Mit Opel und dem Astra ist ein bisschen wie mit der Frankfurter Eintracht und der Bundesliga: Seit Ewigkeiten dabei und trotzdem meist nur ein Mitläufer. Denn für den richtig großen Coup hat den Hessen bei allem Kampfgeist oft das richtige Team gefehlt. Doch alle paar Jahre bekommt der Underdog Oberwasser und kämpft sich auf einen Spitzenplatz. So könnte es jetzt auch mit dem Opel Astra "L" gelingen. Denn wenn die Rüsselsheimer im Frühjahr zu Preisen ab 22.465 Euro die mittlerweile elfte Generation ihres 1936 präsentierten und über Jahrzehnte als Kadett geführten Kompakten – wie gesagt: Traditionsverein! – an den Start bringen, nutzen sie nicht nur geschickt die Stärken des neuen Stellantis-Teams und locken mit mehr hübsch verpackter Konzerntechnik, als es ihnen zu GM-Zeiten je vergönnt war. Sondern ihnen spielt zugleich das Formtief des Wolfsburger-Dauerbrenners in die Hände. Denn seit VW die achte Generation in den Handel gebracht und nebenbei noch eine elektrische Revolution angezettelt hat, glänzt bei den Niedersachsen längst nicht mehr alles, was Golf ist.
Opel dagegen hat den Astra mächtig aufpoliert: Das beginnt bei kreativen Eigenleistungen wie dem cleanen aber dafür umso knackigeren Design ohne überflüssiges Ornat, führt über das digitalisierte Innenleben mit einer soliden Sprachsteuerung und einem vollwertigen Head-Up-Display sowie das stolze Heer an Assistenzsystemen und es mündet in die Elektrifizierung der Antriebe, die so erst im Konzernverbund möglich wurde. Denn zum ersten Mal steht der Astra auch an der Steckdose, kommt zum Sommer als Plug-in-Hybrid in zwei Leistungsstufen mit 180 oder 225 PS und im nächsten Jahr dann sogar voll elektrisch.
Aber es sind nicht nur die großen Dinge, die den Unterschied machen sollen. Sondern Opel will den Golf mit seinen eigenen Waffen schlagen und beweist eine neu entdeckte Liebe zum Detail. Mehr Präzision beim Pressen der Metall- oder beim Gießen der Kunststoffteile als je zuvor, eigens komponierte Warn- und Signaltöne und kuschelige Samtoberflächen in den Ablagen oder im Handschuhfach, damit nichts klappert – so sorgsam waren sie zuletzt selten in Rüsselsheim.