Kandidaten für die Bernhard-Nachfolge

Michael Gerster

Lkw-Chef Wolfgang Bernhard verlässt den Daimler-Konzern. Eine Vertragsverlängerung hat der 56-jährige Manager abgelehnt. Damit stellt sich die Frage, wer sein Amt in Zukunft übernehmen kann.

Freitag, 10. Februar 2017, 20.34 Uhr

Der Daimler-Konzern muss sich einen neuen Chef für seine Lkw-Sparte suchen. Wolfgang Bernhard hat seinen bis Februar 2018 laufenden Vertrag nicht verlängert. Kandidaten für die Nachfolge gibt es durchaus. Die kommen nicht nur aus den eigenen Reihen. Hier die möglichen Bewerber:

Volker Mornhinweg (56): Der Mann mit dem Schnauzbart und der unverkennbar schwäbischen Herkunft dürfte der aussichtsreichste Kandidat sein. Mornhinweg hat in den vergangenen Jahren als Leiter der Transporter-Sparte einen hervorragenden Job gemacht. So ist die Profitabilität der Vans im Jahr 2016 mit einer bereinigten Marge von 10,1 Prozent sogar noch etwas höher ausgefallen als die der Pkw-Sparte. Dabei trägt die konsequente Strategie der Globalisierung Früchte. Sie ermöglicht nicht nur die Eroberung neuer Märkte, sondern auch die günstigere Produktion in einem weltweiten Netzwerk. Dazu kommen erfolgreiche Produkte wie die neue V-Klasse-Generation oder der Dauerbrenner Sprinter. Mit dem Einstieg in das wachsende Segment der Pick-ups beweist Mornhinweg zudem Mut. Außerdem hat er mit dem Vision Van nicht nur einen Hingucker der Nutzfahrzeuge-IAA präsentiert. Mit seiner Initiative AdVANce entwickelt er passend zum Fahrzeug neue Geschäftsideen für die Logistikbranche der Zukunft. Mornhinweg hat außerdem einige Jahre die Sportwagenschmiede AMG in Affalterbach geführt. Dies ist – siehe Entwicklungschef Ola Källenius – keine schlechte Voraussetzung, um bei Daimler große Karriere zu machen.

Marc Llistosella (49): Der smarte Manager mit dem sperrigen Namen ist seit 1. April 2015 Leiter des Bereichs Daimler Trucks Asia mit den Marken Fuso und Bharat Benz. Auffallend: Llistosella war zuletzt immer wieder bei Großveranstaltungen der Lkw-Sparte aufgetreten. So präsentierte er etwa den Fuso eCanter im Rahmen der Lkw-Elektrooffensive, die in den kommenden Jahren starten soll. Wie zu hören ist, soll er auch bei Bernhard einen Sinneswandel in Sachen Elektromobilität bewirkt haben. "Marc Llistosella hat die Marke BharatBenz innerhalb kürzester Zeit als eine feste Größe der indischen Nutzfahrzeugindustrie etabliert und mit der Entwicklung eines maßgeschneiderten Fahrzeugportfolios gezeigt, dass er die Kundenwünsche versteht und in Produkte umzusetzen weiß", lobte etwa Noch-Lkw-Chef Wolfgang Bernhard. Llistosella kam 1994 zu Daimler und hat seither verschiedene Managementpositionen in der Planung und Strategie bekleidet. Er würde auch vom Alter her gut zum Ziel der Vorstands-Verjüngung passen, das der Aufsichtsrat seit einigen Jahren konsequent verfolgt.

Ein weiterer potenzieller Kandidaten aus den eigenen Reihen ist Stefan Buchner, Chef der Lastwagenmarke Mercedes-Benz und verantwortlich für das Europageschäft. Er ist allerdings schon 57 und damit älter als älter als Bernhard selbst. Chancen werden auch dem Produktionschef der Pkw-Sparte, Markus Schäfer (51), eingeräumt. Insidern zufolge bringt er die Technikaffinität mit, die für das Lastwagengeschäft notwendig ist. Ein weiteres Argument für Schäfer ist sein Alter.

Joachim Drees (52): Der Sprössling des großen Stuttgarter Planungsbüros Drees & Sommer, bei dem er mehrere Jahre im Vorstand war, ist seit 1. April 2015 Chef von MAN. Er kam auf Wunsch von VW-Truck-Chef Andreas Renschler, der ihn aus gemeinsamen Daimler-Zeiten kennt. Drees hat sich bei MAN als erfolgreicher Sanierer einen Namen gemacht. In Deutschland wurde die unrentable Lkw-Produktion in Salzgitter und Plauen eingestellt und fast 2000 Stellen abgebaut. Schneller als erwartet ist die kriselnde Marke des VW-Konzerns wieder zur Profitabilität zurückgekehrt. Für Drees könnte sprechen, dass er bereits von 1996 bis 2006 bei Daimler gearbeitet hat und die Verhältnisse im Konzern kennt. Dagegen spricht aber, dass er ein Vertrauter von Andreas Renschler ist, dem er seinen jetzigen Posten zu verdanken hat. Andererseits dürfte die Aussicht, beim Branchenprimus zu arbeiten, eine erhebliche Anziehungskraft ausüben, sollte Stuttgart tatsächlich anklopfen.

Andreas Renschler (58): Obwohl Renschler die Lkw-Sparte bei Daimler fast zehn Jahre lang bis April 2013 erfolgreich geleitet hat, scheint eine Rückkehr zu alter Wirkungsstätte praktisch ausgeschlossen. Renschler hat als Truck-Chef von VW sichtlich Spaß an seinem neuen Job, gibt sich angriffslustig gegenüber seinem alten Arbeitgeber und will die VW-Truck-Sparte zum Global Champion ausbauen. Renschler soll sich zudem mit Daimler-Aufsichtsratschef Manfred Bischoff überworfen haben, als er im Februar 2014 dem Konzern in Stuttgart überraschend den Rücken kehrte. Weil der jetzige Lkw-Chef Wolfgang Bernhard in Ungnade beim Betriebsrat gefallen war, musste Renschler zuvor von der Lkw- zur Pkw-Sparte wechseln und Bernhard den Job überlassen. Die erzwungene Rochade hatte ihn nachhaltig verärgert.

Martin Lundtstedt (49): Manager von Volvo sind immer eine Option. So hat Audi erst kürzlich den Entwicklungsvorstand Peter Mertens vom schwedischen Autobauer abgeworben. Martin Lundstedt war im Herbst 2015 von der VW-Marke Scania zu Volvo gewechselt. Dort baute er die Organisation radikal um, gab den Marken Volvo, Mack, Renault und UD mehr Eigenverantwortlichkeit, um die Profitabilität zu steigern. Volvo soll "begehrtester Transportanbieter der Welt" werden – so lautet das Ziel. Für die Nachfolge von Wolfgang Bernhard bei Daimler dürfte er höchstens Außenseiterchancen haben. Eine interne Lösung erscheint deutlich wahrscheinlicher.