Wie aus 2,2 Milliarden Euro ein Rubel wird

Das Aus für die teilweise jahrzehntelange Präsenz der westlichen Automobilindustrie in Russland bedeutet für die meisten Unternehmen hohe Verluste und Abschreibungen. Mehr als 400 Unternehmen haben das Land seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine am 24. Februar verlassen.

Das am tiefsten mit der russischen Autobranche verquickte Unternehmen ist Renault durch seine Mehrheitsbeteiligung an der AvtoVaz-Gruppe (Lada). Renault hatte die Beteiligung jüngst selber auf einen Wert von umgerechnet 2,2 Milliarden Euro taxiert. Doch diesen Betrag muss Renault jetzt wohl vollständig abschreiben.

Nach langem Zögern hatte sich Renault-Chef Luca de Meo unter dem Eindruck wachsenden öffentlichen und politischen Drucks dazu entschlossen, den 68-prozentigen Anteil an einen russischen Käufer abzugeben. Der scheint nun gefunden worden zu sein.

Die russische Nachrichtenagentur berichtete am Mittwoch unter Berufung auf den russischen Handelsminister Denis Mantourow, das russische automobile Forschungsinstitut NAMI werde die Renault-Beteiligung komplett übernehmen - für den symbolischen Betrag von einem Rubel. Das entspricht aktuell 1,3 Euro-Cent.

Renault kommentierte diese Angaben zunächst nicht, ebenso wenig die französische Regierung. Der französische Staat hält 15 Prozent an Renault.

Interfax zufolge soll sich Renault allerdings die Option gesichert haben, seine AvtoVaz-Beteiligung innerhalb von fünf bis sechs Jahren zurückzukaufen - zu welchem Preis, das bleibt allerdings ungewiss. Mantourow erklärte zumindest, sofern die russische Seite künftig Investitionen vornehmen, so würden diese Kosten bei einem späteren Rückkauf Renault in Rechnung gestellt. "Es wird hier keinerlei keine Geschenke geben", so Mantourow.

Interfax zufolge kündigte der russische Minister auch an, das Renault-Werk bei Moskau in die Hände der Moskauer Stadtverwaltung und somit des Staates zu übergeben. Dies wäre dann der erste Fall einer staatlichen Enteignung westlicher Industrieunternehmen, die die russische Regierung nach dem Auszug zahlreicher westlicher Firmen aus dem Land angedroht hatte.

Auch andere große Unternehmen aus der Automobil- und Elektronikbranche haben ihre russischen Aktivitäten ganz oder überwiegend beendet und sind zu hohen Abschreibungen gezwungen.

So erklärte am Mittwoch der französische Elektronikriese Schneider Electric, seine Produktionsstätten und Aktivitäten in Russland und Belarus zu verkaufen. Käufer sei das lokale Management. Dazu müssten netto 300 Millionen Euro abgeschrieben werden.

Der Rückzug von Mercedes kostet den Stuttgarter Konzern ebenfalls viel Geld: Das Aus für den Export von Fahrzeugen und Ersatzteilen nach Russland und der Produktionsstopp in den Werken dort belaste Mercedes im ersten Quartal mit 709 Millionen Euro, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit.

Seine rund 1000 Mitarbeiter im Werk bei Moskau bezahlt Mercedes aber weiter und auch die Beteiligung von 15 Prozent am russischen Lastwagen- und Rüstungskonzern Kamaz bleibt vorerst bestehen. Mercedes könne diese Anteile aktuell auch nicht auf die neue eigenständige Einheit Daimler Truck übertragen, erklärte der Konzern.

Aus dem Datencenter:

Absatz von Pkw in Russland nach Marken 2021