München. Der Markt für Turbolader verspricht für Zulieferer gute Geschäfte. Heinz K. Junker, Vorsitzender der Geschäftsführung von Mahle, rechnet damit, dass sich der weltweite Bedarf für solche Systeme von 15 Millionen Stück im Jahr 2006 auf etwa 45 Millionen im Jahr 2020 steigern wird. Deshalb ist für den Zulieferer von Motorkomponenten und Antriebsstrangsystemen das Geschäft mit Turboladern einer der Bausteine für künftiges Wachstum. Auf der Suche nach einem Partner sind die Stuttgarter in der Nachbarschaft fündig geworden. Mit dem weltgrößten Zulieferer Bosch hat Mahle ein 50:50-Joint-Venture für Entwicklung, Vertrieb und Produktion von Turboladern gegründet. Mahle-Chef Junker sieht in der Aufladung moderner Motoren durch Abgasturbolader eine der Schlüsseltechnologien, um Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen zu reduzieren.
Während Dieseltriebwerke häufig bereits über Abgasturbolader verfügen, „werden diese im rasch zunehmenden Maße in den nächsten Jahren auch bei Ottomotoren in Zusammenhang mit Direkteinspritzung realisiert“. Junker rechnet damit, dass das Gemeinschaftsunternehmen im Jahr 2015 rund 1,5 Millionen Abgasturbolader herstellen wird. Im Sommer 2008 wurde mit der Erweiterung des Standorts im österreichischen St. Michael begonnen. Rund 400 Mitarbeiter sollen nach Abschluss der Arbeiten für Produktion und Endmontage der Turbolader sorgen. Hintergrund des Engagements der deutschen Unternehmen: Die Fahrzeughersteller möchten ein Gegengewicht zu den Branchengrößen Honeywell Turbo Technologies, Borg- Warner Turbo & Emissions Systems (beide USA) und Mitsubishi Heavy Industries (Japan) schaffen.
Denn auch beim US-Zulieferer BorgWarner wird das Geschäft mit den Aufladungssystemen ausgebaut. Mitte März erfolgte der Spatenstich für ein neues Werk im polnischen Rzeszów südöstlich von Krakau. Dort sollen ab 2009 jährlich 500.000 Turbolader für europäische Fahrzeughersteller produziert werden. Bernd Matthes, Präsident von BorgWarner Transmission Systems, denkt schon jetzt an eine weitere Stärkung des Standorts. Denn auch er ist davon überzeugt, dass Dieselmotoren mit doppelter Aufladung sowie Downsizing-Benzinmotoren mit Turbolader das Geschäft weiter vorantreiben werden. BorgWarner unterhält in Deutschland sein größtes Werk. Zudem hat die Gruppe Turbo Systems ihren Sitz in Kirchheimbolanden. „Eigentlich sind wir bei Turboladern ein deutsches Unternehmen“, meint denn auch Bernd Matthes. Mit dem VW-Konzern kommt zudem der weltweit größte Kunde aus Deutschland.
Während der Zulieferer noch vor zehn Jahren etwa 70 Prozent des Umsatzes auf dem nordamerikanischen Markt generierte, werden jetzt dort nur noch rund 15 Prozent erwirtschaftet. Starke Zuwächse bei Turboladern erzielt BorgWarner auch in Asien. Der Eintritt neuer Konkurrenten treibt Matthes indes keine Sorgenfalten auf die Stirn, „denn der Markt ist groß, wächst schnell und kann auch noch zusätzliche Wettbewerber vertragen.“ Erst im Februar hatte der Heidelberger Zulieferer IHI Charging Systems International, ein Gemeinschaftsunternehmen der japanischen IHIGruppe aus Tokio und der Daimler AG, erklärt, in Arnstadt ein Werk für Turbolader bauen zu wollen. Auch Continental, hier die Bereiche der zugekauften Siemens-Tochter VDO, beschäftigt sich mit der Entwicklung von Aufladungssystemen. „Unser Bestreben ist es nicht, der weltgrößte Hersteller von Turboladern zu werden. Wir wollen technologisch führend sein und wir wollen natürlich Geld verdienen“, macht Matthes deutlich, dass er auch künftig auf die Profitabilität der Aufträge achten wird.