Mehr Zeit für Händler von Alfa, DS und Lancia

Stellantis hat den Zeitplan für die Umstellung auf ein Agenturvertriebsmodell überarbeitet, um Marken und Händlern mehr Zeit zu geben, sich auf die Umstellung einzustellen.

Die Einführung des Agenturmodells, bei dem der Autohersteller und nicht der Händler den Bestand hält und direkt an den Kunden verkauft, wird zunächst im Juli 2023 in vier kleinen Märkten - Österreich, Belgien, Luxemburg und den Niederlanden - erfolgen, teilte Stellantis letzte Woche in einer Pressemitteilung mit.

Sie wird für alle Marken gelten, die Stellantis in diesen Märkten verkauft. Vergangene Woche kündigte Stellantis eine Änderung an: Die Premium-Marken Alfa Romeo, DS Automobiles und Lancia sowie die Nutzfahrzeuge der Marken Citroen, Fiat Professional, Opel/Vauxhall und Peugeot werden in ganz Europa ab Januar 2024, also sechs Monate später als ursprünglich geplant, in die Vertretung wechseln.

"Der Wechsel zur Agentur ist eine epochale Veränderung, und wir begrüßen die Idee, mehr Zeit für die Feinabstimmung aller Details zu haben", so ein an den Verhandlungen mit Stellantis beteiligter Händler gegenüber unserer Schwesterzeitung Automotive News Europe. Stellantis hatte den Plan, auf ein Agenturmodell umzusteigen, erstmals im Herbst 2021 in einem Interview mit ANE enthüllt. Auch andere Automobilhersteller rücken von dem traditionellen Modell ab, um die Vertriebskosten zu senken, ihre Lagerbestände besser zu kontrollieren und einen engeren Kontakt zu ihren Kunden herzustellen.

Ein Sprecher von Stellantis erklärte gegenüber ANE, dass die Änderung des Zeitplans es den Händlern und dem Automobilhersteller ermöglichen wird, die Ergebnisse des Agenturmodells nach sechs Monaten Betrieb in den vier Pilotmärkten zu analysieren. Der Starttermin im Januar 2024 für Premiummarken und Transporter fällt zudem mit dem Beginn eines neuen Geschäftsjahres zusammen, wodurch vermieden wird, dass einige Händler sowohl unter dem bestehenden Franchisevertrag als auch unter dem neuen Agenturmodell arbeiten.

Die beiden Modelle haben unterschiedliche Gewinnspannen: Franchise-Verträge haben höhere Margen, weil die Händler die Kosten für Lagerhaltung und Markenbildung tragen müssen, während die Margen des Agenturmodells niedriger sind, weil der Automobilhersteller die Kosten für Lagerhaltung und Markenbildung übernimmt. Stellantis plant, seine Volumenmarken - Citroen, Fiat, Opel/Vauxhall und Peugeot - in den nächsten 24 bis 36 Monaten oder in den Jahren 2026-27 auf das Agenturmodell umzustellen. Die Umstellung auf das Agenturmodell ist Teil des Plans von Stellantis, seine Vertriebskosten in Europa bis 2030 um 50 Prozent zu senken. Dies ist Teil der im März vorgestellten Strategie Dare Forward 2030.

Im Rahmen des Agenturmodells würde Stellantis alle Vertriebskosten, einschließlich Inventar und Incentives, selbst tragen. Diese Kosten machen schätzungsweise etwa 30 Prozent des Listenpreises eines Fahrzeugs aus. Außerdem würde sich die Gewinnspanne der Händler pro Fahrzeug verringern, die derzeit neun Prozent des Fahrzeugpreises beträgt, wobei es den Händlern nun freisteht, einen Teil dieser Gewinnspanne für Rabatte zu verwenden. Das Geld, das sie verdienen, wird auch durch Mengenboni erhöht, ein weiterer Kostenfaktor, den das Agenturmodell abschaffen würde.

Nach dem neuen Modell könnte die Gewinnspanne der Händler beim Verkauf eines Fahrzeugs auf vier bis fünf Prozent sinken, sagte Maria Grazia Davino, bei Stellantis Leiterin für Vertrieb und Marketing in Europa, im November 2021 gegenüber ANE. Selbst kleine Änderungen bei der Höhe der Rabatte auf das Fahrzeug und der finanziellen Unterstützung des Händlers durch den Automobilhersteller "sind Hunderte von Millionen Euro wert", sagte Steve Young, Geschäftsführer des britischen Spezialisten für Automobilhandelsforschung ICDP.

Uwe Hochgeschurtz, Stellantis' Chief Operating Officer für Europa, sagte in der Pressemitteilung von letzter Woche, dass die Gruppe ein "nachhaltiges" Vertriebsmodell fördern wolle und alle Beteiligten davon profitieren würden. Stellantis gab an, eine vergleichende Wirtschaftssimulation durchgeführt zu haben, die gezeigt habe, dass die Händler im Rahmen des Agenturmodells eine "mindestens gleichwertige Rentabilität" und eine geringere Risikoanfälligkeit genießen würden.

Luxus- und Premiummarken gehören zu den ersten, die in Europa auf ein Agenturmodell umsteigen. (Die Franchisegesetze in den USA lassen ein solches Vertriebsmodell in der Regel nicht zu.) Im Dezember 2021 gab Mercedes-Benz bekannt, dass es mit seinen europäischen Händlern eine Vereinbarung über den Übergang zu einem Agenturmodell getroffen hat, das als Direktvertrieb bezeichnet wird. Es wird erwartet, dass es im nächsten Jahr in Deutschland und Großbritannien eingeführt wird.

Mercedes-Benz-Vertriebsvorstand Britta Seeger sagte damals, dass bis Ende 2023 mehr als die Hälfte der in Europa erhältlichen Mercedes-Neufahrzeuge "im Agenturmodell verkauft werden sollen". Mercedes führte Pilotprojekte für den Direktvertrieb in Österreich, Schweden und Südafrika durch. Smart, ein Joint Venture zwischen Mercedes und der chinesischen Geely-Gruppe, nutzt ein Agenturmodell für den Verkauf der neuen Modellreihe in Europa, beginnend mit dem kleinen Crossover #1. Bestehende Smart-Modelle wie der ForTwo werden in Europa weiterhin im Rahmen des bestehenden Franchise-Händlervertrags mit Mercedes verkauft. BMW und MIni könnten auf das Agenturmodell umsteigen, Audi nutzt es nur für seine Elektroautos.

Aus dem Datencenter:

Die 100 größten Automobilhandelsgruppen in Deutschland nach Gesamtabsatz 2021

Einführung des Agenturmodells in Deutschland (Stand 2022)