Stuttgart. Der Umweltschützer befürchtet, dass mit der Autoindustrie den FCKW-Nachfolgern das Tor zu einer breiten Anwendung vom Kühlschrank bis zu Großindustrie geöffnet wird: „Dadurch entstehen nicht abbaubare Stoffe, und niemand weiß heute, welche Umweltdefekte daraus erwachsen können.“ Die EU-Klimadirektive schreibt seit Jahresbeginn in den Klimaanlagen von neu entwickelten Fahrzeugen ein Kältemittel mit einem Global Warming Potential (GWP) von unter 150 vor. Das seit Jahrzehnten verwendete R134a ist damit faktisch verboten.
Die EU hat einen großen Fehler gemacht
Die weltweite Autoindustrie hat sich nach langem Ringen für die neue Fluorchemikalie R1234yf entschieden, die nur von den Chemieriesen DuPont und Honeywell angeboten wird. Daimler weigert sich allerdings, R1234yf einzusetzen, nachdem der Autobauer in eigenen Versuchen eine erhöhte Brandgefahr entdeckt hatte. Bei Bränden kann auch ätzende Flusssäure entstehen. Problem: Daimler hat die A- und B-Klasse, den CLA und den SL ursprünglich mit einer Typgenehmigung mit R1234yf zugelassen, befüllt die Fahrzeuge aber mit dem alten Mittel R134a. Weil die EU auf den „regelkonformen Zustand“ der Fahrzeuge bestand, haben die Stuttgarter beim Kraftfahrt-Bundesamt um eine Erweiterung der Typgenehmigung mit R134a ersucht. Die Behörde hat Daimler die goldene Brücke gebaut, sodass die Autos eigentlich wieder regelkonform verkauft werden können. Frankreich weigert sich aber, dies anzuerkennen, und beruft sich dabei auf Artikel 29 der Kfz- Zulassungsrichtlinie, dessen Anwendung in diesem Fall unter Juristen aber höchst umstritten ist. Auch die EU-Kommission pocht auf die geltenden EU-Vorschriften. Die entscheidende Fragestellung ist jedoch, ob nur Daimler ein konstruktionsbedingtes Sicherheitsproblem hat, oder ob das neue Kältemittel generell eine erhöhte Brandgefahr ins Fahrzeug bringt (siehe Kasten). Indes hat die EU der Bundesregierung mit einem Vertragsverletzungsverfahren gedroht und eine Frist bis zum 18. August für eine Antwort gesetzt. Insider rechnen nicht damit, dass es vor der Bundestagswahl dazu kommt. Mittelfristig setzen Daimler, der Volkswagen-Konzern und auch BMW auf CO2 als Kältemittel. „Die EU sollte Daimler eine Übergangsfrist zur Entwicklung solcher Anlagen gewähren“, so Lohbeck: „Wenn die FCKW-Nachfolger in breiter Anwendung kommen, haben natürliche Kältemittel wie CO2 oder reine Kohlenwasserstoffe keine Chance mehr.“