In den vergangenen Jahren waren Mercedes, BMW und seit etwa 20 Jahren Audi ziemlich unangefochten auf dem Markt für Premium-Automobile. Weder Lexus noch Infinit haben sich in Europa zu ernsthaften Konkurrenzen entwickelt. Doch mit dem Durchbruch der Elektromobilität werden die Karten neu gemischt: Gleich mehrere Marken rüsten sich für den Angriff. Die Automobilwoche präsentiert eine Auswahl.
Tesla ist als Marke, die Umweltschutz und Technologievorreiterschaft verbindet, ein starker neuer Wettbewerber geworden. Die Marke unter Führung von Elon Musk ist nicht nur mit Abstand der wertvollste Autobauer der Welt, inzwischen steigen auch die Stückzahlen. Das liegt zum Teil an der hohen Nachfrage. Selbst wenn andere Marken inzwischen ebenfalls Autos mit Elektroantrieb anbieten, hat Tesla noch mindestens zwei Vorteile: Den Vorsprung beim Thema Software und die enorme Strahlkraft der Marke. Hinzu kommt, dass die Amerikaner deutlich weniger unter dem Chipmangel leider als die Konkurrenz. Tesla gilt als Vorbild für zahlreiche andere Marken, die diesen Erfolg nachahmen wollen.
Lucid: Unter der Führung des früheren Tesla-Entwicklers Peter Rawlinson setzt Lucid alles daran, das große Vorbild zu übertreffen: Mit mehr PS, mehr Reichweite, mehr Luxus – und dem höheren Preis: Stolze 218.000 Euro sollen die ersten Modelle des Air in der Dream Edition kosten. Für die Zukunft hat das Unternehmen auch günstigere Varianten sowie ein SUV angekündigt. Ob die Marke Erfolg haben wird, lässt sich schwer vorhersagen. Den ersten Tests nach können die Produkte überzeugen, aber die Konkurrenz ist inzwischen deutlich zahlreicher als noch vor ein paar Jahren.
Nio: Die Besonderheit der chinesischen Marke ist ihr System zum Tauschen der leeren Akkus, die den Kunden das Warten während des Aufladens ersparen soll. Der Aufbau der nötigen Wechselstationen kostet allerdings Zeit und Geld. Ob sich das rechnet, muss man abwarten. In China ist Nio in den vergangenen Jahren jedenfalls stark gewachsen. Für die Fahrzeuge sprechen die günstigen Preise sowie die digitale Assistentin Nomi, die mit Hilfe künstlicher Intelligenz den Fahrer im Alltag unterstützt.
Polestar: Die schwedische-chinesische Marke Polestar, ein Joint Venture von Volvo und dessen Mutterkonzern Geely, profitiert von der bei beiden Unternehmen vorhandenen Kompetenz bei der Entwicklung und dem Bau von Automobilen. Allerdings ist das Mittelklasse-Modell Polestar2 inzwischen seit knapp zwei Jahren auf dem Markt und hat den Erfolg des Tesla Model 3 bisher nicht nennenswert gefährdet. Im Laufe des Jahres soll das SUV Polestar3 das Angebot ergänzen – doch SUVs mit Elektroantrieb sind inzwischen auch keine Seltenheit mehr.
Scout: VW hat sich auf dem US-Markt schon seit Jahren schwergetan. Während Konkurrenten wie Toyota keine Probleme damit hatten, die von den Kunden gewünschten Pick-ups sowie günstige und einfache Pkw anzubieten, scheiterten die Wolfsburger lange an dieser Herausforderung. Mit der Einführung des extra für den Markt entwickelten US-Passats schien es vor zehn Jahren in die richtige Richtung zu gehen, doch der Diesel-Skandal warf den Autobauer ab 2015 erneut zurück. Jetzt sollen ein neuer Markenname und neue Modelle endlich den Erfolg bringen: Unter dem Namen Scout will Volkswagen ab 2026 in den USA entwickelte und gebaute Fahrzeuge auf den Markt bringen. Zunächst sollen ein Pick-up und ein rustikales SUV angeboten werden, beide mit Elektroantrieb. Das könnten Fahrzeuge ganz nach dem Geschmack der Amerikaner werden. Doch bis 2026 kann noch viel passieren. Die Konkurrenz schläft nicht. Ford und Rivian bieten bereits in diesem Jahr Pick-ups mit Elektroantrieb an und so manch ein Rivale wird nicht bis 2026 brauchen, um ein Konkurrenzmodell auf die Straße zu bringen.
Aus dem Datencenter:
Entwicklung der reinen Elektroautos in Deutschland Januar 2020 bis April 2022
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