Dickes Plus zum Jahresende – aber kein Grund zur Euphorie

Im Dezember 2019 wurden in Deutschland 283.380 Pkw neu zugelassen. Dies entspricht einem Plus von 19,5 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Das Gesamtjahr schloss mit knapp 3,61 Millionen Neuzulassungen ab, ein Plus von fünf Prozent. Nur in 2009, dem Jahr der Verschrottungsprämie, gab es mehr neu zugelassene Pkw auf Deutschlands Straßen.

Auch wenn der abgelaufene Monat einen Arbeitstag mehr hatte als im Vorjahr, ist das Niveau überraschend hoch. Der Grund liegt in den stark gestiegenen gewerblichen Zulassungen. Seit September vergangenen Jahres entwickeln sie sich deutlich besser als die privaten Neuzulassungen. Diese lagen im Dezember nur 1,2 Prozent über denen des Vorjahresmonats. Der Anteil lag mit 28,6 Prozent fünf Prozentpunkte unter dem Wert des Vorjahresmonats und ist der niedrigste jemals beobachtete Privatkundenanteil. Das Gesamtjahr schlossen die privaten Neuzulassungen mit einem leichten Minus von 0,4 Prozent ab.

Das aktuell hohe Niveau ist ausschließlich den dynamisch wachsenden gewerblichen Neuzulassungen zu verdanken. Sie stiegen im Dezember um fast 29 Prozent und erreichten das mit Abstand höchste Niveau das jemals in einem Dezember beobachtet wurde. Kumuliert weisen sie ein Plus von 8,1 Prozent auf.

Die Nachfrage nach Gebrauchtwagen entwickelte sich im Dezember etwas besser als die privaten Neuzulassungen. Sie lagen 6,2 Prozent im Plus, nach zwölf Monate weisen sie in etwa das Volumen von 2018 auf.

In den vergangenen Monaten hat es positive Effekte gegeben, die auch den Dezember deutlich beeinflusst haben. Ab diesem Jahr gelten die neuen, herstellerspezifischen Grenzwerte für den CO2-Ausstoß. Es sieht so aus, dass viele Hersteller ihre CO2-starken Pkw bis Jahresende verstärkt als vorgezogene Neuzulassungen in den Markt gedrückt haben. Das hätte für sie den Vorteil, dass diese Fahrzeuge 2020 bei der Berechnung des CO2-Flottenausstoßes nicht berücksichtigt würden. Die hohen gewerblichen Zulassungen und die Wachstumsraten bei den SUVs und Geländewagen sind ein Indiz dafür. Beide Segmente haben im Dezember nochmals deutlich stärker zugelegt als in den elf Monaten zuvor.

Die Analyse der Automobilwoche geht davon aus, dass die knapp 3,61 Millionen Neuzulassungen in 2019 durch Sondereffekte deutlich überzeichnet waren: Zum Jahresanfang wurden in hohem Maße die Neuzulassungen nachgeholt, die Ende 2018 aufgrund der WLTP-Umstellung nicht verfügbar waren. Zum Jahresende gab es viele vorgezogene Neuzulassungen aufgrund der neuen Grenzwerte ab Januar dieses Jahres.

Der Beginn des neuen Jahres könnte – statistisch gesehen – bitter ausfallen: Aufgrund der überhöhten Zulassungen zum Jahresbeginn 2019 und aufgrund der vorgezogenen Zulassungen zum Jahresende könnten die ersten Monate deutliche negative Wachstumsraten aufweisen. Zweistellige Rückgänge sind in den ersten drei Monaten dabei nicht auszuschließen.

Die wirtschaftliche Entwicklung für das neue Jahr wird insgesamt weiterhin skeptisch gesehen. Insbesondere die Arbeitslosenzahlen, die im Dezember erstmals seit Langem wieder angestiegen sind, könnten negativen Einfluss auf die Kaufbereitschaft haben. Außerdem stehen immer noch Unsicherheiten bezüglich der nun anstehenden Brexit-Verhandlungen, ausufernde Handelskriege und mögliche politische Turbulenzen im Raum. Auch marktinterne Probleme sind absehbar: Wie steht es mit der Verfügbarkeit neuer Modelle und inwieweit belasten die vorgezogenen Zulassungen die Entwicklung Anfang des Jahres? Wie wird die neue Generation der E-Mobile vom Verbraucher angenommen? Führt die Klimadebatte zu Warteeffekten oder zu einem schnelleren Ersetzen alter Pkw durch neue, energiesparende aber auch teurere Modelle?

Unter der Annahme, dass es im laufenden Jahr nur zu einer konjunkturellen Wachstumsdelle, nicht aber zu einer Rezession kommt, erwartet die Automobilwoche ein Neuzulassungsergebnis von 3,34 Millionen Pkw. Das sind 7,4 Prozent weniger als in diesem Jahr. Auch wenn dies der stärkste Rückgang auf Jahresebene seit dem Krisenjahr 2010 wäre, die Neuzulassungen lägen dann immer noch drei Prozent über dem mittleren Neuzulassungsniveau in diesem Jahrtausend.

Der angenommene Rückgang um über sieben Prozent ist somit kein Krisenszenario, sondern resultiert aus positiven Sondereffekten in 2019 und aus einer Normalisierung des hohen Nachfrageniveaus. Angesichts der wirtschaftlichen, politischen und marktinternen Unsicherheiten ist die Prognose von 3,34 Millionen Neuzulassungen nicht als mögliche Untergrenze anzusehen.

Die Neuzulassungen von Diesel-Pkw stiegen im Dezember um knapp zwei Prozent, ihr Anteil verringerte sich gegenüber dem Vorjahr um gut fünf Punkte auf 29,8 Prozent. Es ist der niedrigste Dieselanteil in einem Dezember seit 2000. In der Spitze (2011) betrug er knapp 50 Prozent. Im Gesamtjahr betrug der Anteil der Selbstzünder 32,0 Prozent, nach 32,3 Prozent in 2018.

Die Neuzulassungen der Benziner stiegen im Dezember um gut 21 Prozent, und kamen auf einen Marktanteil von 59,5 Prozent, zirka ein Punkt mehr als im Vorjahr. Es ist das erste Mal seit Oktober 2018, dass der Anteil der Benziner im Vorjahresvergleich gestiegen ist. Insgesamt waren 2019 etwas über 59 Prozent aller neu zugelassenen Pkw mit einem alleinigen Benzinmotor ausgestattet. Im Vorjahr waren es noch über 62 Prozent gewesen.

Die Zulassungen von Pkw mit alternativen Antrieben stiegen 2019 in Summe um 75 Prozent, der Marktanteil erhöhte sich auf 8,8 Prozent, nach 5,3 Prozent im Vorjahr. Der letzte Monat des vergangenen Jahres brachte über 30.000 Neuzulassungen mit alternativen Antrieben, ein Anteil von 10,7 Prozent.

Das meiste Volumen bei den alternativen Antrieben hatten im Dezember die normalen Hybride. Sie kamen mit 17.995 Neuzulassungen auf einen mehr als doppelt so hohen Wert wie im Vorjahr und machten 60 Prozent aller alternativen Antriebe aus. An dritter Stelle lagen im vergangenen Monat die Plug-in-Hybride. Sie kamen mit 5080 Neuzulassungen diesmal nicht ganz an die reinen Elektro-Pkw heran. Diese erzielten ein Plus von 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr, blieben mit 5.748 Neuzulassungen allerdings hinter den Höchstwerten der Vergangenheit zurück.

Auf Jahresebene erreichten die normalen Hybride einen Anteil von 5,4 Prozent, vor den reinen Stromern mit 1,8 Prozent und 63.281 Neuzulassungen. Die Plug-in-Hybride erreichten einen Marktanteil von 1,3 Prozent.

Bei einem Gesamtmarktwachstum von 19,5 Prozent im Dezember und von fünf Prozent im Gesamtjahr gab es eine Marke die das jeweilige Vorjahresergebnis verfehlte: Opel lag im abgelaufenen Monat 28 Prozent unterhalb des Vorjahresmonats und im Gesamtjahr wurde das Ergebnis von 2018 um 5,3 Prozent unterschritten. Beides führte zu historisch niedrigen Marktanteilen: Im Dezember lag er bei 4,0 Prozent, der zweite negative Rekord in Folge und nur Platz acht im Herstellerranking – noch hinter Skoda und Hyundai.

Im Gesamtjahr konnten diese beiden Wettbewerber zwar noch auf Abstand gehalten werden, aber der Marktanteil von 6,0 Prozent ist der niedrigste Wert der jemals für die Marke beobachtet wurde. Zu Beginn des Jahrtausends war er noch doppelt so hoch.

Marktführer ist und bleibt unangefochten VW. Auch wenn der Marktanteil im Dezember mit 17,5 Prozent etwas niedriger war als im Gesamtjahr (18,5 Prozent). Trotz aller Überlegenheit muss man feststellen, dass der Anteil der Wolfsburger an den gesamten Neuzulassungen in den Jahren 2009 bis 2015 ständig über 21 Prozent betrug.

Ford gab zum Jahresende noch einmal richtig Gas und steigerte im Dezember die Neuzulassungen um 28 Prozent. Dies gab im Gesamtjahr ein Plus von fast elf Prozent und reichte für Platz drei im Herstellerranking, hinter VW und Mercedes, aber knapp vor BMW (476 Neuzulassungen mehr) und deutlich vor Audi.

Die drei deutschen Premium-Marken Audi, BMW, Mercedes hielten sich im Dezember zurück und steigerten ihre Zulassungen nur unterdurchschnittlich. Im Gesamtjahr belegte Mercedes mit plus 6,3 Prozent Rang zwei, BMW kam mit plus 5,4 Prozent auf Platz vier und den fünften Rang belegte Audi mit einem Plus von 4,7 Prozent.

Für die Importeure war der Dezember ein guter Monat: Sie kamen in Summe auf ein Plus von über 32 Prozent. Die größten Volumenzuwächse hatten Suzuki, Dacia und Hyundai.

Erfolgreichste Importeure im gesamten Jahr 2019 waren auf den Plätzen sieben bis zehn: Skoda (Anteil: 5,8 Prozent; gegenüber 2018: plus 5,7 Prozent), Seat (3,8 Prozent; plus 13,9 Prozent), Renault (3,6 Prozent; plus 0,2 Prozent) und Hyundai (3,6 Prozent; plus 12,7 Prozent).

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