Carlos Tavares hat auf den Tisch gehauen. Mit dieser Lobby-Truppe, so hat er sich offensichtlich gesagt, kann man keine Schlacht gewinnen - und erst recht keinen Meinungskrieg. Der tobt ja bekanntlich seit Jahren in Europa rund um die Elektromobilität. In der vergangenen Woche entschied das EU-Parlament, ab 2035 keine neuen Verbrenner-PKW und leichten Nutzfahrzeuge mehr auf dem Gebiet der Europäischen Union zuzulassen.
Tavares geht es um die Wettbewerbsfähigkeit vor allem seiner eigenen 14 Marken im Konzern. Mit dem klassischen Lobby-Selbstverständnis des ACEA befürchtet er, noch weiter zu einer vernachlässigbaren Interessengruppe in Brüssel degradiert zu werden.
Der ACEA reagierte auf den EU-Parlamentsbeschluss mit einem ziemlich deutlichen Nein. Der wiedergewählte ACEA-Präsident und BMW-Chef Oliver Zipse äußerte sich "beunruhigt" über das Datum 2035, erklärte aber zugleich, die europäische Automobilindustrie werde "voll und ganz beitragen zu einem karbonneutralen Europa im Jahr 2050." Zipse nannte das Datum "verfrüht" und forderte eine Neubwertung des Beschlusses auf halbem Weg, um gegebenfalls den Total-Ausstieg aus dem Verbrenner nach hinten zu verschieben.
Genau das schmeckt Tavares ganz und gar nicht. Er hat sich für alle 14 Marken des Stellantis-Konzerns eindeutig auf ein Verbrenner-Aus bereits im Jahr 2030 eingestellt. Sollten andere Hersteller aber sogar noch über 2035 hinaus Verbrenner-Pkw verkaufen können, würde dies Stellantis empfindlich treffen. Denn auch in 13 Jahren wird es noch einen Preisaufschlag für E-Fahrzeuge geben, ebenso höchstwahrscheinlich Nachteile in der Convenience - Stichwort Ladeinfrastruktur.
Tavares führt innerhalb von Stellantis schon seit fast zwei Jahren regelmäßige offene "Talks" zum Thema Mobilität durch, in denen er auch für die Autoindustrie unbequeme Themen aufgreift. Dieses Format will er nun in Gestalt eines "Freedom of Mobility Forums" in größerem Umfang und mit möglichst vielen Playern fortführen - und damit die öffentliche Meinung, aber auch insbesondere die Entscheider in den Parlamenten mit Fakten konfrontieren, die in so mancher Diskussion um die E-Mobilität an den Rand gedrängt wurden.