Herr Weber, Mercedes zeigt auf der IAA den S 500 Plug-In Hybrid, der im kommenden Jahr auf den Markt kommt. Welche Bedeutung hat dieses Fahrzeug für Sie?
Wir sind auf dieses Fahrzeug sehr stolz. Mit dem Plug-In Hybridantrieb erreichen wir einen NEFZ-Verbrauch von nur drei Litern bzw. eine CO2-Emission von 69 Gramm pro Kilometer. Und das in Kombination mit herausragenden Fahreigenschaften und einer Hightech und Luxusausstattung. Mit dem S 500 Plug-In Hybrid hat sich die ganze Diskussion über die Zukunftsfähigkeit von großen Autos, die vor ein paar Jahren aufgeworfen wurde, erledigt. Für uns stellt die flächendeckende Hybridisierung der großen Baureihen eine wichtige Komponente unserer Antriebsstrategie dar. Nur Vollhybride bringen uns die benötigten Verbräuche und Emissionen. Das werden wir konsequent umsetzen."Wir haben Tesla inside"
Ihr Konkurrent BMW stellt auf der Messe den i3 vor - ein von Grund auf als Elektrofahrzeug entwickeltes Modell mit Carbon-Außenhaut. Daimler hat derzeit nur den Elektro-Smart ...
Das wird sich nächstes Jahr ändern, wenn wir die vollelektrische B-Klasse Electric Drive auf den Markt bringen. Dieses Fahrzeug wird in allen wesentlichen Kriterien mindestens so wettbewerbsfähig sein wie die Modelle unserer Wettbewerber. Und das ist noch vorsichtig formuliert.Woran machen Sie das fest?
Wir bringen mit der B-Klasse ein Elektro-Fahrzeug mit vollwertigen fünf Sitzen und null Einschränkungen im Kofferraum. Damit wird die Elektro-Mobilität familientauglich. Und wir werden ein Fahrerlebnis bieten, das in dieser Klasse keiner schafft. Ich nenne Ihnen mal ein paar Kennzahlen, die das beschreiben: Die B-Klasse Electric Drive kommt auf eine Reichweite von 200 Kilometern - und nicht nur auf Papier, sondern die können wirklich im normalen täglichen Gebrauch erreicht werden. Zudem hat das Auto eine Höchstgeschwindigkeit von 160 Kilometer pro Stunde. Mit einem Drehmoment von deutlich über 300 Newtonmetern und einer Beschleunigung von 7,9 Sekunden auf 100 Km/h bieten wir ein Sportwagenfeeling in der Kompaktklasse. Und in drei Stunden ist die Batterie vollgeladen.Das alles klingt aber nach einer gigantisch teuren Neuentwicklung, die am Ende doch kaum jemand bezahlen kann - geschweige denn normale Familien ...
Und genau das ist nicht der Fall. Wir verwenden in der B-Klasse Electric Drive den kompletten Antriebsstrang inklusive der Lithium-Ionen-Batterie aus dem Model S unseres Partners Tesla. Wir haben "Tesla inside" - also einen Antrieb aus der Luxusklasse mit einer Batterie aus einer Großserienfertigung und erreichen Skaleneffekte, weil von Anfang an das Ziel war, an den Komponenten möglichst wenig zu ändern. Wir haben damit die Chance, eine optimierte Kostenstruktur zu realisieren, als wenn wir den Antrieb selbst entwickelt hätten. Noch steht der Preis nicht fest, wir werden aber auch hier wettbewerbsfähig sein.Ist das der Ritterschlag für Tesla, ein Unternehmen, das zu Anfang aus Laptop-Batterien Akkus für Elektroautos gebastelt hat?
Wir haben schon als Tesla noch belächelt und nicht ernst genommen wurde, an die Innovationskraft und Kompetenz dieser Truppe geglaubt. An Menschen, die völlig anders an solche Themen herangehen. Und davon können nun auch unsere B-Klasse Electric Drive Kunden profitieren.Und was ist daran noch ein Mercedes?
Alles. Das Gesamtkonzept der B-Klasse mit seinem „Energy Space“ ist durch und durch Mercedes. Und dem Technologiepaket von Tesla haben wir natürlich mercedes-typische Eigenschaften anerzogen - da haben wir viel Wert darauf gelegt. Zum Beispiel ist das zweistufige Rekuperieren eine wichtige Funktion, die von unseren Ingenieuren entwickelt wurde. Die B-Klasse Electric Drive hat zusätzlich eine Segelfunktion und mit den Lenkradpaddels kann der Fahrer in zwei Stufen abbremsen, ohne dass er mit den Füßen die Bremse bedienen muss. Das bietet ein ganz neues, sehr attraktives Fahrerlebnis.Werden Sie die B-Klasse auch mit einem Range Extender anbieten?
Das ist derzeit nicht geplant. Nach unseren Erkenntnissen wollen die potentiellen Käufer eines Elektroautos keinen Kompromiss in Sachen emissionsfreies Fahren, sondern entscheiden sich bewusst für ein solches Antriebskonzept. Umgekehrt wollen wir Kunden mit Reichweitenbedenken eine große Bandbreite von Hybridfahrzeugen anbieten. Ein solches Konzept ist effizienter als ein Range Extender, der die Batterie eines Elektrofahrzeugs mit dem Verbrenner nachlädt. Ich will aber für die Zukunft nicht ausschließen, dass wir Modelle mit Range Extender anbieten – als Ingenieur halte ich aber nichts von Umwegen, deshalb favorisiere ich klar einen direkten Antrieb über den Verbrennungsmotor für die Langstrecken.Wie erfolgt die Markteinführung der B-Klasse?
Die elektrische B-Klasse kommt im Frühjahr 2014 zuerst in den USA auf den Markt. Im Gegensatz zu Europa gibt es dort eine größere Nachfrage für solche Fahrzeuge. Das zeigt auch der Verkaufserfolg des Model S. Die B-Klasse Electric Drive hat in den USA ja keinen Vorgänger. Sie wird dort als Multipurpose-Vehicle im Markt positioniert und nur in der Elektro-Version angeboten werden. Vom Design her steht das Auto aufgrund der Batterien im Energy Space etwas erhöht, dazu kommen 18-Zoll-Räder, so dass die B-Klasse fast wie ein kompaktes SUV auftritt. Nach dem CLA ist die B-Klasse Electric Drive dann das zweite Kompaktmodell von Mercedes in den USA. Unser sehr attraktiver SUV GLA wird dann das dritte Modell sein.Wann kommt die elektrische B-Klasse nach Europa?
Im Herbst 2014 mit der Modellpflege der B-Klasse, denn in Europa verfügen wir mit dem zweisitzigen Smart ed bereits über ein sehr gefragtes Elektro-Fahrzeug. Der aktuelle Elektro-Smart wird übrigens noch über einen längeren Zeitraum im Markt sein, auch wenn im nächsten Jahr die neu entwickelte Smart-Generation mit einem Zwei- und wieder einem Viersitzer an den Start geht.Beim Elektro-Smart haben sich Wartezeiten von über neun Monaten aufgebaut, weil der Hochlauf Ihrer Batteriefabrik mit Partner Evonik nicht wie geplant funktioniert. Ist das Problem gelöst?
Wir haben im Microcar Smart eine Lithium-Ionen-Batterie, deren Energiedichte für eine Reichweite von 160 Kilometer ausgelegt ist. Zeigen Sie mir eine andere Batterie auf dem Markt, die das auch kann. Klar ist aber auch, dass der Anlauf einer Zellproduktion mit hohen Qualitätsansprüchen sehr sorgfältig abgesichert werden muss. Inzwischen sind wir aber soweit, dass wir die Kapazitäten hochfahren und die Bedarfe decken können. Und dabei ist der smart fortwo electric drive extrem erfolgreich am Markt. Mit einem Anteil von 40 Prozent im ersten Halbjahr 2013 ist er klarer Marktführer unter allen neu zugelassenen Elektro-Pkw in Deutschland. Sie sehen, es geht sehr gut voran.Dennoch prüfen Sie alle Optionen für die Zellfertigung in Kamenz inklusive eines Verkaufs?
Es geht darum, ohne Zeitdruck die Zellfertigung auf eine langfristige Basis zu stellen. Dabei sind Skaleneffekte sehr wichtig. Deshalb sprechen wir mit praktisch allen Batterieherstellern von Korea, Japan bis in die USA. Wir haben genug Zeit, denn die aktuelle Batterietechnologie für den Smart wird die Basis für die nächste Generation sein. Im Übrigen bin ich sehr zufrieden, dass wir eine eigene Zellproduktion mit Evonik gestartet haben. Wir verfügen heute über mehr Know-how als jeder andere Fahrzeughersteller.Mercedes baut die Produktpalette in der Kompaktklasse stark aus. Sie sehen aber auch Chancen im S-Klasse-Segment?
Das ist richtig. Wir haben beretis heute mit der Kurz- und Langversion zwei S-Klasse-Modelle auf dem Markt. Auf der IAA zeigen wir ein attraktives Coupé als Showcar. Die Studie ist schon sehr seriennah, der Marktstart ist für 2014 geplant. Wahrscheinlich ist außerdem, dass wir daraus ein Cabrio ableiten. Dann wird es noch eine größere S-Klasse-Version geben, die wir vor allem für China und die USA brauchen. Und schließlich ist es kein Geheimnis, dass wir in bewährter Tradition auch für Staatsoberhäupter ein Repräsentationsfahrzeug bringen wollen. Sie sehen, im Summe geben wir in allen Segmenten kräftig Gas.