Die europäische Automobilnachfrage ist so schwach wie seit Jahren nicht. Wirkt sich das auf Ihr Geschäft aus?
Wir liegen beim Auftragseingang aktuell 30 Prozent über dem Vorjahr und zwölf Prozent über unseren Planungen. Im Gesamtjahr gehen wir von Bestellungen in der Größenordnung von 800 Millionen Euro aus. Im weiteren Jahresverlauf rechnen wir mit einer Zunahme der Bestellaktivität. Vor allem in den Emerging Markets bauen die Autohersteller ihre Kapazitäten stark aus. Auch in den USA läuft unser Geschäft gut. Es gibt aber gesamtwirtschaftliche Unsicherheiten, so dass das eine oder andere Projekt aufgeschoben wird.Was bedeutet das für Umsatz und Ergebnis in diesem Jahr?Zunächst einmal muss man sagen, dass wir in den vergangenen drei Jahren einen beachtlichen Ausbau der Gesamtleistung - das ist für uns die relevante Kennziffer - erzielt haben. Das Geschäftsjahr 2011 war von starken Aufholeffekten nach der Krise geprägt gewesen. Dann folgte im Jahr 2012 eine Stabilisierung auf hohem Niveau. In diesem Jahr wollen wir eine moderate Verbesserung des Umsatzes und des Ergebnisses erreichen. Dabei müssen Sie zweierlei wissen...Und das wäre?Zum einen haben wir aus der Krise noch margenschwache Aufträge, die unseren Gewinn drücken. Hintergrund ist, dass wir nach HGB bilanzieren und die Aufträge erst am Ende abrechnen - also oft erst zwei bis drei Jahre, nachdem sie erteilt wurden. Zum anderem befinden wir uns in einer starken Investitionsphase.Was bedeutet das konkret?Früher hat man die Anlagen in Deutschland gebaut und global ausgeliefert. Das funktioniert heute nicht mehr. Um vor allem in den Emerging Markets wettbewerbsfähig zu sein, muss man die Anlagen mit einem hohen lokalen Anteil erstellen. Das bedeutet den Aufbau von Kompetenz in der Konstruktion, im Einkauf und in der Produktion vor Ort. Damit steigt die Komplexität. Um das zu beherrschen und effizienter zu werden, stellen wir uns gerade globaler auf: Wir vereinheitlichen die Prozesse und schaffen übergreifende IT-Plattformen. Das Projekt soll spätestens in den nächsten zwei bis drei Jahren abgeschlossen sein.Welche mittelfristigen Ziele haben Sie?In den nächsten Jahren wollen wir erstmals eine Milliarde Euro Gesamtleistung erreichen und wir wollen eine zweistellige Vorsteuerrendite schaffen. Ein solches Profitabilitätsniveau hatten wir vor der Krise schon einmal erreicht. Das ist unser strategisches Ziel.Man hat den Eindruck, dass Eisenmann vor allem in China starken Aufholbedarf hat. Stimmt das?Da sind wir gut unterwegs. Durch die Übernahme des lokalen Anlagenbauers Hightec Mitte 2011 sind wir in der Lage, Projekte mit einem noch höheren lokalen Anteil in China abzuwickeln. In den letzten Jahren haben wir mehrere große OEM-Aufträge gewonnen, die zum Teil fertig gestellt oder kurz davor sind. Ganz aktuell hat das VW-Gemeinschaftsunternehmen SVW zwei Paint Shops mit einem Volumen von fast 200 Millionen Euro bestellt. Für das Jahr 2016 haben wir einen Auftragseingang von 275 Millionen Euro eingeplant und werden die Zahl unserer Mitarbeiter von derzeit 400 auf 600 ausbauen. So sind wir auf den Kapazitätszuwachs in China vorbereitet, der bis 2016 um 6,4 Millionen Einheiten auf über 30 Millionen steigen wird. An diesem Wachstum wollen wir teilhaben.Wie sind Sie in anderen Wachstumsregionen positioniert?Grundsätzlich sind wir so aufgestellt, dass wir in den Märkten mitspielen können, wo das Wachstum stattfinden wird. Im vergangenen Jahr entfielen 32 Prozent unseres Auftragseingangs auf China, Indien, Brasilien und Russland. In Indien sind wir durch den Kauf des lokalen Anlagenbauers Haden gut aufgestellt. In Brasilien und Russland befinden wir uns traditionell in einer starken Position. Und nicht zu vergessen: Auch in Nordamerika beteiligen wir uns am Kapazitätsausbau mit Großaufträgen. Für BMW erweitern wir das Werk Spartanburg und für Daimler das Werk Tuscaloosa.Eisenmann ist weltweit die Nummer zwei bei Auto-Lackieranlagen. Wie groß ist der Konkurrenzdruck?Obwohl der Kapazitätsaufbau weltweit in vollem Gang ist, ist der Markt sehr umkämpft. Die Konkurrenz um neue Aufträge ist groß und der Druck auf die Margen hoch. Es gibt aber nur wenige Unternehmen, die weltweit große Projekte stemmen können. Da kann ich auch nicht erkennen, dass weitere Wettbewerber entstehen. Bei kleineren und lokalen Umfängen gibt es schon Konkurrenten, die von der Autoindustrie aufgebaut werden. Wichtig ist deshalb, dass man bei den Innovationen vorne liegt.Stichwort Innovation: Sie haben im Frühjahr ein neues Lackabscheidesystem vorgestellt.Das ist richtig. Es handelt sich um ein genial einfaches System, das einen Karton zur Abscheidung des Overspray verwendet. Die Luft aus der Lackierkabine geht durch den Karton hindurch, und wird ohne Wasser, Chemikalien oder andere Zusatzstoffe gefiltert. Die Lackreste sind im Karton, der als Ganzes entsorgt werden kann. Das System heißt E-Cube. Es unterschreitet die europäischen Grenzwerte deutlich und ist dabei günstiger als die herkömmliche Nassauswaschung. Das Thema ist bei unseren Kunden auf großes Interesse gestoßen, weil E-Cube sowohl für neue Anlagen als auch für die Nachrüstung interessant ist.Auch für die Lackierung von Teilen bieten Sie eine neue Anlage an. Haben Sie diese schon verkauft?Noch nicht, aber auch hier ist das Interesse sehr groß. Wir haben gemeinsam mit Projektpartnern ein neues Lackierkonzept für komplexe Kunststoffteile entwickelt - etwa Mittelarmlehnen, Seitenblenden oder Panoramadächer. Weil dabei UV-Licht zur Härtung des Lacks eingesetzt wird, verkürzen sich die Prozesse, die Produktionsgeschwindigkeit steigt, die Anlage wird kleiner und erstmals wird auch das Overspray zurückgewonnen. Von dieser Anlage versprechen wir uns viel im Geschäft mit Zulieferern, das immerhin 22 Prozent im Konzern ausmacht. Wir haben aber jenseits der Lackierung weitere Wachstumsfelder adressiert.Welche sind das?Wir rechnen damit, dass der Leichtbau in der Autoindustrie stark an Fahrt aufnimmt. Dabei dürfte Carbon eine große Zukunft haben. Wir sind mittlerweile in der Faserproduktion das weltweit einzige Unternehmen, das den gesamten verfahrenstechnischen Prozess bis zur Abluftreinigung liefern kann. Wenn das Thema Carbon auf breiter Front kommt, werden sehr schnell weitere Kapazitäten für die Faserproduktion nachgefragt werden. Wir sind darauf vorbereitet. Und damit können wir auch im Non-Automotive-Geschäft, das mehr als ein Fünftel im Konzern ausmacht, deutlich wachsen.Interview mit Eisenmann-Chef Matthias von Krauland
"Wir wollen eine Milliarde Euro Gesamtleistung erreichen"
Die Böblinger Eisenmann AG ist weltweit die Nummer zwei bei Lackieranlagen für Autohersteller und größter Anbieter im Zuliefersegment. Im Interview mit der Automobilwoche erklärt Eisenmann-Chef Matthias von Krauland die mittelfristige Strategie des Unternehmens.