München. In einer repräsentativen Umfrage der Unternehmensberatung Staufen unter rund 1000 chinesischen Konsumenten schneidet der Imagebegriff „Made in Germany“ zwar hervorragend ab, gleichzeitig aber wünschen sich 94 Prozent, dass sich deutsche Unternehmen besser auf die Wünsche der Kunden einstellen, 84 Prozent erwarten einen besseren Service. Die Hälfte der Befragten findet deutsche Unternehmen sogar „arrogant“ – und nur 48 Prozent halten sie für „ modern“. „Die deutschen Marken sind in China hervorragend angesehen. Damit das so bleibt, müssen die deutschen Unternehmen aber viel mehr in Dialog mit den Kunden treten und die Bedürfnisse der Chinesen ernst nehmen“, so Markus Franz, der seit zwei Jahren Geschäftsführer von Staufen in Schanghai ist. Die Politik fördert die Emanzipation der Verbraucher und informiert im staatlichen Fernsehen ausführlich über ausländische Produkte – auch mit dem Hintergedanken, fremde Marken zu diskreditieren und die nicht wettbewerbsfähige heimische Industrie zu unterstützen.
„Man will nicht länger tolerieren, dass chinesische Kunden schlechter behandelt werden als die in den etablierten Märkten. Deshalb müssen sich die deutschen Hersteller darauf einstellen, dass der Wind rauer wird“, so Jürgen Voss, Kenner des chinesischen Automarkts. Erst vor Kurzem hat der Sender CCTV Volkswagen zu einem Rückruf von 384.000 Fahrzeugen mit fehlerhaften Doppelkupplungsgetrieben gezwungen. Den Premiumherstellern Audi, BMW und Mercedes wurden schlechte Gerüche und Giftstoffe in Dämmmatten vorgeworfen. Der Chef des Computer- und iPhone-Herstellers Apple, Tim Cook, musste sich sogar öffentlich für die Schlechterstellung der chinesischen Kunden bei der Gewährleistung entschuldigen. Stellen sich die Hersteller auf diese Rahmenbedingungen ein, bietet der Automarkt in China auf Jahre hinaus glänzende Perspektiven – vor allem für die deutschen Anbieter: Die Pkw-Nachfrage dürfte bis 2020 jährlich um rund acht Prozent auf etwa 22 Millionen Neuzulassungen wachsen. Das Premiumsegment wird pro Jahr sogar um rund zwölf Prozent zulegen und sich damit auf etwa drei Millionen Einheiten mehr als verdoppeln. Hintergrund: Die chinesische Regierung will den Binnenkonsum stärken und hat sich die Verdoppelung der Einkommen in den nächsten zehn Jahren vorgenommen. Dadurch könnte sich in China eine ähnliche Marktentwicklung ergeben wie in den Wirtschaftswunderjahren in Europa.Dabei steigt nicht nur die Zahl der Erstkäufer stark an, sondern auch die Nachfrage nach höherwertigen, teuren Automobilen. Dafür sorgen die steigenden Einkommen ebenso wie die wachsende Zahl der Zweitkäufer. „Gerade die deutschen Premiumhersteller haben nun die riesige Chance, in China ein Premiumsegment nach europäischem Vorbild zu entwickeln. Das kann sonst eigentlich niemand auf der Welt“, so Auto- und China-Experte Christian Malorny von der Unternehmensberatung McKinsey. Die weitere Erschließung des chinesischen Markts dürfte allerdings hohe Investitionen vor allem in den flächendeckenden Ausbau des Händlernetzes erfordern. Bislang konzentriert sich das Netz auf die östliche Küstenregion mit den Metropolen Peking und Schanghai. Zu den 100 Städten, die derzeit versorgt werden, dürfen bis 2020 weitere 200 aufstrebende Millionen-Citys kommen, die aber über die westlichen Provinzen verstreut sind.Lag bisher der Schwerpunkt der China-Aktivitäten im Aufbau von lokalen Produktionsstätten und der Entwicklung von chinesischen Lieferanten, verschiebt sich nun das Gewicht in Richtung Vertrieb und Kunde. „China ist kein einheitlicher Binnenmarkt wie die USA. Die Hersteller brauchen eine europäische Vertriebsorganisation und -strategie gepaart mit einem viel besseren Service“, so Malorny. Künftig gelte es nicht nur, neue Erstkäufer für die Marke zu gewinnen, sondern Zweitkäufer zu binden und das kaum entwickelte Gebrauchtwagengeschäft aufzubauen. Der stärkere Fokus auf die Bedürfnisse des Kunden dürfte auch für die Fertigung weitreichende Folgen haben: Bisher wird kaum nach Kundenwunsch produziert. Entscheidend für die deutschen Hersteller wird aber auch sein, dass sie sich ernsthaft an der weiteren Entwicklung des Landes beteiligen. „Wenn sie das der Politik gegenüber glaubhaft demonstrieren, haben die deutschen Marken in China hervorragende Perspektiven“, so Malorny. „Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben.“ Das wusste schon Konfuzius.Konfrontation mit Konfuzius
Wer in seinem Tun nur an den eigenen Vorteil denkt, der wird sich viele Feinde machen“, mahnte schon Konfuzius vor rund 2500 Jahren. Die Worte des chinesischen Gelehrten sind für die deutschen Autohersteller aktueller denn je: Audi, BMW, Mercedes, Porsche und Volkswagen kommen im Reich der Mitte zusammen auf einen Marktanteil von 22 Prozent, das hoch profitable Premiumsegment wird von den deutschen Marken dominiert. Seit Jahren ist China nicht nur der wichtigste Wachstumsmarkt, sondern auch der Gewinnbringer. Der große Erfolg birgt aber auch Gefahren: In China sinkt die Sympathie für die deutschen Autobauer.