den intensiven Dialog mit dem Kunden. Wer sein Ohr wirklich nah am Kunden hat, der kennt die Bedürfnisse und kann nützliche Innovationen anstoßen. Für unser Geschäft bedeutet Innovation neue Dienstleistungen, steigende Qualität und höhere Geschwindigkeit.
Was muss denn geschehen, damit wieder mehr junge Leute Lust auf technische Berufe haben?
Wir versuchen schon seit Jahren, junge Menschen für Technik zu begeistern. Schon bei der Expo 2000 in Hannover hatten wir dazu einen Pavillon. Wir fördern technische Schüleraktivitäten, unterstützen den Wettbewerb "Jugend forscht", vergeben Förderpreise an Fachhochschulen und in diesem Jahr haben wir erstmals einen mit 30.000 Euro dotierten Innovationspreis ausgelobt. Unterstützt werden wir dabei von der VDI-Initiative "Sachen machen!", von der Fraunhofer Gesellschaft und der Deutschen Messe Hannover. Wir machen dies alles natürlich nicht aus altruistischen Motiven heraus, sondern weil wir uns im ureigensten Interesse darum kümmern müssen, die Faszination für technisches Wissen in Deutschland lebendig zu halten.
Was müsste die öffentliche Hand tun, um die Innovationsfähigkeit in Deutschland zu fördern?
Mein Appell an die Politik lautet, den technisch-naturwissenschaftlichen Fächern wieder ein stärkeres Gewicht im Bildungskanon zu geben. Die Bundesregierung ist mit der Exzellenz-Initiative auf dem richtigen Weg. Dabei geht es um die Förderung universitärer Spitzenforschung, die auch international ausstrahlen soll. Bei der Hochschulausbildung bin ich ein Anhänger der neuen Bachelor- und Masterstudiengänge. Wir brauchen Studiengänge, die international vergleichbar sind und modular aufgebaut sind. Ich begreife nicht, warum wir nicht zwischen den Bundesländern vergleichbare Vordiplome hinbekommen, was die von allen geforderte Mobilität bereits während des Studiums stark einschränkt.