Die wichtigsten Fakten zu Euro 7

Fast 100 Seiten lang sind die beiden Dokumente der Europäischen Komission, in denen der Vorschlag zur neuen Euro-7-Norm samt technischen Erläuterungen vorgestellt wird. Die darin enthaltenen Vorgaben sollen eine deutliche Verbesserung der vom Verkehrssektor verursachten Emissionen bringen. Sie folgt auf die Euro-6-Norm, die in verschiedenen Varaianten seit 1. September 2014 gültig ist. "Die neuen Regeln werden uns helfen, bessere Luft zu atmen und den Sektor grüner und robuster zu machen", sagte Vize-Kommissionspräsidentin Margrethe Vestager.

Neu ist, dass diese nun einheitlich für Pkw, Vans, Busse und Lkw gelten, die bisherige Unterscheidung entfällt. Hier sind die wichtigsten Fakten aus dem Vorschlag, der noch vom Europäischen Parlament und Rat angenommen werden muss und voraussichtlich Mitte 2025 in Kraft treten könnte. Für Lkw gelten sie zwei Jahre später.

Bei den Stickoxiden sieht der Vorschlag nur eine moderate Verschärfung der bisherigen Grenzwerte vor. So dürfen etwa Dieselfahrzeuge in Zukunft nur noch 60 mg statt 80 mg Stickstoffdioxid pro Kilometer ausstoßen und damit gleich viel wie Benziner bisher schon. Es wird also kein Unterschied mehr gemacht. Während im Realbetrieb aber bisher über den so genannten Konformitätsfaktor eine Abweichung nach oben möglich war, müssen die Werte in Zukunft unter allen Bedingungen eingehalten werden. Dies entspricht einer Verschärfung, da jegliche Toleranz etwa durch Messgeräte entfällt.

Die dafür erforderlichen Tests sollen zudem auch unter extremeren Bedingungen auf der Straße gelten. Dazu zählen etwa Temperaturen bis zu 45 Grad. Außerdem werden bei den Tests auf der Straße auch kurze Trips eingebaut, wie sie typisch für Pendler sind. Statt fünf Jahren müssen die Grenzwerte nun über zehn Jahre oder 200.000 Kilometer eingehalten werden. Dadurch werden die technischen Anforderungen deutlich erhöht. Die Kommission erwartet dadurch eine Reduktion des Stickoxid-Ausstoßes um 35 Prozent bei Pkw und 56 Prozent bei Bussen und Lkw.

Eine der Kernpunkte ist zudem die Einbeziehung des Feinstaubs, der von Bremsen und Reifen verursacht wird. Bisher wurde nur der durch die Spritverbrennung verursachte Feinstaub limitiert. Dies betrifft in Zukunft neben Verbrenner-Fahrzeugen auch Elektroautos. Technische Lösungen wie etwa Filter, die an den Bremsscheiben befestigt werden, haben Zulieferer wie Mann + Hummel bereits vor einigen Jahren präsentiert. Bisher hat sich die Autoindustrie aber aus Kostengründen geweigert, diese einzubauen.

Dazu kommen neue Standards für die minimale Batterie-Lebensdauer. Die Akkus von E-Autos, Plug-in-Hybriden und Hybridfahrzeugen müssen nach fünf Jahren oder 100.000 Kilometern noch mindestens 80 Prozent ihrer Ursprungskapazität bieten, nach acht Jahren beziehungsweise 160.000 Kilometern immerhin noch 70 Prozent. Dies entspricht dem, was die meisten Hersteller ohnehin schon versprechen. Bei LKW und Bussen gelten etwa weniger strenge Mindestwerte von 75 Prozent und 65 Prozent.

Neu ist die Limitierung weiterer Schadstoffe, die bisher nicht berücksichtigt waren. Stickoxide, Kohlenmonoxid, Partikel, Kohlenwasserstoffe, Methan und Ammoniak wurden bisher schon reguliert, Ammoniak aber nur bei Nutzfahrzeugen. In Zukunft gibt es hier auch für Pkw Obergrenzen. Grenzwerte für Formaldehyd werden ebenfalls relevant. Bei Lkw und Bussen spielt künftig außerdem Distickstoffmonoxid eine Rolle. Eine Manipulation bei den Emissionen wie beim Dieselskandal soll es in Zukunft nicht mehr geben. So setzt die EU auf eine permanente Marktüberwachung und Kontrolle. Über eingebaute Sensoren in den Fahrzeugen könnten Behörden die Emissionen über den gesamten Lebenszyklus der Fahrzeuge hinweg kontrollieren.

Die Europäische Kommission rechnet durch die Maßnahmen mit steigenden Kosten für Fahrzeuge. Die Preise für Pkw und Vans könnten durch die technischen Anforderungen um 90 bis 150 Euro pro Fahrzeug steigen, bei Lkw und Bussen könnten es sogar 2600 Euro sein, heißt es in dem Entwurf. Die höheren Kosten würden aber um den Faktor fünf kompensiert durch sinkende Umwelt- und Gesundheitskosten. Außerdem könnten die langlebigere und effizientere Schadstoffreduzierung sowie die Garantien für die Lebenszeit von Batterien einen positiven Effekt auf die Restwerte der Fahrzeuge haben. Dadurch würden die Verbraucher durch die Maßnahmen am Ende profitieren.

In der Automobilindustrie ist der Entwurf der Kommission überwiegend auf Kritik gestoßen, obwohl er gegenüber früheren Planungen milder ausfällt. „Der Nutzen des Kommissionsvorschlags für die Umwelt ist sehr begrenzt, während er die Kosten der Fahrzeuge stark erhöht“, sagte BMW-Chef Oliver Zipse in seiner Funktion als Präsident des Verbands der europäischen Autohersteller. Der Schritt zur weiteren Emissionsreduktion sei richtig, heißt es bei Mercedes in Stuttgart. „Allerdings bleiben wichtige Fragen wie Testbedingungen, zeitliche Realisierbarkeit und die Umsetzung bei Nutzfahrzeugen offen. Diese Punkte müssen nun schnell geklärt werden.“

Kritische Töne kommen auch von Ford. „Wir sollten keine Ressourcen für die Technologie von gestern abzweigen und stattdessen in emissionsfreie Fahrzeuge investieren“, sagte Deutschland-Chef Martin Sander. Der VDA hält die Vorgaben für Pkw bis Juli 2025 terminlich nicht umsetzbar und für schwere Nutzfahrzeuge bis Juli 2027 technologisch kaum realisierbar. Auch der Zulieferverband CLEPA sieht angesichts der Zeitschiene Diskussionsbedarf hinsichtlich technischer und wirtschaftlicher Machbarkeit. Umweltverbände wie Greenpeace oder die Deutsche Umwelthilfe dagegen kritisierten die Grenzwerte als zu lax und sprachen von einem „Kniefall vor der Autoindustrie“.

Aus dem Datencenter:

Stickoxid-Emissionen des VW Golf VIII mit Zweiliter-Diesel