Aufregung um Entgelt für Start-up-Pioniere

Das Münchener Solarauto-Start-up Sono Motors braucht erneut frisches Geld, sonst droht die seit sechs Jahren laufende Entwicklung des ersten Modells Sion eingestellt zu werden. In diesem Fall müsste Sono Motors drastisch restrukturiert werden und würde vermutlich 70 Prozent der Belegschaft entlassen müssen.

Fans des Automobil-Pioniers sind wegen dieser Entwicklung tief enttäuscht und zeigen sich teilweise entrüstet über die Höhe der Entgelte für die Gründer und andere Führungskräfte des Unternehmens.

"Wie wird man Millionär?" fragt ein Fan der Elektromobilität auf der Social-Media-Plattform Twitter. "Übel", kommentiert ein weiterer User. "Das ist wohl ein Witz", klagt ein Dritter.

Der letzten Bilanz von Sono Motors für das Geschäftsjahr 2021 zufolge haben die Gründer Laurin Hahn und Jona Christians im vergangenen Jahr Gesamt-Entgelte in Höhe von 307.852 Euro beziehungsweise 305.515 Euro erhalten. Davon entfielen allerdings nur je 49.750 Euro auf das Jahressalär, der Großteil dagegen auf Bonuszahlungen. Weitere Führungskräfte erhielten Gesamtzahlungen in Höhe von 200.000 bis 265.000 Euro für das Jahr 2021.

Laurin Hahn sagte dazu am Freitag der Automobilwoche: "Unser Jahresgehalt beträgt jeweils etwa 55.000 Euro. Unsere Investoren wollten jedoch nach dem Börsengang sicherstellen, dass ich und Jonas (Christians) privat ausreichend abgefedert sind, um unter anderem hohe Kosten für Anwälte bezahlen zu können."

Diese Anwaltskosten seien entstanden, weil er und Mitgründer Christians sich entschieden hätten, der Fangemeinde von Sono Motors ihre privaten Bezugsrechte zu übertragen in Form eines Pools. "Dieses Geschenk der Gründer an die Community musste rechtlich aufwändig organisiert werden, deshalb waren Anwälte nötig, die wir privat bezahlt haben."

"Wir haben definitiv Fehler gemacht. Wir waren grün hinter den Ohren", räumte Mitgründer und CEO Hahn ein. "Wir haben die Komplexität unterschätzt."

Vor der bestürzten Belegschaft hatte er am Donnerstag erklärt: "Vielleicht ist dies das Ende des Projekts Sion, und vielleicht müssen wir mit der Solartechnik alleine weitermachen."

Dennoch gebe es für den Sion noch eine realistische Chance, betonte Hahn im Gespräch mit der Automobilwoche. "Dieses Auto hat einen Markt. Wir haben 21.000 Reservierungen und 22.000 Vorbestellungen von Flottenbetreibern – das entspricht einem Umsatzwert von 600 Millionen Euro."

Der Sion werde zwar keine Designpreise gewinnen, räumte er kritisch ein. "Aber er ist technisch absolut State of the Art mit einer hervorragenden LFP-Batterie, digitalem Cockpit, OTA, ADAS-Funktionen und bidirektionalem Laden."

Sono Motors hat nun seine Vorbesteller aufgefordert, den ermäßigten Kaufpreis von 27.000 Euro komplett vorauszubezahlen. "Wenn 3500 sagen, ich zahle jetzt, dann haben wir es geschafft, dann können wir weitermachen", sagte Hahn der Automobilwoche.

Sono Motors habe sich 50 Tage Zeit gegeben, um die erforderliche Zahl von festen Kaufverträgen zu beschaffen. "Wir können dann noch bis zu 30 weitere Tage warten, aber wir müssen die nächsten Schritte für den Start der Serienfertigung des Sion jetzt bezahlen und können damit nicht warten."

Werde dieses Ziel verfehlt, werde Sono Motors seine Solartechnik weiterentwickeln, für die man schon 23 Interessenten aus der Industrie habe. Am weitesten gediehen sei ein Paket mit Solarstrom-Modulen für Busse, das nachträglich in bestehenden Bussen eingebaut werden könne. "Damit spart ein Dieselbus pro Jahr rund 1500 Liter Diesel."