Neuzulassungen boomen kurz vor Jahresende

Im November 2022 wurden in Deutschland 260.512 Pkw neu zugelassen. Dies entspricht einem Plus von 31,4 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Es kamen 62.254 neue Pkw mehr auf die Straße als vor einem Jahr. Seit dem Jahr 2000 gab es aber 15-mal ein höheres Novemberergebnis. Verglichen mit den fünf Jahren vor der Pandemie betrug das Minus im abgelaufenen Monat 5,8 Prozent. Es ist die geringste Abweichung zu dem entsprechenden Referenzwert seit Anfang 2021.

Allerdings ist diese positive Entwicklung nicht auf steigende Nachfrage zurückzuführen, sondern auf den verstärkten Abbau des immer noch hohen Auftragsbestands. Hinzu kommt, dass insbesondere Plug-in-Hybride und reine E-Mobile kurz vor dem Auslaufen beziehungsweise der Reduzierung des Umweltbonus verstärkt zugelassen wurden. Zusammen waren diese beiden Antriebsarten für 55 Prozent des Gesamtmarktwachstums verantwortlich.

Kumuliert liegen die Neuzulassungen 2,4 Prozent unter Vorjahr. Es sind die niedrigsten Neuzulassungen nach elf Monaten seit der Wiedervereinigung. Verglichen mit dem entsprechenden Zeitraum vor der Pandemie beträgt das Minus 27 Prozent.

Trotz der Erholungstendenzen leiden die Neuzulassungen weiterhin unter fehlenden Vorprodukten. Laut dem Verband der Automobilindustrie (VDA) hat sich die Inlandsproduktion der deutschen Hersteller gegenüber dem Vorjahr zwar um 25 Prozent erhöht, liegt aber acht Prozent unter dem Wert von November 2019. Nach elf Monaten sind zwölf Prozent mehr Pkw produziert worden als im Vorjahr, dies ist aber immer noch 28 Prozent weniger als in 2019.

Der durch die niedrigen Neuzulassungen der vergangenen Monate stark erhöhte Auftragsbestand wird aktuell zwar abgebaut, ein vollständiger Abbau der überhöhten Auftragsbestände bis Anfang kommenden Jahres ist aber unwahrscheinlich.

Für den Dezember geht die Automobilwoche von einem ähnlichen Effekt wie im November aus. Da sowohl im November als auch voraussichtlich im Dezember die Auftragsbestände etwas stärker abgebaut worden sind und werden, ist nun für das Gesamtjahr mit Neuzulassungen in Höhe von zirka 2,58 Millionen Pkw zu rechnen, ein Minus von 1,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dies sind 60.000 Pkw mehr als ursprünglich erwartet. Diese Neuzulassungen werden dann aber im kommenden Jahr fehlen. Das endgültige Ergebnis wird ausschließlich durch die Verfügbarkeit im Dezember bestimmt werden.

Die Folgen des starken Anstiegs der Lebenshaltungskosten spiegeln sich in der aktuellen Neuzulassungsentwicklung noch nicht wider und werden bis Anfang kommenden Jahres kaum Einfluss haben. Allerdings muss – wenn der hohe Auftragsbestand abgebaut sein wird – mit deutlich geringeren Neuzulassungen aufgrund der rückläufigen Nachfrage als in den Jahren vor dieser Krise gerechnet werden.

Einen Hinweis auf sinkende Nachfrage liefern die Auftragseingänge: Laut VDA sind die inländischen Auftragseingänge für deutsche Marken im November um 37 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat gesunken. Nach elf Monaten liegen sie 13 Prozent unter denen des Vorjahreszeitraums.

Für das kommende Jahr geht die Automobilwoche weiterhin von folgendem Szenario aus: Der Abbau des stark erhöhten Auftragsbestands wird die Neuzulassungen noch einige Monate stützen. So wird erst einmal der Abbau des Auftragsbestands zu einer weiteren positiven Entwicklung der Neuzulassungen führen. Die negativen Effekte aufgrund des wirtschaftlichen Umfelds, insbesondere der starken Reallohnrückgänge, werden dann im weiteren Jahresverlauf bei den Neuzulassungen überwiegen. Unter diesen Voraussetzungen erwartet die Automobilwoche für kommendes Jahr zirka 2,84 Millionen Neuzulassungen, ein Plus von gut zehn Prozent gegenüber diesem Jahr. Dies wären dann aber immer noch 17 Prozent weniger als im Mittel der fünf vorpandemischen Jahre und – abgesehen von den Jahren 2021 und 2022 – die niedrigsten Neuzulassungen im wiedervereinigten Deutschland.

Die privaten Neuzulassungen verzeichneten im November mit plus 23,5 Prozent einen geringeren Anstieg als die gewerblichen Zulassungen, die um 36,3 Prozent zulegten. Es ist das zweite Mal hintereinander, dass der Zuwachs bei den gewerblichen Zulassungen deutlich höher ausfällt. Der Anteil von 36,2 Prozent für die privaten Zulassungen liegt 2,2 Prozentpunkte unter Vorjahr, aber zwei Punkte über dem mittleren Anteil der Jahre 2015 bis 2019. Im bisherigen Jahresverlauf liegen sie 2,2 Prozent über Vorjahr. Für die gewerblichen Neuzulassungen beträgt das Minus nach elf Monaten 4,8 Prozent.

Nachdem die Entwicklung der alternativen Antriebe im bisherigen Jahresverlauf eher verhalten war, erreichten sie in Summen neue Rekordwerte und kamen auf einen Marktanteil von 56,8 Prozent.

Die reinen Diesel-Pkw kamen auf knapp 40.000 Neuzulassungen und lagen gegenüber dem Vorjahresmonat 27,6 Prozent im Plus. Der Marktanteil betrug 15,3 Prozent, nach 15,8 Prozent im Vorjahr.

Die Pkw mit ausschließlichem Benzinantrieb kamen auf ein Plus von 10,1 Prozent und der Marktanteil fiel auf 27,9 Prozent, 5,4 Prozentpunkte weniger als vor einem Jahr. Erstmalig fiel der Marktanteil unter die 30-Prozent-Marke.

Die reinen E-Mobile erreichten mit 57.980 Neuzulassungen einen neuen Rekordwert. Der Marktanteil stieg auf den Höchststand von 22,3 Prozent. Damit wurde der alte Höchststand von Dezember 2021 um einen Prozentpunkt übertroffen und die Stromer waren hinter den Benzinern die zweitstärkste Antriebsart.

Die Hybride ohne Stecker legten 39,4 Prozent zu und erzielten einen Marktanteil von 16,8 Prozent. Damit lagen sie vor den reinen Diesel-Pkw. Die Plug-in Hybride verbesserten sich um knapp 60 Prozent und erzielten einen Marktanteil von 17,1 Prozent. Es ist der höchste jemals beobachtete Marktanteil für diese Antriebsart. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Fahrzeuge nach Auslauf der Förderung zum Jahresende entwickeln.

Bei einem Gesamtmarktanstieg von 31,4 Prozent gab es deutliche Unterschiede bei den Top 15 Marken von plus 109 Prozent bis minus 30 Prozent. Das deutlichste Plus mit 109,1 Prozent verzeichnete Audi. Die 22.054 Neuzulassungen brachten die Marke auf Platz drei vor BMW. Tesla, auf Platz acht, konnte mit plus 92,7 Prozent ebenfalls deutlich zulegen. Dacia gelang mit plus 83,3 Prozent der Sprung auf Platz 14.

Verluste fuhren neben Opel (minus 2,0 Prozent) und Skoda (minus 2,1 Prozent) insbesondere Renault ein. Die Franzosen ließen über 30 Prozent weniger neue Pkw zu als im Vorjahr. Mit einem überdurchschnittlichen Plus von 58,3 Prozent bleibt VW mit einem Marktanteil von 18,0 Prozent eindeutiger Marktführer. Mit einem Anteil von 10,6 Prozent belegte Mercedes Platz zwei vor Audi (8,5 Prozent). Die Nummer vier, BMW, kam auf einen Marktanteil von 7,3 Prozent. Ford komplettierte mit einem Marktanteil von 5,2 Prozent die Top Fünf.

Nach elf Monaten und einem Gesamtmarktrückgang von 2,4 Prozent sind sechs der Top 15 Marken im Plus. Die stärksten Gewinne verzeichnet Tesla mit plus 58,7 Prozent vor Dacia (plus 50,2 Prozent) und Audi mit plus 14,1 Prozent. Die größten Verluste im bisherigen Jahresverlauf mussten Renault (minus 30,6 Prozent), Opel (minus 13,5 Prozent) und Fiat mit minus 12,3 Prozent hinnehmen.

Die Erholung bei den Neuzulassungen ist noch nicht auf dem Gebrauchtwagenmarkt angekommen. Im November lagen die Besitzumschreibungen 8,8 Prozent unter Vorjahr. Nach elf Monaten liegen sie 16,3 Prozent im Minus. Verglichen mit dem mittleren Wert des entsprechenden Zeitraums von 2015 bis 2019 beträgt das Minus 23 Prozent. Erst wenn weiter vermehrt im Bestand befindliche Pkw durch Neuwagen ersetzt werden können, ergibt sich Potenzial für eine Belebung des Gebrauchtwagenmarktes.

Aus dem Datencenter:

Pkw-Neuzulassungen in Deutschland im November 2022

Neuzulassungen in einem November in Deutschland 2000 bis 2022

Entwicklung der inländischen Auftragseingänge für deutsche Marken bis November 2022

Marktanteile der Top-15-Marken im November 2022 in Deutschland

Top 15 Markenentwicklung November 2022 Deutschland

Monatliche Marktanteile nach alternativen Antriebsarten in Deutschland Januar 2019 bis November 2022

Marktanteile nach Antriebsarten im November 2022

Marktanteilsveränderung nach Antriebsarten in Deutschland im November 2022

CO2-Ausstoß der Pkw-Neuzulassungen in Deutschland bis November 2022