Warum sein Image dem Tesla-Absatz nicht schadet

Das Stimmungsbild ist eindeutig. In einer Exklusiv-Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für die Automobil­woche unter Brancheninteressierten in Deutschland gaben kürzlich 59 Prozent an, das Verhalten von Tesla-CEO Elon Musk schade dem Ansehen des Unternehmens.

Zuvor hatte sich der exzentrische Musk auf seinem sozialen Netzwerk X (vormals Twitter) zum Thema Seenotrettung von Flüchtlingen zu Wort gemeldet und dabei indirekt zur Wahl der AfD in Deutschland aufgerufen. Ein Skandal und für jeden CEO eines deutschen Herstellers oder Zulieferers mit der zuverlässigen Folge eines unangenehmen Termins beim Aufsichtsrat.

Solche Konsequenzen hat Musk in seinem auf sich zugeschnittenen Unternehmen nicht zu befürchten. Auch die Kunden scheinen vom erratischen Auftreten des Tesla-CEO und seinen Äußerungen nahezu unbeeindruckt. Allein im dritten Quartal setzte der Elektro-Marktführer weltweit über 430.000 Fahrzeuge ab. Das Ziel von 1,8 Millionen Autos im Jahr 2023 scheint erreichbar. Denkbar, dass Tesla in diesem Jahr Audi beim Vertriebsvolumen überholt.

„Elon Musk umgibt ein Nimbus des Disruptors. Er weiß sich als Super-Erfinder und Innovator zu inszenieren, und dieses Image ist untrennbar mit Tesla verbunden. In den USA und Asien kommt das gut an. Kritische Themen perlen eher an ihm ab. Europa ist da in Teilen kritischer gegenüber Musk, aber das ändert nichts an der Attraktivität von Tesla als Marke“, sagt Automobilexperte Christian Kames von der US-Investmentbank Lazard. 

Er analysiert: „Für viele Kunden ist es ein Lifestyle, einen Tesla zu fahren. Tesla schafft es zu verkörpern, dass man als Autofahrer andere Wege geht. Das ist gutes Marketing, und dieses Image hat Tesla bis in die heutige Zeit transfe-rieren können, obwohl viele der Fahrzeuge bereits relativ lange fast unverändert im Markt sind.“

Ein Image, das Kunden offenbar vom kontroversen Verhalten Musks trennen können. Was sich genauso auch in der hohen Börsenbewertung Teslas zeigt. Kames: „Investoren rechnen mit einer kontinuierlichen Wachstumsentwicklung, die das Unternehmen noch einmal auf ein neues Level hebt – das treibt die Bewertung von Tesla. Der signifikante Volumenhub, den viele Aktionäre Tesla zutrauen, ist in der Bewertung eingepreist.“

Der Investmentbanker warnt aber auch: „Das funktioniert für Unternehmen wie Tesla, solange man die Erwartungen in den einzelnen Quartalen zumindest grundsätzlich erfüllt. Sollte Tesla über mehrere Quartale hinter den Erwartungen bleiben, kann sich die Stimmung durchaus auch schnell drehen.“

Schon jetzt ändert sich aber zumindest die Stimmung gegen Musk bei seinem eigenen sozialen Netzwerk X immer stärker. Das Konkurrenz-Netzwerk Bluesky verdoppelte seit Ende August seine Nutzerzahlen auf 1,4 Millionen. Viele kehrten X den Rücken, weil Musk nahezu alle Maßnahmen gegen Hass und Hetze eindampfen ließ.

Auch auf Tesla steigt der Druck. Kames: „Eine Million Fahrzeuge zu bauen, ist vergleichsweise leicht erreichbar. Fünf Millionen Fahrzeuge sind eine andere Hausnummer. Tesla wird es schwer haben bei der Skalierung. Der Wettbewerb mit dem Volumen klassischer OEMs ist herausfordernd, auch weil Anfälligkeiten in der Lieferkette und im Produktionsnetzwerk mit dem Volumen produzierter Autos zunehmen.“

Aus dem Datencenter:

Automarkt Deutschland im Oktober 2023