Wie viele große Autohändler ist auch die Tiemeyer-Gruppe seit Jahren auf Wachstumskurs. Zum Ende des vergangenen Geschäftsjahres am 31. August verzeichnete der Bochumer VW-Konzernhändler getrieben von Übernahmen und steigenden Fahrzeugpreisen einen Rekordumsatz von rund 860 Millionen Euro. 21.150 Gebraucht- und 12.705 Neuwagen sowie 354.185 verkaufte Werkstattstunden standen zu Buche. Im Interview mit der Automobilwoche schwört Firmenchef Heinz-Dieter Tiemeyer die Branche nun jedoch auf harte Zeiten ein.
Herr Tiemeyer, wie laufen die Geschäfte?
Wir haben im Neuwagenbereich den höchsten Auftragsbestand aller Zeiten. Die Orderzahlen sind doppelt so hoch wie in normalen Jahren. Wir könnten theoretisch ein halbes Jahr lang nur ausliefern ohne zu verkaufen. Liefertreue ist bei den Herstellern mittlerweile leider ein Fremdwort. Dank der hohen Gebrauchtwagenpreise wird aber auch dieses Jahr wieder sehr ordentlich werden. Danach sieht es wegen der aktuellen politischen und wirtschaftlichen Lage deutlich schlechter aus. Es zeichnet sich ab, dass wir in eine große Weltwirtschaftskrise schlittern. Und das gilt besonders für den Autohandel. Hier kommt noch hinzu, dass durch die E-Mobilität unsere Werkstattumsätze um rund 30 Prozent sinken werden. Parallel dazu wechseln die Hersteller ins Agentursystem um Vertriebskosten zu sparen. Das wird die Rentabilität im Neuwagenbereich senken. Und aktuell nimmt Volkswagen auch noch den Gebrauchtwagenbereich ins Visier – unser Portfolio kommt von allen Seiten unter Druck. Wir als Handel stehen gerade auf dem Berg und schauen in ein sehr tiefes Tal.
Wie wollen Sie sicherstellen, dass die Tiemeyer-Gruppe zu denen gehört, die aus diesem Tal wieder herauskommen?
Wir haben noch keine komplett neue Strategie, aber wir haben alternativen gefunden: Wir bauen gerade unsere Autovermietung deutlich aus. Aktuell haben wir 700 Fahrzeuge in unserer Mietflotte. Darunter sind auch Reisemobile. Wir arbeiten seit März 2022 mit Malibu Rent zusammen. Bis Ende des Jahres will ich 40 bis 60 Camper in der Flotte haben. Die Zahl der Mieten insgesamt soll von 40.000 auf 45.000 wachsen. Daneben stellen wir uns im Karosserie- und Lackbereich neu auf und wollen uns für Aufträge von Fremdfirmen öffnen. Zudem wollen wir mit Hilfe eines neuen Logistikzentrums in den nächsten drei Jahren 10.000 Gebrauchtwagen mehr verkaufen