Weitere Preisschocks drohen

Die Kraftstoffpreise in Deutschland könnten unabhängig vom bevorstehenden Ende des Tankrabatts in den kommenden Monaten deutlich steigen. Darauf wies der Branchenverband der Mineralölwirtschaft En2x heute in einer Pressekonferenz anlässlich des Auslaufens des Tankrabatts hin. Durch die Energiesteuer, die ab 1. September wieder in voller Höhe erhoben wird, erhöht sich nach Angaben von En2x-Hauptgeschäftschäftsführer Adrian Willig der Steuersatz auf Benzin und Diesel von rund 36 und 33 Cent auf rund 65 und 47 Cent.

Aktuell leide die Branche zusätzlich aber unter explodierenden Logistikkosten. Willig zufolge hätten sich diese zuletzt um den Faktor fünf bis zehn vervielfacht. Ursache seien unter anderem das Niedrigwasser auf dem Rhein, eine Überlastung des Schienennetzes sowie ein Mangel an Tankkraftwagenfahrern. Die gestiegenen Logistikosten seien auch der Grund, warum die Kraftstoffpreise an den Tankstellen zuletzt bereits stärker als die Großhandelspreise gestiegen seien. Die Logistikprobleme führten auch dazu, dass einige Raffinerien nicht unter Volllast arbeiten könnten. Hinzu komme der Teilausfall einer für Süddeutschland wichtigen Raffinerie in Österreich.

Durch die Russlandsanktionen müsse die Branche zudem 20 Millionen Tonnen Dieselimporte aus Russland durch andere Bezugsquellen ersetzen. Das aber, so die Botschaft, ist mit höheren Einkaufspreisen verbunden. Willig verwies außerdem darauf, dass zunehmend Erdgas durch Heizöl substituiert werde. Es gebe einen "Fuel-Switch von Industrie und Stromwirtschaft", so Willig. Die voraussichtliche zusätzliche Nachfrage bezifferte er auf zwischen zwei und fünf Millionen Tonnen Heizöl. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 wurden laut dem Datenportal Statista in Deutschland insgesamt rund elf Millionen Tonnen leichtes und rund zwei Millionen Tonnen schweres Heizöl abgesetzt. Die zusätzliche Nachfrage dürfte angesichts der begrenzten Raffineriekapazitäten für einen deutlichen Preissprung sorgen. Konkret beziffern lasse sich das zu erwartende Preisplus allerdings nicht: "Ich kann keine Vorhersage geben", so Willig.

Den Tankrabatt selbst hielt er für einen Erfolg: "Die Senkung der Energiesteuer kam zur richtigen Zeit – nämlich zu Zeiten besonders hoher Weltmarktpreise. Sie hat damit Kunden in einer besonders schwierigen Phase finanziell entlastet", so Willg. Die Mineralölwirtschaft habe die Steuersenkung zudem "umfassend an die Tankkundinnen und -kunden durchgereicht."

Der Verband rechnet damit, dass es vor dem Ende des Tankrabatts zudem noch einmal ein deutlich erhöhtes Tankaufkommen geben werde.  Ab dem 1. September sei davon auszugehen, dass nicht mehr viel steuervergünstigtes Benzin und Diesel im Angebot sein werde. "Deshalb raten wir dazu, nicht erst mit fast leerem Tank zur Tankstelle zu fahren, sondern regelmäßig nachzutanken", sagte Willig. Der erwartete Ansturm sei gerade vor dem Hintergrund der Logistikprobleme zudem noch einmal eine enorme Herausforderung. Man tue alles, um die Versorgung aufrechtzuerhalten. Dennoch sei nicht auszuschließen, dass Kraftstoffe an den Tankstellen in Einzelfällen ausverkauft seien, sagte Willig.