Chinas Automarkt auch 2010 mit großem Potenzial

Schanghai. Dank massiver staatlicher Unterstützungsmaßnahmen hat der Automarkt in China 2009 erheblich zugelegt. Der Pkw-Absatz kletterte um 52,9 Prozent auf 10,3 Millionen Einheiten, der gesamte Fahrzeugabsatz um 46,2 Prozent auf 13,6 Millionen Fahrzeuge. Das war die höchste Steigerung der vergangenen 20 Jahre. Der chinesische Markt hat sich damit weltweit mit großem Abstand an die Spitze gesetzt. Vor allem in der zweiten Jahreshälfte wuchsen die Absätze rasant.

Auch 2010 für erwarten Analysten und Branchenexperten weiteres Wachstum. Optimistische Analysen sehen für das laufende Jahr einen Zuwachs von bis zu 17 Prozent auf 16 Millionen Einheiten. Die konservativste Einschätzung kommt vom Branchenverband China Association of Automobile Manufacturers CAAM, der einen Zuwachs von 10,0 Prozent erwartet.Hoffnungsträger ist vor allem der ländliche Raum, wo das Automobilwachstum bislang noch stark unterdurchschnittlich verlief. Die Unternehmen stellen sich darauf ein und erweitern ihre Kapazitäten.

Kein Marktbeobachter sah vor Jahresfrist voraus, mit welcher Dynamik der chinesische Automarkt 2009 expandieren würde. Zwar war das Bild zur Jahresmitte schon etwas rosiger, aber der Trend zum Jahresende wies auch für chinesische Verhältnisse extrem nach oben. Nach Angaben des Branchenverbandes CAAM erhöhten sich die Verkäufe alleine im Dezember 2009 im Vergleich zum Vorjahresmonat um 92 Prozent auf 1,41 Millionen Einheiten.

Die starke Ausweitung der chinesischen Automobilproduktion sorgt bislang allerdings kaum für einen höheren Auslandsbezug von Teilen und Komponenten. Nach vorläufigen Schätzungen erhöhten sich die Teileimporte 2009 im Vergleich zum Vorjahr nur um neun Prozent auf etwa 15,4 Milliarden Dollar. Deutsche Hersteller konnten von dieser leicht positiven Entwicklung nicht profitieren. Ihre Teile-Lieferungen dürften im Gesamtjahr 2009 im Vergleich zur Vorperiode um gut vier Prozent auf knapp 3,5 Milliarden Dollar zurückgegangen sein.

Die Kaufanreize der chinesischen Regierung führten dazu, dass insbesondere Kleinwagen mit einem Hubraum bis einschließlich 1,6 Liter gefragt waren. Ihr Absatz konnte sich im Vergleich zu 2008 mehr als verdoppeln.

Ein Trend, der sich seit längerem abzeichnet, ist die Verschiebung der Dynamik ins chinesische Hinterland. So erhöhten sich die Autoverkäufe in den ersten drei Quartalen 2009 in den First-Tier-Cities der Ostküste um 34 Prozent, in den Second-Tier um 40 und in den Third-Tier-Städten um 35 Prozent.

Die Umsätze der knapp 14.000 Branchenunternehmen (einschließlich Zulieferer) erhöhten sich in den ersten elf Monaten 2009 (letztverfügbare Werte) im Vergleich zur Vorperiode um 21 Prozent auf 2.805 Milliarden RMB (etwa 300 Milliarden Euro). Den Gewinn bezifferte die CAAM auf 199 Milliarden RMB. Dies entsprach einem Zuwachs von 52 Prozent und einer Umsatzrendite von 7,1 Prozent.

Abgesehen von wenigen Ausnahmen konnten sämtliche wichtigen Produzenten vom expansiven Markt profitieren. General Motors konnte mit einem Wachstum von über 60 Prozent gegenüber der führenden Volkswagen-Gruppe aufholen. Besonders aber die Koreaner fanden vermehrt Kunden (+105 Prozent).

Erstmals taucht in der Statistik der größten zehn Hersteller der rein chinesische Produzent BYD (Build Your Dreams) auf. Er konnte seinen Absatz 2009 um mehr als 150 Prozent auf knapp 450.000 Fahrzeuge steigern. BYD war erst 1995 als Batteriehersteller gegründet worden. Noch vor wenigen Jahren maß kaum ein Beobachter BYD als Kfz-Produzent Bedeutung bei. Seit dem Einstig des US-Milliardärs Warren Buffet 2008 und Verkäufen von gut 170.000 Stück (ebenfalls 2008) wird das Unternehmen jedoch zusehends beachtet. BYD stellt überwiegend Kleinwagen mit einem Hubraum von weniger als 1,6 Liter her. Die Fahrzeuge sind im preisgünstigen Bereich angesiedelt. Von den Subventionen beziehungsweise Verkaufserleichterungen, die die Regierung angestoßen hatte, konnte BYD überdurchschnittlich profitieren.

Erstaunlich sind auch die Pläne des Herstellers. 2010 ist ein Absatz von 800.000 Fahrzeugen vorgesehen (+80 Prozent). Damit läge BYD noch vor Shanghai VW. Der Expansion sollen jedoch keine Grenzen gesetzt werden. Bis 2025 will die Firma Toyota überholt haben und dann die erste Stelle einnehmen. Dies entspräche einer Wachstumsrate von 20 Prozent jährlich über die kommenden 15 Jahre - falls Toyota auf der Stelle treten sollte.

Im Gegensatz zum dynamischen Binnenmarkt schwächelt jedoch der Außenhandel mit Komplettfahrzeugen. Während die Pkw-Importe mit voraussichtlich 400.000 Fahrzeugen und einem Wert von 14,0 Milliarden US-Dollar gegenüber dem Vorjahr etwa stabil blieben, kamen 2009 vor allem die chinesischen Exporte unter die Räder. Ausgeführt wurden etwa 130.000 Pkw (-56 Prozent) im Wert von 1,4 Milliarden US-Dollar (-54 Prozent).

Um der wachsenden Binnennachfrage begegnen zu können, haben sämtliche wichtigen Hersteller angekündigt, ihre Kapazitäten ausweiten zu wollen. Alleine die bekanntgewordenen Projekte summieren sich auf eine Erweiterung der Jahreskapazitäten um mindestens zwei Millionen Einheiten. So will beispielsweise VW in den kommenden drei Jahren insgesamt vier Milliarden Euro in China investieren, und chinesische Pressemeldungen berichten davon, dass VW zusammen mit seinem Partner FAW plant, in Guangzhou erstmals die Marke Seat herstellen zu wollen. Die Rede ist von einer Kapazität von 200.000 Stück pro Jahr.

Insgesamt bilden sich in China zwei große Trends heraus, die sich in den kommenden Jahren verstetigen dürften. Dies ist einerseits die Verlagerung der Nachfrage vom Osten ins Hinterland, wobei dort vorerst eher Kleinwagen nachgefragt werden. Ferner gewinnt das Thema "Grüne Fahrzeuge" an Bedeutung. China sieht in der Entwicklung alternativer Antriebe die Zukunft des Automobils und richtet sich strategisch aus, um ganz an der Spitze der Entwicklung mitmischen zu können.

Gegen Jahresende veröffentlichte die Reformkommission (NDRC) einen Plan, laut dem China in den kommenden Jahren insgesamt rund 31 Milliarden Euro in die Entwicklung grüner Technik investieren will. Dabei sollen je 1die Hälfte in Hybrid- sowie in elektrobetriebene Fahrzeuge fließen.

Die Planungen sehen erhebliche Kaufanreize vor. Peking will den Absatz von Elektrofahrzeugen mit 60.000 RMB subventionieren, bei Hybridautos sind 50.000 angesetzt und bei Antrieben mit Brennstoffzellen 25.000 RMB.

Die NDRC geht davon aus, dass sich der Gesamtabsatz 2015 auf 15 Millionen Fahrzeuge belaufen wird. Davon sollen drei Millionen auf Hybridfahrzeuge und weitere 1,5 Millionen auf Elektroautos entfallen.

Pressemeldungen zufolge befassen sich mindestens 30 chinesische Autohersteller mit der Entwicklung von Alternativantrieben. Dabei dürften einige Batteriehersteller beziehungsweise Joint Venture mit ins Rennen gehen. Das Schwergewicht stellt der Produzent BYD (Shenzhen) dar, der schon heute weltweit größter Batteriehersteller ist. Vor kurzem hat BYD 5 Mrd. RMB in eine neue Fabrik zur Produktion von Batterien für Alternativantriebe in Huizhou (Provinz Guangdong) investiert.

Ein weiterer ernstzunehmender Player ist das zwischen der Shanghaier SAIC und der US-Firma A123 Systems gegründete Gemeinschaftsunternehmen Advanced Traction Battery Systems (ATBS). Im Zentrum des Joint Ventures stehen Entwicklung, Produktion und Vertrieb von kompletten batteriegetriebenen Antriebssystemen für Hybrid- und Elektro-Pkw sowie für Lkw und Busse. Zum Einsatz kommen sollen die Batterien erstmals in den SAIC-Hybridfahrzeugen Roewe 550 sowie Roewe 750 und ab 2012 auch in reinen Elektro-Kfz. Insgesamt will SAIC 12 Milliarden RMB in die Entwicklung alternativer Antriebe investieren.

Analysten bezweifeln allerdings, dass sich die Erfolge grüner Automobiltechnik in der VR China so schnell und so nachhaltig einstellen werden. So findet der Prius von Toyota zwar in Japan einen großen Markt. Dort wurden im Vorjahr knapp 210.000 Fahrzeuge dieser Marke abgesetzt. In China allerdings findet der Prius keine Käufer. Im Zeitraum Januar bis Oktober 2009 wurden nur 132 Fahrzeuge abgesetzt - 63,8 Prozent weniger als vor Jahresfrist. Ob der Markt 2010 das Elektrofahrzeug E6 von BYD akzeptiert, bleibt abzuwarten. Der E6 soll einen Radius von 300 km haben bei einer Höchstgeschwindigkeit von 160 km pro Stunde. Der Preis von 300.000 RMB entspricht allerdings knapp zehn Suzuki-Fahrzeugen der Marke Alto.

Wie gering das Land - trotz aller Erfolge - insgesamt motorisiert ist, zeigen die Bestandszahlen Ende 2009. Nach Angaben des Amtes für Öffentliche Sicherheit fuhren in China 76,19 Millionen Kraftfahrzeuge (Pkw, Nfz). Dies entspricht in etwa einem Bestand von 57 Fahrzeugen pro Tausend Einwohner. In Deutschland liegt die Pkw-Dichte bei rund 505 Fahrzeugen je Tausend Einwohner, inklusive Nutzfahrzeugen sogar bei 540 Fahrzeugen je Tausend Einwohner.

(Dieser Beitrag entstand mit Material von "Germany Trade & Invest", der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland für Außenwirtschaft und Standortmarketing. Die Gesellschaft entstand im Januar 2009 durch die Zusammenführung der Bundesagentur für Außenwirtschaft und der Invest in Germany GmbH).