Detroit. Das Ausmaß der geplanten Überprüfung sei „schon ungewöhnlich“, meint auch Thomas Regh, Fachanwalt für Arbeitsrecht. „Das erinnert mich an die Zeiten, als von Unternehmen nach einer Scientology-Mitgliedschaft gefragt wurde.“ Daimler wurde schon im Jahr 2009 von Arbeitsrechtlern kritisiert, als der Hersteller von Bewerbern Blutproben gefordert hatte. Dass alle Daimler-Beschäftigten geprüft werden, hält Regh aus datenschutzrechtlichen Gründen für problematisch. „Mitarbeiter können völlig zu Unrecht auf eine solche Liste kommen. Hier gibt es für Betroffene kaum effektive Rechtsschutzmöglichkeiten.“ Daimler hält trotz der Kritik an seinem Vorgehen fest: „Die EU sowie die USA haben zwingende Gesetze zur Durchsetzung von Embargos und zur Terrorismusbekämpfung sowie entsprechende strikt zu beachtende Sanktionslisten erlassen“, begründet ein Sprecher. Personen, die auf diesen Listen stehen, dürfen vom Unternehmen kein Geld, keine Produkte oder Dienstleistungen erhalten. Werden die Gesetze nicht eingehalten, fürchtet der Konzern strafrechtliche Konsequenzen. Bei BMW gibt man sich trotz der Vorgaben der EU und der USA lockerer. Das sei „kein aktuelles Thema“, sagt Betriebsratschef Manfred Schoch. Die Münchner gleichen Mitarbeiterdaten nicht mit Namenslisten Terrorverdächtiger ab. „Wir sehen hierzu keine Notwendigkeit“, sagt ein Sprecher. Die rechtlichen Anforderungen erfülle der Konzern dennoch: „Unsere Mitarbeiter erhalten ihr Entgelt ausschließlich durch Banküberweisung ausbezahlt, auf ein Konto auf ihren Namen.“ Da die Banken verpflichtet seien, Kontoinhaber zu überprüfen, „halten wir eine nochmalige Prüfung nicht für notwendig“. Andere Unternehmen verzichten ebenfalls darauf: „Bei Benteler Automotive werden keine Überprüfungen der Mitarbeiter zur Terrorismusbekämpfung durchgeführt“, bekräftigt Firmenchef Ralf Göttel. Zulieferer Mahle screent ebenfalls nicht. „Wir überprüfen die Rechtslage“, heißt es hingegen bei Opel. Von Volkswagen und Bosch war nur zu hören, dass sie sich an die gesetzlichen Vorgaben halten – mit welchen Mitteln, sagen sie nicht.
Datenabgleich
Kritik an Überwachung
Arbeitsrechtler beurteilen das Screening der Mitarbeiter bei Daimler kritisch. „Wenn tatsächlich alle 280.000 Mitarbeiter erfasst werden sollten, wäre das aus meiner Sicht völlig überzogen“, sagt Thomas Klebe, Leiter des Hugo-Sinzheimer-Instituts für Arbeitsrecht. „Das würde bedeuten, dass ohne Anlass zunächst einmal ein Generalverdacht gegen jeden Mitarbeiter ausgesprochen wird“, so Klebe, der früher selbst im Aufsichtsrat von Daimler saß.