Stuttgart. Mercedes rechnet erst im Jahr 2015 mit einem großen Absatzsprung in China. Im kommenden Jahr steht der Stuttgarter Premiumhersteller vor einem anspruchsvollen Spagat: Einerseits will Mercedes das Volumen steigern, gleichzeitig aber sollen die aus dem Ruder gelaufenen Rabatte zurückgedrängt werden und die Kunden wieder an Mercedes-übliche Preise gewöhnt werden. "Es geht jetzt nicht um Volumen um jeden Preis. Wir müssen die Autos höher positionieren und das Volumen wird dann folgen", sagte Daimler-China-Vorstand Hubertus Troska am Mittwochabend vor Journalisten. Im Fokus steht dabei die E-Klasse, deren Preise sich Mercedes durch eine stückzahlgetriebene Vertriebspolitik selbst kaputt gemacht hat. Insgesamt ist Troska überzeugt, dass die chinesische Nachfrage im Luxus- und Premiumsegment auch 2014 weiter zulegt, möglicherweise sogar mit einer zweistelligen Wachstumsrate. "Wir werden ordentlich davon profitieren", so der Manager, der aber kein genaues Absatzziel nennen wollte. Er bekräftigte aber das Ziel für 2015: Dann soll Mercedes ein Volumen von 300.000 Einheiten erreichen.
Mercedes hinkt den bayerischen Konkurrenten Audi und BMW im wichtigen und schnell wachsenden chinesischen Markt weit hinterher. Im vergangenen Jahr kamen die Schwaben gerade einmal auf 190.485 Fahrzeuge. Audi lag bei einem Volumen von 405.838 Einheiten, BMW verkaufte 326.444 Fahrzeuge. In diesem Jahr gelang es Mercedes nach schwachem Start auf Monatsbasis immerhin wieder zum Marktwachstum insgesamt aufzuschließen. Auf Jahressicht allerdings bleibt die Steigerungsrate mit 9,5 Prozent auf 210.384 Fahrzeuge per November unterproportional. Audi steigerte die Verkäufe in elf Monaten um 17,9 Prozent auf 443.664 Einheiten. BMW legte um 19,7 Prozent auf 354.153 Fahrzeuge zu. Mercedes will bis 2020 an die Spitze des weltweiten Premiumsegments zurückkehren, das heißt die meisten Autos verkaufen und die höchste Rendite einfahren. Dazu müssen die Stuttgarter BMW und Audi überholen.Mercedes dämpft Absatzerwartungen für 2014
"Die weltweite Mercedes-Strategie hängt davon ab, dass wir in China Erfolg haben", so Troska, der vor einem Jahr in den Daimler-Vorstand berufen wurde und das neu geschaffene China-Ressort übernahm. Zuvor war bereits der Pkw-Vertriebschef Klaus Maier durch Nicholas Speeks ersetzt worden. In seinem ersten Jahr hat er vor allem die Vertriebsorganisation neu ausgerichtet und mehrere China-Experten vom Wettbewerbern abgeworben. Die zuvor getrennten Vertriebsorganisationen - einmal für die lokal produzierten Fahrzeuge im Joint Venture mit dem chinesischen Autohersteller BAIC und einmal für importierte Fahrzeuge - wurden zusammengelegt. Während die alte Organisation zwischen 2007 und 2009 laut Troska problemlos funktioniert hat, begannen die Vertriebe sich ab 2010 gegenseitig Konkurrenz bei den Mercedes-Händlern zu machen. Der JV-Großhandel wollte die lokal produzierte lange E-Klasse in den Markt drücken. Die Importeursgesellschaft die kurze E-Klasse aus Europa. Folge: Um das Überangebot von Fahrzeug vom Hof zu kriegen, gewährten die Händler immer höhere Rabatte - bis zu 18 Prozent. "Unsere Hauptaufgabe ist jetzt, den Wert der E-Klasse im Markt neu zu positionieren. Das wird ein sehr beschwerlicher Weg", so Troska. Diese Strategie werde von Daimler- und Mercedes-Chef Dieter Zetsche sowie dem Aufsichtsrat gestützt.
Die Rückkehr zu Mercedes-üblichen Preisen, die weltweit über denen der Konkurrenten liegen, ist auch für die neue C-Klasse von Bedeutung. Die Limousine wird laut Troska in der zweiten Jahreshälfte in China auf den Markt kommen und ausschließlich lokal produziert werden. "Der erste Fokus wird nicht auf dem Volumen liegen", macht der Manager deutlich. Durch den späten Start im Jahr schlagen sich die Verkäufe ohnehin erst im vierten Quartal 2014 nieder. "Wir müssen unserer Hausaufgaben im C- und E-Segment machen. Und das SUV-Segment wächst in China stark", so Troska. Dazu komme der Ausbau der Händlernetze und die Professionalisierung der Handelspartner.Die Aufholjagd gegenüber Audi und BMW wird damit erst 2015 starten. Dann ist die C-Klasse im ersten vollen Jahr und die Produktion des kompakten SUV GLA im JV in Peking läuft an. "Wir brauchen im Kompaktsegment eine lokale Produktion, um in China wettbewerbsfähig zu sein. Das ist mit importierten Fahrzeugen in diesem Segment nicht zu schaffen", betont Troska, der sich eine Fertigung weiterer Kompaktmodelle in China durchaus vorstellen kann. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die importierten A- und B-Klasse sowie das viertürige Coupé CLA nicht die wichtigen Wachstumstreiber für Mercedes in China sind. "Das echte Volumen kommt 2015. Wenn unsere Rechnung aufgeht, wird es dann richtig abgehen", so Troska.