Morris Township. Der US-Chemiekonzern Honeywell will ab 2016 in die Massenfertigung des neuen Kältemittels 1234yf für Auto-Klimaanlagen einsteigen und erweitert die bestehende Produktionskapazität. "Die Nachfrage nach HFO-1234yf steigt global, um Treibhausgasemissionen zu senken sowie um die EU-Richtlinie zu mobilen Klimaanlagen bzw. die US-Flottenverbrauchsregelung CAFE umzusetzen", sagt Andreas Kramvis, President und Chief Executive Officer von Honeywell Performance Materials and Technologies in einer Pressemitteilung. Konkret investieren Honeywell und wichtige Zulieferer 300 Millionen US-Dollar in den Ausbau des bestehenden Werks in Geismar, Louisiana, das mit einer neuen Prozesstechnologie für die Massenfertigung fit gemacht wird.
Weil in Europa die öffentliche und politische Diskussion um eine mögliche erhöhte Brandgefahr des klimaschonenden Kältemittels 1234yf andauert, hält sich Honeywell mit dem Aufbau von weiteren Kapazitäten für den lokalen Bedarf noch zurück. "Wir erwägen zusätzlich den Bau eines Werkes in Europa. Das ist allerdings abhängig von der Nachfrage und den spezifischen Anforderungen dieses Marktes", so Kramvis.Die EU-Klimadirektive schreibt seit Jahresbeginn 2013 in den Klimaanlagen von neu entwickelten Fahrzeugen ein Kältemittel mit einem Global Warming Potential (GWP) von unter 150 vor. Das seit Jahrzehnten verwendete 134a mit einem GWP von 1300 ist damit faktisch verboten. Die weltweite Autoindustrie hat sich nach langem Ringen für die neue Fluorchemikalie 1234yf entschieden, die nur von den Chemieriesen DuPont und Honeywell angeboten wird. Daimler weigert sich allerdings, 1234yf einzusetzen, nachdem der Autobauer in eigenen Versuchen eine erhöhte Brandgefahr entdeckt hatte. Bei Bränden kann auch ätzende Flusssäure entstehen. Daimler will stattdessen bis 2016 eine Klimaanlage entwickeln, die das klimaneutrale CO2 als Kältemittel verwendet. Der Volkswagen-Konzern hat sich ebenfalls für diesen Weg ausgesprochen, und auch BMW sieht das als Option. Ab 2017 endet die Übergangsfrist für die Klimadirektive, dann müssen alle Neufahrzeuge den GWP-Wert erfüllen.Honeywell erweitert Produktionskapazität
Das Kraftfahrtbundesamt (KBA) hat aufgrund der Diskussion eigene Crashtests und Ausströmungsversuche zusammen mit dem TÜV Rheinland durchgeführt. Untersucht wurden neben der Mercedes B-Klasse, der Hyundai i30, der Opel Mokka sowie der Subaru Impreza. Dabei wurde festgestellt, dass der Einsatz von 1234yf das Sicherheitsniveau von Fahrzeugen im Vergleich zu 134a tendenziell senkt. Allerdings sah sich die Behörde aufgrund der Ergebnisse nicht veranlasst, aus Sicherheitsbedenken Rückrufe für Fahrzeuge anzuordnen, die mit dem neuen Kältemittel befüllt sind. Stattdessen empfiehlt das KBA, "mit Nachdruck" weitere Sicherheitstests durchzuführen und ggf. das Genehmigungsverfahren und die Sicherheitsanforderungen für Fahrzeugklimaanlagen zu ändern. Weil es sich dabei um EU-Recht handelt, liegt der Ball damit bei der EU-Kommission, die sich bislang eher kritisch zu den Sicherheitsbedenken geäußert hat und eher auf die Einhaltung des Klimaschutzes pocht.
Bisher bedient Honeywell die europäische Nachfrage nach dem aktuellen Kältemittel 134a aus den USA. "Mit unserem neuen Werk in Louisiana streben wir dies auch für HFO-1234yf an", so Kramvis. Die endgültige Größe der US-Anlage hängt von Liefervereinbarungen ab, die Honeywell mit Großkunden abschließt. Dem Unternehmen zufolge nutzen das neue Kältemittel derzeit fast eine halbe Million Fahrzeuge. Auch in den USA verwenden Fahrzeughersteller 1234yf, um die CAFE-Regelung sowie andere Standards für die Klimaverträglichkeit von Fahrzeugen zu erfüllen, mit denen Kraftfahrzeuge und leichte Nutzfahrzeuge im Durchschnitt sparsamer fahren und weniger Treibhausgase ausstoßen sollen. Fahrzeughersteller, die 1234yf einsetzen, erhalten Pluspunkte von der US-Umweltbehörde EPA.