"Wir reden nicht, wir handeln! ... Dabei halten wir auch in ungewöhnlich herausfordernden Zeiten an unseren ambitionierten Nachhaltigkeitszielen und an unserer Strategie fest." So positioniert Joachim Post, Vorstand für Einkauf und Lieferantennetzwerk bei BMW, sein Unternehmen in Sachen Nachhaltigkeit. Dabei macht das von Post ausgerufene Ziel – "die nachhaltigste Lieferkette in der Automobilindustrie" zu haben – zu großen Teilen auch wirtschaftlich viel Sinn.
Energie wird teurer – also zahlt es sich aus, Energie einzusparen. Wichtige Rohstoffe werden ebenfalls teurer oder sind nur noch schwer zu bekommen – da hilft es sehr, die Materialien, die man bereits in Fahrzeugen verbaut hat, später zurückzugewinnen und erneut zu verwenden, statt viel Geld für neue Materialien zu zahlen, bei deren Gewinnung und Verarbeitung viel CO2 ausgestoßen wird.
Mit dem Schwenk zur Elektromobilität wird deutlicher als je zuvor, wo der Fokus liegen muss. Denn die Gewichte verschieben sich. Der klassische Verbrenner hinterlässt über sein gesamtes Leben im Schnitt einen CO2-Fußabdruck von 54 Tonnen, wie BMWs Nachhaltigkeitschef Thomas Becker erläutert. Davon entstehen rund 40 Tonnen, also drei Viertel, durch die Kraftstoffverbrennung im Betrieb.
Wenn ein rein elektrischer BMW i4 stets mit Grünstrom gefahren wird, verursacht er über sein gesamtes Leben nur noch 15 Tonnen CO2. Und die entfallen praktisch komplett auf die Herstellung. Davon entstehen nur rund 350 Kilogramm im BMW-Werk. Also entstehen fast alle CO2-Emissionen in der Lieferkette bis zum Werkstor.
Die Zulieferer müssen also mit ins Boot geholt werden. Wie Post berichtet, hat BMW bereits mehr als 400 Lieferanten vertraglich verpflichtet, grünen Strom einzusetzen, um so CO2 einzusparen. Das Unternehmensziel, bis 2030 im Vergleich zum Jahr 2019 die CO2-Emissionen in der Lieferkette um 20 Prozent zu reduzieren, wirkt auf den ersten Blick wenig ambitioniert. "Doch mehr E-Mobilität führt in der Lieferkette zunächst zu einem Anstieg an CO2-Emissionen pro Fahrzeug und zwar um deutlich mehr als 40 Prozent bis 2030", betont Post. Es gilt also darum, diese 40 Prozent zu kompensieren und zusätzlich 20 Prozent einzusparen, in der Summe also um rund 60 Prozent.
Ein sehr großer Effekt ergibt sich, wenn man wie erwähnt den ersten Teil der Lieferkette obsolet macht und recyceltes Material verwendet. Bei Alu sinkt der CO2-Fußabdruck BMW zufolge dadurch um 80 Prozent, bei Stahl um 50 bis 80 und bei thermoplastischen Kunststoffen ebenfalls um 50 bis 80 Prozent. In den neuen Fahrzeugen will BMW den Anteil solcher Sekundärrohstoffe von derzeit 30 auf 50 Prozent steigern – dies allerdings ohne Zeitvorgabe, weil es hier noch viele Unwägbarkeiten gebe. Stahl mit Schrottanteilen setzt BMW schon ein, ab 2025 kommt mit grünem Wasserstoff hergestellter CO2-reduzierter Stahl zum Einsatz. Die Alu-Räder des neuen Mini Countryman sollen ab 2024 zu 70 Prozent aus recyceltem Aluminium gegossen werden.