Nach vorläufigen Veröffentlichungen der jeweiligen nationalen Automobilverbände lagen die westeuropäischen Pkw-Neuzulassungen im Juni 2022 mit zirka 961.000 Pkw etwa 17 Prozent unter Vorjahresniveau. Verglichen mit einem mittleren Juni der Jahre 2015 bis 2019 beträgt das Minus 31 Prozent. Es ist der niedrigste Juni-Wert in Westeuropa seit der Existenz der Neuzulassungsstatistiken in heutiger Form. Nach sechs Monaten steht mit knapp 5,03 Millionen Neuzulassungen ein Minus von 14 Prozent gegenüber dem schwachen Vorjahr zu Buche. Im Vergleich zu den fünf Jahren vor der Pandemie ist es allerdings ein Minus von 35 Prozent. Nur im Jahr 2020, dem ersten Jahr der Pandemie gab es ein niedrigeres Halbjahresergebnis.
Westeuropas Pkw-Märkte leiden weiter unter der Angebotskrise
Fehlende Vorprodukte behindern weiterhin die Auslieferung neuer Pkw. Der abgelaufene Monat brachte das niedrigste Juniergebnis aller Zeiten. Selbst wenn es in den kommenden Monaten zu einer Erholung kommt, werden die Neuzulassungen dieses Jahr die zehn Millionen-Marke voraussichtlich verfehlen.
Seit Beginn der Pandemie spiegeln die Neuzulassungen die tatsächliche Nachfrage nicht mehr wider. Bis Mitte 2021 wurden sie hauptsächlich durch die eingeschränkten Verkaufsmöglichkeiten beeinflusst. Als sich dies zu normalisieren begann, kam die Halbleiterkrise, die zu Produktionsausfällen führte. Wann wieder ausreichend Halbleiter zur Verfügung stehen werden, ist im Moment noch nicht abzusehen. Mit Beginn des Krieges in der Ukraine sind neue Produktionseinschränkungen durch fehlende Komponenten hinzugekommen. Niemand kann zurzeit sagen, wann dieser Krieg zu Ende geht und wie schnell die Lieferketten danach wieder funktionieren. Hinzu kamen in einigen Regionen Chinas steigender Corona-Infektionen, die den Hafen von Schanghai vorübergehend stilllegten. Zwar hat sich die Situation dort normalisiert, aber noch haben nicht alle Containerschiffe ihre Zielhäfen erreicht.
Die aktuelle Situation macht zum jetzigen Zeitpunkt eine exakte Prognose schwierig. Im laufenden Jahr und auch in den ersten Monaten des kommenden Jahres werden die Neuzulassungen noch hauptsächlich von der Verfügbarkeit neuer Modelle abhängen. Für die verbleibenden sechs Monate geht die Automobilwoche von einem Plus von insgesamt 0,8 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum aus. Das würde für das Gesamtjahr Neuzulassungen in Höhe von 9,8 Millionen Pkw bedeuten. Damit würde das Vorjahresergebnis um 7,6 Prozent verfehlt. Bei diesem – vorsichtig optimistischen - Szenario wird davon ausgegangen, dass die Neuzulassungen in den kommenden Monaten erst einmal auf dem jetzigen niedrigen Niveau bleiben, bevor sie sich im Laufe des vierten Quartals wieder erholen. Damit würden sie gut 30 Prozent unter dem mittleren Ergebnis der Jahre 2015 bis 2019 liegen.
Würde die aktuelle negative Dynamik – auch ohne Verschärfung – bis zum Jahresende weiter bestehen, gingen die Neuzulassungen in Westeuropa auf weniger als 9,3 Millionen Pkw zurück.
Die aktuelle Situation ist eindeutig eine Angebotskrise. Das Potenzial für einen starken Anstieg der Neuzulassungen ist aufgrund hoher Auftragsbestände auf jeden Fall vorhanden. Nur wann die Hersteller diese erhöhten Auftragsbestände abbauen können, ist noch ungewiss. Dann könnte es zu einem vorübergehenden starken Anstieg der Neuzulassungen kommen. Für die Zeit danach stellt sich die Frage wie sich die Nachfrage entwickelt. Die stark gestiegenen Lebenshaltungskosten sowie die hohen Staatsausgaben durch die Pandemie und den Ukraine-Krieg werden das Konsumverhalten der Verbraucher sicher beeinflussen. Es ist davon auszugehen, dass die Pkw-Nachfrage dann deutlich unter dem Niveau der vorpandemischen Jahre bleiben wird und die hohen Neuzulassungszahlen der vergangenen Jahre von bis zu 14 Millionen Pkw und mehr so schnell nicht wieder erreicht werden.
In Großbritannien lagen die Neuzulassungen im Juni 24,3 Prozent unter Vorjahr und 42 Prozent unterhalb des mittleren Juniwertes der Jahre 2015 bis 2019. Nach sechs Monaten liegen die 802.000 Neuzulassungen nur 11,9 Prozent unter dem schwachen Vorjahr, aber gegenüber einem mittleren Ergebnis der fünf vorpandemischen Jahre beträgt das Minus 40 Prozent.
Unter der allgemeinen Annahme einer Stabilisierung und einer beginnenden Erholung noch im vierten Quartal ergäbe sich für das laufende Jahr ein Rückgang um drei Prozent auf 1,6 Millionen Pkw. Damit würde der Pkw-Markt aber immer noch 37 Prozent niedriger sein als im Mittel der Jahre 2015 bis 2019.
Die Neuzulassungen in Frankreich lagen im Juni 14,2 Prozent unter Vorjahr. Das erste Halbjahr schließt mit einem Minus von 16,3 Prozent und 772.000 Neuzulassungen ab. Das Ergebnis liegt 33 Prozent unter dem Mittel der Jahre 2015 bis 2019.
Für 2022 ergibt das leicht optimistische Szenario Neuzulassungen in Höhe von 1,5 Millionen Pkw, ein Minus von zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dies wären 29 Prozent weniger als im Mittel der fünf vorpandemischen Jahre.
Italiens Neuzulassungen gingen im Juni gegenüber dem Vorjahr um 15 Prozent zurück, nach sechs Monaten gibt es mit 684.000 Neuzulassungen ein Minus von 23 Prozent. Verglichen mit den Vorjahren (mittlerer Wert der Jahre 2015 bis 2019) sind dies Rückgänge von 26 Prozent (Juni) und 36 Prozent für das erste Halbjahr.
Für das laufende Gesamtjahr wird ein Neuzulassungsergebnis von 1,25 Millionen Pkw erwartet, ein Minus von 14 Prozent zum Vorjahr und immer noch weit (minus 35 Prozent) vom Mittel der Jahre 2015 bis 2019 entfernt.
Der Juni brachte in Spanien ein Minus gegenüber dem Vorjahr von nur 7,8 Prozent. Es ist die geringste Abweichung aller fünf großen westeuropäischen Märkte. Nach Ablauf der ersten sechs Monate steht mit knapp 408.000 Neuzulassungen ein Minus von elf Prozent zu Buche. Verglichen mit den Werten von 2015 bis 2019 ergibt sich für Juni ein Minus von 32 Prozent und für die ersten sechs Monate ein Rückgang von 38 Prozent.
Die beschriebene, angenommene Entwicklung bis Jahresende würde einen Rückgang um sieben Prozent auf 800.000 Neuzulassungen bringen, 35 Prozent niedriger als im Mittel der fünf Jahre vor der Pandemie.
In Deutschland brachte der Juni ein Minus von 18,1 Prozent, das erste Halbjahr liegt mit 1,238 Millionen Neuzulassungen elf Prozent unter Vorjahr. Gegenüber 2015 bis 2019 lag der abgelaufene Monat 31 Prozent im Minus, für die ersten sechs Monate beträgt der Rückgang 30 Prozent.
Für das laufende Jahr ergibt das angenommene Szenario - mit ersten Erholungstendenzen in den kommenden Monaten - Neuzulassung in Höhe von 2,5 Millionen Pkw. Dies wäre ein Minus von knapp fünf Prozent gegenüber vergangenem Jahr und immer noch 27 Prozent weniger als im Mittel der Jahre 2015 bis 2019.
Aus dem Datencenter:
Pkw-Neuzulassungen in Westeuropa im Juni 2022
Pkw-Neuzulassungen in Westeuropa nach Ländern im Juni 2021 und 2022
Pkw-Neuzulassungen Westeuropa – Juni 2022 und Prognose 2022
Neuzulassungsveränderung in Westeuropa nach Ländern im Juni 2022
Prognose der Neuzulassungsveränderung in Westeuropa nach Ländern 2022 zum Juni
Pkw-Neuzulassungen in Westeuropa im Juni der Jahre 2000 bis 2022