So verkaufen sich US-Bestseller in Europa – und umgekehrt 

Schon lange stört sich Donald Trump daran, dass vor seinem Trump Tower in Manhattan zwar viele Mercedes fahren, zugleich jedoch vergleichsweise wenige Chevrolets durch München kurven. Das liegt aus seiner Sicht daran, dass die EU amerikanische Autohersteller ungerecht behandelt.

Während die EU für US-Autos bisher Zölle von zehn Prozent erhob, galten in umgekehrter Richtung nur 2,5 Prozent. "Sie machen es unmöglich, Autos in der Europäischen Union zu verkaufen", klagte Trump in einer Kabinettsitzung im Februar – und führte kurz darauf 25 Prozent Importzölle auf Autos ein, darunter aus der EU.

Tatsächlich sind viele US-Bestseller in Europa Ladenhüter, wie eine Auswertung des Marktdatenspezialisten Dataforce für die Automobilwoche zeigt. Die zehn meistverkauften Autos der USA erreichten 2024 zusammen rund 3,4 Millionen Fahrzeuge.

In Europa kamen dieselben Modelle lediglich auf 390.000 Einheiten. Fords F150 etwa, über Jahrzehnte das meistverkaufte Auto in den USA verbuchte in der gesamten Europäischen Union 2024 gerade einmal 1.271 Neuzulassungen – in den USA waren es knapp 461.000. Ähnlich sieht es bei Chevrolets Silverado aus: 344.000 Neuzulassungen in den USA stehen in Europa gerade einmal 974 gegenüber.

Das allerdings hat wenig mit Zöllen zu tun, sondern vielmehr damit, dass Autokäufer in den USA und Europa schlicht sehr unterschiedliche Vorlieben haben. "Die Mehrheit der US-Kunden bevorzugt große SUV und Pickups. Das ist in Europa weniger gefragt", sagt Harald Deubener, Senior Partner und Leiter der globalen Automotive-Abteilung bei McKinsey.

Das zeigt ein Blick auf die Fahrzeugsegmente. In Europa entfallen 74 Prozent der Autos auf die Segmente A bis C – das entspricht dem Spektrum von Fiat 500 bis VW Golf oder Toyota RAV4. In den USA dagegen kommt allein das D-Segment (z.B. Audi Q5) auf einen Marktanteil von 46 Prozent. Das C-Segment liegt bei 38 Prozent.

"In den USA gilt im Hinblick auf Autos oft: The bigger the better. Diese Mentalität gibt es in Europa in der Form nicht", sagt Julian Litzinger, Automotive Analyst bei Dataforce. Das hat ganz praktische Gründe – etwa die Energiekosten.

Ein Liter Benzin kostet in Deutschland aktuell rund 1,70 Euro. In den USA ist Benzin mit umgerechnet 0,80 Euro nicht einmal halb teuer. Die Folge: Einen Ford F150 mit einem Normverbrauch von 10,15 Liter 100 Kilometer zu fahren, kostet in den USA 8,12 Euro, in Deutschland dagegen 17,25 Euro.

Zudem ist die Infrastruktur in den USA auf große Autos ausgelegt, in Europa dagegen nicht. "Mit einem F150 kommt man in manche Parkhäuser oder die Gassen in italienischen Innenstädten gar nicht erst hinein", gibt Litzinger zu bedenken.

Pickups wie der F150 wurden auch gar nicht für italienische Innenstädte und europäische Kunden konzipiert, sondern für die Bedürfnisse von US-Kunden, wie Deubener betont.

Ohnehin passen die riesigen Spritschlucker kaum zu den strengen CO2-Flottenzielen der EU. Es wäre angesichts drohender Strafzahlungen schlicht kontraproduktiv, diese in großem Umfang zu importieren.

Es ist kein Zufall, dass Modelle wie Ford F150 oder Dodge Ram in Europa nur über Importeure zu haben sind, die aufgrund der geringen Stückzahlen von den CO2-Flottengrenzwerten nicht in gleichem Maße betroffen sind wie die großen Hersteller.

Kleinwagen wie die europäischen Bestseller Dacia Sandero, Renault Clio oder Peugeot 208 wiederum haben Hersteller in den USA nicht im Angebot. "US-Hersteller haben ihre Portfolios vor allem auf den sehr großen US-Heimatmarkt ausgerichtet.

Es gibt daher nur wenige Modelle, die auch für europäische Kunden attraktiv sind und für einen Export in Frage kämen", sagt Deubener. Mit zuletzt rund 16 Millionen Fahrzeugen ist der US-Automarkt auch groß genug, um sich allein auf diesen fokussieren zu können.

Doch es gibt auch Überschneidungen, vor allem im C-Segment, das sowohl in den USA als auch Europa Zuspruch findet. Teslas Model Y – Platz vier in den USA – schafft es mit 153.000 Neuzulassungen 2024 nur knapp nicht in die europäischen Top Ten.

Auch japanische Hersteller haben mit ihren Modellen durchaus Erfolg in den USA und Europa: Toyotas RAV4 etwa, mit zuletzt 475.000 Einheiten das meistverkaufte Auto in den USA, kommt in der EU auf immerhin 72.649 Neuzulassungen. Ähnlich die Lage beim Toyota Corolla.

Wollten US-Hersteller wie GM in Europa Erfolg haben müssten sie Autos speziell für den europäischen Markt entwickeln, sagt Deubener. Das sei aber aufwendig und angesichts des umkämpften europäischen Marktes riskant. Ford hat dies von Köln aus über Jahrzehnte getan – doch dort stehen die Zeichen aktuell eher auf Niedergang und Abschied.