Daimler verhinderte Porsche als Sponsor des VfB Stuttgart

Stuttgart. Im Konkurrenzkampf der Autohersteller wird der Fußball immer mehr zum Nebenkriegsschauplatz. Nun droht dem Daimler-Konzern ein großer Imageverlust in der Heimatregion, weil er angeblich den zum VW-Konzern gehörenden Sportwagenhersteller Porsche als Trikotsponsor des VfB Stuttgart ausgebremst und dessen ohnehin angespannte finanzielle Situation damit deutlich verschlechtert hat. Der örtlichen Bundesliga-Club fährt seit drei Jahren einen extremen Sparkurs und treibt in dieser Saison mit enttäuschenden Resultaten nicht nur die Fans auf die Barrikaden, sondern ruft auch in der lokalen Wirtschaft zunehmend Unmut hervor. Wie die "Stuttgarter Nachrichten" in der Ausgabe vom Mittwoch aufgedeckt haben, war Porsche 2010 bereit, für eine Zahlung von acht bis zehn Millionen Euro jährlich als Trikotsponsor beim VfB einzusteigen. Dieser Deal stieß bei Daimler dem Bericht zufolge auf keine Gegenliebe, so dass die Verhandlungen des damaligen VfB-Präsidenten Erwin Staudt vom Aufsichtsratsvorsitzenden Dieter Hundt und seinem Stellvertreter Joachim Schmidt unterbunden wurden. Schmidt ist bei Mercedes für den weltweiten Vertrieb verantwortlich.

Weil der Hauptsponsor Energie Baden-Württemberg abgesprungen war und in der Krise auch Daimler nicht einsteigen wollte, drohte der VfB ohne großen Geldgeber im Rücken dazustehen. Kurzfristig gewann der Club den Unternehmer Eduardo Sanz, der Molkerei-Produkte der Marke "Gazi" herstellt und vertreibt. Das Unternehmen engagierte sich mit fünf Millionen Euro jährlich, eine Million Euro sollte dazu kommen, wenn der VfB es auf die europäische Bühne schafft. Als "Gazi" im vergangenen Jahr seinen Rückzug erklärte, stieg die Mercedes-Bank ein - allerdings nur ebenfalls mit fünf bis sechs Millionen Euro jährlich. Den "Stuttgarter Nachrichten" zufolge musste sich der VfB also wieder unter Wert verkaufen, denn Porsche hätte bis zu zehn Millionen Euro bezahlt. Der Zeitung zufolge war Schmidt auf Nachfrage nicht zu einer Stellungnahme zu erreichen. Vor kurzem vereinbarte Mercedes zur Markteinführung des neuen kompakten Coupés CLA mit dem VfB eine Sonderausgabe des Trikots: Für sechs Spiele prangt der Schriftzug CLA auf der Brust der Spieler.

Pikant ist dies vor allem deshalb, weil Daimler nach Berechnungen der Zeitung bereits die Namensrechte am Stadion zu einem Schnäppchenpreis erworben hatte: Während die Allianz Arena in München acht Millionen Euro jährlich abwirft, Dortmund für den Signal-Iduna-Park vier Millionen kassiert und Hannover für die AWD-Arena jährlich zwei Millionen Euro erhält, spendierte Daimler "freiwillig" für den Ausbau des Stadions 20 Millionen Euro und erhielt im Gegenzug für 30 Jahre die Namensrechte, so dass der VfB seit einigen Jahren in der Mercedes-Benz Arena kickt. Der "Stuttgarter Zeitung" zufolge errechnet sich folglich die Jahresleistung von Daimler auf gerade einmal 700.000 Euro. Anekdote am Rande: Schon 1993 hatte Daimler rund fünf Millionen Euro für den Bau eines Stadiondachs gespendet und sich damals auf Lebenszeit die Namensrechte gesichert: Aus dem damaligen Neckarstadion war das Daimler-Stadion geworden.

Der Autohersteller pflegt traditionell ein kompliziertes Verhältnis zum örtlichen Fußball-Club - obwohl das Stadion und Vereinsgelände direkt vor den Toren des Hauptsitzes in Stuttgart Untertürkheim und gegenüber dem Mercedes-Museum liegt. Seit Mercedes den Slogan "Das Beste oder nichts" führt, scheut Daimler ohnehin ein direktes Engagement, da der Autohersteller fürchtet, ein schlechter Kick des nur mittelmäßigen VfB könnte negativ auf das eigene Image abstrahlen. Deshalb musste die konzerneigene Bank einsteigen und nicht die Marke Mercedes-Benz.

Auch beim VW-Werksclub VfL Wolfsburg brennt die Hütte: Das Landgericht Stuttgart hat eine Anklage gegen zwei VW-Manager und drei ehemalige Mitarbeiter der Telekom zugelassen. Den Angeklagten wird Bestechung und Bestechlichkeit vorgeworfen. Hintergrund ist die Verquickung eines Millionen-Vertrages zwischen Volkswagen, dessen Werksclub der VfL ist, und der Telekom-Tochter T-Systems. Laut Staatsanwaltschaft sollen die VW-Führungskräfte die Verlängerung eines Sponsoringvertrags gefordert haben, um ihrerseits einen hoch dotierten Vertrag mit T-Systems weiterzuführen.

Mercedes-Premiumkonkurrent und VW-Tochter Audi ist am FC Bayern beteiligt. Ford sponsort die Champions-League und Hyundai die Welt- beziehungsweise Europameisterschaften. Vor kurzem ist Fiat mit der Marke Alfa Romeo als Trikotsponsor von Eintracht Frankfurt aktiv geworden. Der italienische Konzern unterstützt außerdem traditionell den Heimatclub Juventus Turin. Derzeit trägt der Traditionsclub den Jeep-Schriftzug auf der Brust.

Die Trikotaffäre von Mercedes kam in einem hochbrisanten Umfeld ans Tageslicht: Der bei Fans, Mitarbeitern und Wirtschaftspartnern in Ungnade gefallene VfB-Präsident Gerd Mäuser erklärte kurz darauf seinen Rücktritt. Er war von Aufsichtsratschef Dieter Hundt durchgedrückt worden, nachdem das Verhältnis zu dem damaligen Präsidenten Erwin Staudt aufgrund der abgeblasenen Verhandlungen mit Porsche nicht mehr zu kitten war. Nach Informationen der "Stuttgarter Nachrichten" könnte nun Staudt vorübergehend zurückgeholt werden.