Herr Hoellbacher, auf welche Bereiche im Ersatzteilgeschäft konzentrieren Sie sich?
Neben Produkten und Lösungen für die E-Mobilität beschäftigen wir uns auch mit klassischen Verbrennerthemen, da weltweit noch sehr viele herkömmlich betriebene Fahrzeuge auf den Straßen sind. Zudem setzen wir uns mit der Brennstoffzelle auseinander, denn auch das ist die Zukunft.
Aber im Pkw-Bereich sind viele skeptisch, was die Verbreitung der Brennstoffzelle betrifft….
Das ist richtig. Im Pkw-Bereich wird es aus meiner Sicht etwas länger dauern. Aber ein Blick auf den japanischen Markt und die dortigen Fahrzeughersteller zeigt, das andere Regionen bei der Brennstoffzelle bereits intensiver unterwegs sind. Für uns ist vor allem der Lkw-Markt sehr interessant. Auf diesem Feld ist Bosch stark aktiv.
Woran arbeiten Sie bei der Brennstoffzelle?
Zum einen entwickeln wir Ersatzteilkonzepte. Die Brennstoffzelle befindet sich zwar noch in der Entwicklung, aber wir legen schon jetzt mit unseren Kollegen aus der Erstausrüstung die Ersatzteilpakete fest. Das heißt, wenn die Brennstoffzellenfahrzeuge auf den Markt kommen, müssen wir die Ersatzteile dafür auch zur Verfügung stellen können. Zum anderen beschäftigen wir uns mit der Schulung der Werkstattmitarbeiter. Wir arbeiten zudem an Analysesystemen, die benötigt werden, um Brennstoffzellen zu diagnostizieren und auch an Service- und Wartungskonzepten für die Werkstatt.
Interessieren sich die Werkstätten schon für die Thematik?
Das Thema Brennstoffzelle steht bei den Werkstätten in Deutschland noch nicht im Fokus, weil die Fahrzeuge auch noch nicht groß verfügbar sind. Anders sieht es in Asien aus. Dort haben die Fahrzeughersteller bereits ihre eigenen Brennstoffzellen und wir entwickeln dafür Diagnosesysteme sowie Trainings- und Ersatzteilkonzepte. Die Werkstätten in Deutschland beschäftigen sich aktuell eher sehr stark mit dem Thema Elektromobilität und Batteriefahrzeuge. Denn das sind die Autos, die jetzt auch zunehmend in die Werkstätten kommen.
Befürchten Sie Einbußen durch die E-Mobilität?
Aktuell kann niemand so genau abschätzen, welche Umfänge durch Elektrofahrzeuge anfallen. Eine E-Maschine ist sehr wartungsfrei. Aber wir registrieren auch, dass bei den E-Autos, die in die Werkstätten kommen, neue Verschleißteile anfallen.
Welche wären das?
Bei den E-Fahrzeugen wird beispielsweise das Bremssystem deutlich weniger beansprucht, da der Bremsvorgang hauptsächlich über die Generatorbremse gesteuert wird. Die Bremsen der E-Autos müssen aber trotzdem getauscht werden, weil sie schlicht verrosten. Sie werden zu wenig gebraucht. Auch das Thema Thermomanagement bei E-Autos wird zukünftig ein großes Geschäft. Es geht dabei nicht nur um die Kühlung des Innenraums, sondern auch der Batteriesysteme. Aber wenn wir den Antriebsstrang außen vorlassen, unterscheidet sich ein E-Fahrzeug heute kaum von einem klassischen Verbrenner. Scheinwerfer, die Filtration für den Innenraum oder Scheibenwischer unterliegen beim E-Fahrzeug dem gleichen Verschleiß wie bei einem Verbrenner. Und es wird für die Werkstätten neue Aufgabenfelder geben. Die E-Fahrzeuge werden zunehmend vernetzter, das autonome Fahren wird Schritt für Schritt fortschreiten und die Kalibrierung der Sensoren wird sich zu einem eigenen Geschäftsfeld entwickeln.
Welche Bedeutung hat bei Ihnen die Wiederaufbereitung von Teilen?
Damit beschäftigen wir uns schon sehr lange und intensiv. Starter und Generatoren sind ein Beispiel für viele Produkte, die wir im Portfolio haben. Das Thema Nachhaltigkeit treibt den Konzern schon seit langer Zeit um, und wir werden das Geschäft mit wiederaufbereiteten Teilen weiter ausbauen.
Wo sehen Sie im Bereich Aftermarket die größten Hebel, um CO2 einzusparen?
In der Wiederverwendung und Aufbereitung von Bauteilen und bei der Vermeidung von Verpackungsmüll. Mir persönlich und dem gesamten Konzern ist das Thema Nachhaltigkeit sehr wichtig. Ich sehe es als unsere soziale Verpflichtung, nicht nur der nächsten, sondern auch der übernächsten Generation gegenüber. Es ist höchste Zeit, dass wir mehr für diesen Planeten tun.
Wie verteilt sich Ihr Aftermarketgeschäft in den Weltregionen?
Europa ist nach wie vor unsere umsatzstärkste Region. Dann folgt Nordamerika.
Wo wollen Sie Ihre Schwerpunkte setzen?
Asien, Afrika und Indien stehen bei uns weiter im Fokus. Das sind unsere Wachstumsmärkte und wir bauen das Geschäft dort schrittweise aus. Afrika ist allerdings aufgrund seiner Größe und der vielen Länder nach wie vor keine einfache Region.
Vor welchen Herausforderungen steht Ihre Branche allgemein?
Da kommt einiges zusammen. Das eine sind die Lieferketten, die seit Corona durcheinander geraten sind. Wir kämpfen nach wie vor damit, diese aufrechtzuerhalten. Dass uns das ganz gut gelingt, liegt auch daran, dass wir in unserer Logistik eine gute Mannschaft haben, die immer wieder Lösungen findet, um das Material heranzuschaffen. Ein großes Thema dabei ist die Verfügbarkeit von Containern. Es ist nach wie vor schwierig, Container zu bekommen. Die andere Herausforderung sind Rohstoffe. Die Preise der für die E-Mobilität benötigten Rohstoffe wie Lithium, Kobalt oder Zink haben sich mehr als verdoppelt. Dazu kommt noch die Chipkrise, die uns noch einige Zeit beschäftigen wird.
Welches der Themen beschäftigt Sie am stärksten?
Das sind die Lieferketten, weil es in unserem Geschäft am wichtigsten ist, dass die Teile verfügbar sind. Beim Preis sind die Kunden kompromissbereiter, aber wenn ein Fahrzeug aufgrund eines fehlenden Ersatzteils nicht repariert werden kann, ist das nicht schön.
Gibt es neue Player die in den Markt drängen?
Was wir beobachten, ist vor allem eine Konsolidierung des Marktes. Da gibt es auch in Europa massive Veränderungen, deren Auswirkungen wir aktuell noch nicht abschätzen können.
Wo sehen Sie hier Risiken?
Die Marktdynamik stellt alle Marktteilnehmer, also auch uns, vor noch nicht vorhersehbare Aufgaben. Aber gemeinsam mit unseren Kunden haben wir diese Herausforderung im Blick und werden entsprechend handeln.
Gibt es Fortschritte beim Thema gefälschte Ersatzteile?
Das Thema wird uns auch in Zukunft beschäftigen. Wir sind im Automotive-Bereich aber nicht so stark betroffen wie die Konsumgüterbereiche. Wir haben bei Bosch den sogenannten MAPP-Code eingeführt. Das ist ein eindeutiger QR-Code, mit dem sich feststellen lässt, ob es sich um ein Originalteil handelt oder nicht. Der Code geht auf eine Initiative des Zulieferverbandes Clepa zurück, dem wir auch angehören. Wir nutzen diese Möglichkeiten speziell bei Bauteilen wie beispielsweise Starter-Generatoren, Düsen und Lambdasonden.
Kommt die Hauptgefahr immer noch aus China?
Das Land ist der Hauptfokus. Aber hier arbeiten wir kontinuierliche gut mit den lokalen Behörden zusammen, um aktiv gegen Produktpiraterie vorzugehen.
Aus dem Datencenter: