Warum Ford und VW nicht mehr an Argo AI glauben

Die beiden kooperierenden Autobauer ziehen damit die Konsequenzen aus einer letztlich enttäuschenden Entwicklungsarbeit bei Argo AI. Ford kündigte an, seine Arbeit am autonomen Fahrzeug nun auf die deutlich früher erreichbaren, wesentlich günstigeren und weit besser vermarktbaren Fahrzeuge bis zum Autonomie-Level 3 zu konzentrieren.

Der US-Autobauer muss durch den Ausstieg bei Argo AI  im dritten Quartal 2,7 Milliarden Dollar allein auf dieses Geschäft abschreiben. Dadurch rutscht Ford im dritten Quartal mit einem Verlust von 827 Millionen Dollar in die roten Zahlen.

Der neue Volkswagen-Chef Oliver Blume kassiert mit dem Ausstieg eine Investition seines Vorgängers Herbert Diess ein. „Gerade bei der Entwicklung von Zukunftstechnologien zählen Fokus und Geschwindigkeit," erklärte Blume in einer Konzernmitteilung. "Unser Ziel ist es, unseren Kundinnen und Kunden die leistungsfähigsten Funktionen zum frühestmöglichen Zeitpunkt anzubieten und unsere Entwicklung möglichst kosteneffizient aufzustellen."

VW werde aber weiter an der höheren Autonomie-Stufe bis zum so genannten SAE-Level 4 arbeiten, betonte Volkswagen. Dazu setze VW im Bereich PKW auf die eigene Software-Abteilung Cariad sowie auf externe Entwicklungspartner, darunter auf Bosch und in China auf Horizon Robotics.

Im Nutzfahrzeugbereich ist VW Nutzfahrzeuge für die Weiterentwicklung des autonomen Fahrens verantwortlich. Dazu würden auch neue Partner ins Boot geholt und demnächst bekannt gegeben, erklärte der Konzern. Prototypen des ID.Buzz seien bereits mit Technologie dieses neuen Partners bestückt.

Ford-CEO Jim Farley erklärte zu dem Ausstieg bei Argo AI, die Entscheidung sei Ergebnis einer Abwägung gewesen. "Wir fragen uns bei allen Aktivitäten: Was ist das Beste für die Kunden?" Mit Ford+ habe Ford entschieden, sich auf unmittelbar nützliche Funktionen und Innovationen für Kunden zu fokussieren. Und man sei zu der Erkenntnis gekommen, dass Autonomie-Systeme mit Level-4 später marktreif würden als zunächst gedacht.

"Während wir dazulernen und uns anpassen, geht es darum, intelligent auszuwählen, wie wir voranschreiten und unser Kapital einsetzen. Das bedeutet, wir passen uns an, wenn sich die Bedingungen ändern." Ford werde deshalb stärker intern die Entwicklung von Level 2+ und Level 3-Systemen vorantreiben.

Ein weiterer Grund für den Ausstieg bei Argo AI ist für Ford auch die Frage nach der Technologie-Hoheit im Fahrzeug: "Wir müssen die Entwicklung und Integration dieser Systeme selbst kontrollieren können. Wir werden weiterhin externer Partner haben, aber die Integration der Systeme in das Kundenerlebnis wird immer durch Ford erfolgen," erklärte Farley.

Das reine Roboter-Auto rückt mit der Entscheidung von Ford und Volkswagen in noch weitere Ferne und wird vermutlich noch lange Zeit begrenzt bleiben auf Nischenanwendungen wie Taxi-Dienste und Mobilitätsaufgaben in einem klar begrenzten Verkehrsumfeld.

Für Ford und VW bedeutet das Aus von Argo AI einerseits eine spürbare finanzielle Belastung durch Milliardenabschreibungen, andererseits macht sie aber auch Ressourcen frei für die Arbeit an vermarktbarer Technologie im Bereich des assistierten Fahrens.

Die rund 2000 hoch bezahlten Experten bei Argo AI werden das Unternehmen zwar verlassen müssen, doch ihr Know How ist hoch begehrt. Sie werden in kurzer Zeit neue Jobangebote in der Branche erhalten.

Neben Ford und VW ist auch der US-Mobilitätsdienstleister Lyft an Argo AI beteiligt, und zwar mit 2,5 Prozent. Bis 2027 will Lyft in den USA zunächst 1000 vollautomatische Roboter-Taxis in Betrieb nehmen. An diesem Ziel halte Lyft auch trotz des Endes von Argo AI fest, sagte ein Sprecher.

Das Unternehmen arbeitet dabei technisch nicht nur mit Argo AI, sondern auch mit Waymo und Motional zusammen.

Aus dem Datencenter:

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