Autohäuser wollen das Onlinegeschäft nicht mehr Dritten überlassen, sondern selbst daran verdienen. Die AVAG-Gruppe macht es vor. Herr Still, was steckt hinter Ihrer Onlineplattform Alles.Auto?
Roman Still: Alles.Auto ist erst mal die Headline für die E-Commerce-Technologie, die wir entwickelt haben. Ziel ist, das Autohausgeschäft digital abzubilden. Unsere Plattform ist nicht nur auf den Online-Autoverkauf ausgerichtet, sie bietet dem Kunden aber die Möglichkeit dazu. Dann kann er selbst entscheiden, wo er kauft. Das fehlte bislang im Händlerumfeld. Allerdings könnte der Trend zum Agentursystem den Onlinekauf fördern.
Warum sollten sich mehr Verbraucher für den Onlinekauf entscheiden?
- Albert C. Still: Für Onlinekäufer ist heute ausschließlich der Preis entscheidend. Das könnte sich ändern. Wir wollen mit der Plattform dem Kunden alles anbieten, ohne dass sich eine weitere Plattform dazwischen schaltet und dafür Geld kassiert. Wir wollen das selbst in die Hand nehmen. Außerdem steigt mit der Nutzungserfahrung von kleineren Einkäufen auch der Mut, Großeinkäufe online zu erledigen. Aber nur, wenn es bequem und angenehm für den Nutzer ist.
- Entscheidend ist der Markenaufbau. Daran arbeiten manche Plattformen seit Jahren erfolglos.
- Albert C. Still: Es gibt viele, die haben bei null angefangen und sind jetzt groß. Wir haben einen guten Plan. Das schaffen wir auch.
- Wann beginnen Sie?
- Roman Still: Wir wollen nicht im Alleingang, sondern als Händlergemeinschaft noch dieses Jahr an den Start gehen. Mit Werbung legen wir zunächst nur begrenzt los. Nach dem Sommer ist das Werbeumfeld herausfordernd mit Fußball-Weltmeisterschaft und anschließendem Weihnachtsgeschäft. Wir starten eben danach. Und dann richtig. Nicht nur mit einer Anzeige in der Lokalzeitung.
- Mit welcher Amortisationszeit rechnen Sie für die Plattform?
- Roman Still: Das hängt davon ab, wie viele Händler die Plattform nutzen. Es gibt einen Business Case, aber der ist nicht öffentlich.
- Wie viele Händler wollen Sie von einer Investition überzeugen?
- Roman Still: Je mehr, desto besser. Wenn wir als Händlergemeinschaft ein Produkt an den Markt bringen, dann steigt mit der Anzahl der Händler die Attraktivität für den Nutzer.
- Warum ziehen Sie das Projekt nicht ohne Investoren durch?
- Roman Still: Ersetzen Sie Investoren durch Kollegen. Wir decken weder ganz Deutschland noch alle Marken ab. Doch nur mit einer breiten Abdeckung erreichen wir ein breites Publikum. Also nur in der Gemeinschaft.
- Einige Händler arbeiten an solchen Plattformen – die österreichische Sonnleitner-Gruppe, die Dinnebier-Gruppe mit Vehiculum, die Deutsche Autohaus AG. Wo stehen Sie im Vergleich?
- Roman Still: Wir suchen nicht den Vergleich. Wir glauben, dass unsere Technologie sehr gut ist.
- In der Branche heißt es, dass andere Anbieter wie die Deutsche Autohaus AG bereits deutlich weiter sind.
- Roman Still: Wenn wir es im Handel schaffen, zwei Börsen am Markt zu verankern, ist es umso besser. Die Händler haben bislang ja auch verschiedene Plattformen bespielt. Das wird auch in Zukunft so bleiben.
- Gehen Sie mit der Plattform nur in Deutschland an den Start oder auch in anderen Ländern?
- Albert C. Still: Das ist nicht so leicht. Da steckt der Teufel häufig im Detail. Das zeigt das Beispiel Österreich mit der NoVA, der Normverbrauchsabgabe. Sie steigt und fällt mit dem CO2-Ausstoß. Ein Fahrzeug mit Anhängerkupplung hat einen anderen Ausstoß als ohne. Die Systeme müssen entsprechend programmiert werden. Das macht es schwer, Rechnungen zu schreiben. Das musste auch Mercedes-Benz Österreich zum Jahreswechsel bitter erfahren und konnte mehrere Wochen keine Rechnungen stellen. Jedes Land hat da seine eigenen Regelungen. Entsprechend bräuchte man für jedes Land auch eine eigene Plattform.
- Das heißt: Sie starten zunächst in Deutschland und dann in anderen Ländern?
- Albert C. Still: Wir fangen in Deutschland an. Dann schauen wir mal, wie es läuft. Wir machen es Schritt für Schritt.
Aus dem Datencenter:
Die 100 größten Automobilhandelsgruppen in Deutschland nach Gesamtabsatz 2021