Die Straßen sind in den vergangenen Jahrzehnten deutlich sicherer geworden. Von mehr als 21.000 Verkehrstoten in Deutschland im Jahr 1970 ist es gelungen, diese Zahl auf zuletzt 2450 zu senken. Geschafft wurde das durch Eingriffe des Gesetzgebers, den Erfindergeist der Automobilindustrie und nicht zuletzt dank der Prüforganisationen. Sie wachen mit der Hauptuntersuchung (HU) darüber, dass nur verkehrstaugliche Autos auf den Straßen unterwegs sind. Über die Jahre haben Dekra, GTÜ, KÜS und die TÜVs dabei kräftig aufgerüstet, um mit dem Fortschritt in der Fahrzeugtechnik Schritt zu halten. Gerade in den vergangenen 20 Jahren ist viel passiert.
"Ein Prüfingenieur auf dem Ausbildungsstand des Jahres 2002 könnte heute keine HU mehr durchführen", sagt Jann Fehlauer, heute Geschäftsführer der Dekra Automobil GmbH, damals junger Prüfingenieur in Braunschweig. Das bestätigt auch Robert Köstler, 2002 technischer Leiter und heute Chef der GTÜ: "Das ist eine andere Welt geworden." Damals wurde im Grunde nur eine physische Funktionsprüfung des Fahrzeugs vorgenommen. Der Ingenieur schaute sich beispielsweise das Auto auf der Hebebühne an, schickte es auf den Bremsprüfstand und sah nach, ob das Licht funktioniert. An eine Nutzung von Fahrzeugdaten wie heute war nicht zu denken.
"Vorhandene elektronische Bauteile wie ABS und Airbag konnten somit noch nicht wirklich überprüft werden", sagt Jürgen Wolz, heute Mitglied der Geschäftsleitung von TÜV Süd Mobility, vor 20 Jahren Niederlassungsleiter. Ein Meilenstein, diesen Missstand zu beheben, war 2004 die Gründung der Fahrzeugsystemdaten GmbH (FSD) durch alle Prüforganisationen. Sie entwickelte in der Folge den HU-Adapter, der 2015 eingeführt wurde. Damit habe man endlich elektronische Bauteile im Rahmen der Hauptuntersuchung prüfen können, sagt Wolz. "Das ist inzwischen schon wieder sieben Jahre her.
Die Entwicklung geht weiter, und zwar schnell", sagt Matthias Schubert, Chef der Mobilitätssparte beim T V Rheinland. Vor allem der Einzug immer neuer Sensoren und Assistenzsysteme hat den HU-Fortschritt befeuert. Denn ob ein Spurhalteassistent richtig funktioniert, kann ebenso relevant für die Sicherheit sein wie der Zustand der Bremsen. "Wir sind gerade in einem Zwischenstadium", sagt Fehlauer. Einerseits gebe es die alte Welt mit der bewährten physischen Prüfung, die auch in Zukunft unerlässlich sei. Gleichzeitig sei die neue Welt mit datenbasierten elektronischen Untersuchungsmethoden mitten in der Entwicklung und Umsetzung.
"Fahrassistenzsysteme entwickeln sich zügig Richtung automatisiertem Fahren. Da müssen wir bei der HU dranbleiben", sagt Schubert.