Für eine Reihe von Zulieferungen aus der Ukraine und Russland müssen deutsche Unternehmen sich andere Quellen suchen. Ganz wichtig für die Automobilhersteller sind die Kabelbäume, ohne die kein Fahrzeug funktioniert und die auch nicht nachträglich verbaut werden können, was schon zu Produktionsstopps geführt hat.
Auf den ersten Blick hat die Ukraine hier keine besonders hohe Bedeutung. Liegt sie doch mit Kabelbaumexporten im Wert von 1,2 Milliarden US-Dollar pro Jahr weltweit nur auf Rang zehn der größten Kabelbaum-Exportländer (mit 3,4 Prozent aller Lieferungen), wie die Unternehmensberatung AlixPartners recherchiert hat. Allerdings ist sie für Deutschland der drittgrößte Kabelbaumlieferant. Aus Sicht der Ukraine geht rund die Hälfte aller Kabelbäume nach Deutschland.
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Dem Wert nach betrachtet, kamen 2020 11,6 Prozent aller deutschen Kabelbaumimporte direkt aus der Ukraine. Aus Rumänien kamen 21,3 Prozent und aus Tunesien 13,0 Prozent. Allerdings dürfte die Abhängigkeit noch höher liegen, wie die Experten von AlixPartners betonen. Denn bei den Kabelbäumen sei die Ukraine auch Unterlieferant für Kabelbäume, die in Rumänien, aber auch in Tschechien, Polen oder Ungarn final montiert werden.
In dieser Betrachtung des Kabelbaumimports aus der Ukraine nach Deutschland bleibt zudem außen vor, dass natürlich ukrainische Kabelbäume auch in vielen osteuropäischen Werken deutscher Automobilhersteller verbaut werden. Vom Kabelbaummangel fast nicht betroffen sind hingegen Automobilwerke in Italien, Frankreich und England, die Kabelbäume häufiger aus Nordafrika beziehen.
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Kurzfristig sei die einzige Chance für deutsche Automobilhersteller, dass die Zulieferer schnell die Produktion beziehungsweise Montage verlagern, betont man bei AlixPartners. Das sollte prinzipiell möglich sein, denn bei den Werken in der Ukraine handele es sich um Standorte westlicher Zulieferer, die ein weites Netzwerk aus Montagestandorten in Niedriglohnregionen Osteuropas sowie Nordafrikas aufgebaut hätten: "Fast jeder der globalen Top 10 Hersteller von Fahrzeugkabelbäumen hat zumindest einen Montagestandort in der Ukraine." Die Ukraine biete ein vergleichsweise niedriges Lohnniveau, was wichtig ist, weil die Kabelbaumfertigung fast nicht zu automatisieren ist. Zudem ist es aus der westlichen Ukraine nicht weit zu Zuliefer- und Fahrzeugproduktionsstandorten in Polen, Rumänien, der Slowakei und auch Deutschland.
Die größte Herausforderung bei der Verlagerung der Kabelbaumproduktionen seien "die Verfügbarkeit und das Einlernen von Personal, die Verlagerung der Montageboards sowie des Testequipments", heißt es bei AlixPartners. Einige hätten bereits vor Monaten mit der Verlagerung begonnen.
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