Die Chinesen wollen liefern

Es war ein spektakulärer Auftritt auf der IAA Mobility in München. Während viele ausländische Marken der Messe fernblieben, sorgte Great Wall Motor gleich mit zwei Ständen für Aufmerksamkeit. Die Chinesen wollen mit Wey und Ora zwei Marken in das Rennen um europäische Kunden schicken.

Während Ora mit einem poppig-bunten Anstrich für bezahlbare Elektromobilität steht, wildert Wey mit dem großen SUV Coffee 01 in den Revieren von Audi, BMW oder Mercedes. Der Plug-in-Hybrid schafft 150 Kilometer elektrische Reichweite, was bisher konkurrenzlos ist. Die ersten Auslieferungen nach Deutschland sind für die erste Hälfte des kommenden Jahres geplant.

Vorbei sind die Zeiten, als veraltetes Design, verheerende Crashtests des ADAC oder üble Gerüche aus dem Innenraum chinesische Fabrikate zum Gespött machten. Der Coffee 01 muss einen Vergleich mit deutschen Premiummarken nicht mehr scheuen. "Die Modelle sind technisch auf dem aktuellen Stand. Dies gilt insbesondere für batterieelektrische Fahrzeuge, die häufig vor allem bei der Reichweite punkten können. Auch bei der Sicherheitsausstattung, der Fertigungsqualität wie auch beim Design bezüglich des Interieurs und Exterieurs vermeiden die Hersteller Experimente", sagt Stefan Reindl, Chef des Instituts für Automobilwirtschaft.

So hat sich etwa die Marke MG, die zum größten chinesischen Autobauer SAIC gehört, in den vergangenen zwei Jahren in Europa klammheimlich etabliert. Mit 8400 verkauften Fahrzeugen im September 2021 wurde der höchste Wert in einem Monat erreicht. In den ersten drei Quartalen dieses Jahres waren es 37.220 Einheiten. Und der Trend zeigt nach oben. "Wir sind die am schnellsten wachsende Marke in Europa", sagt Europa-Chef Matt Lei nicht ohne Stolz. In Deutschland soll es zum Jahresende 100 Händler geben.

Mit dem Marvel R steht nun ein Elektro-SUV im Showroom, das ID.4 und Škoda Enyaq gefährlich werden könnte. Zwar ist das Auto mit einem Preis von rund 50.000 Euro in der Top-Variante kein Schnäppchen, dafür erhält der Kunde Vollausstattung und Technik der Oberklasse wie teilautomatisiertes Fahren.

Und im Gegensatz zu deutschen Herstellern können die Asiaten derzeit liefern. Aiways vertreibt seinen U5 über den Elektronikmarkt Euronics. "Der Wettbewerb könnte vor allem den VW-Konzern im gehobenen Volumensegment treffen. Aber auch Premiumhersteller stehen für einige neue Player durchaus im Fokus ihrer Wettbewerbsstrategien", sagt Reindl.

Der Geely-Konzern hat mit Polestar seine elektrische Edelmarke in Ergänzung zu Volvo positioniert. Mit Nio steht ein weiterer Hersteller aus China mit Ambitionen am Start. In Norwegen ist das Flaggschiff ES8, das es mit BMW X5 oder Tesla Model X aufnehmen soll, bereits bestellbar. Deutschland soll folgen.

Zwar werden es nicht alle Marken schaffen, aber die Zeit der europäischen Überheblichkeit dürfte vorbei sein. Reindl:"Ja, die neuen Anläufe einzelner Hersteller sind durchaus ernst zu nehmen. Sie werden Fehler – wie sie etwa Brilliance oder auch später dann Borgward gemacht haben – nicht wiederholen."

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