Mercedes-Kooperation mit Rivian geplatzt

Der Autobauer Mercedes wird im polnischen Jawor eine Produktion für rein elektrische Transporter aufbauen. "Wir stellen nicht nur unsere Produkte, sondern die gesamte Wertschöpfungskette vom Einkauf über die Produktion bis zum Vertrieb zukunftsfähig auf", sagte Mercedes-Van-Chef Mathias Geisen. Man müsse in allen Bereichen hochinnovativ und wettbewerbsfähig sein.

Vor allem die niedrigeren Lohnkosten und hohe Subventionen dürften den Ausschlag für den Standort gegeben haben. Außerdem ist dort bereits eine Motoren- und Batteriefertigung von Mercedes angesiedelt. Facharbeiter mit Elektrokompetenz sind noch leichter zu bekommen als etwa in Ungarn, wo Mercedes ein Pkw-Werk betreibt. Zur Höhe der Investitionen machte das Unternehmen keine Angaben. Die Automobilwoche hatte bereits berichtet, dass der Standort Jawor favorisiert wird.

In Jawor sollen künftig die großen elektrischen Sprinter-Transporter gebaut werden, die auf der ab 2025 geplanten Plattform Van.EA basieren. Während in den anderen Werken wie Düsseldorf, Ludwigsfelde oder Vitoria elektrische Modelle und Verbrenner auf einem Band laufen, werden in Jawor ausschließlich elektrische Antriebe verbaut. Da im nächsten Jahr in den Werken in Deutschland die zweite Generation des E-Sprinter anläuft, dürfte der Hochlauf der Fabrik in Polen nicht vor 2027/28 erfolgen. Mercedes nennt keinen Startpunkt.

Die Investitionen in das neue Werk, die vermutlich im dreistelligen Millionenbereich liegen, muss Mercedes allerdings alleine stemmen. Das geplante Joint Venture mit dem amerikanischen Elektro-Start-up Rivian zum Aufbau des Werks ist vorerst geplatzt. Mercedes wollte sich die Kapazitäten in Jawor teilen, um Kosten zu sparen. Der Grund für den Rückzieher liegt laut Mercedes in einer "Repriorisierung der Projekte" von Rivian. Noch im September hatte Rivian-CEO RJ Scaringe angekündigt, man werde mit Mercedes zusammen "bemerkenswerte elektrische Transporter für Kunden und den Planeten bauen."

Nun aber hat das Unternehmen seinen Markteintritt in Europa offenbar auf unbestimmte Zeit verschoben. "Wir haben beschlossen, die Gespräche mit Mercedes-Benz Vans über die unterzeichnete Absichtserklärung für die gemeinsame Produktion von elektrischen Transportern in Europa zu unterbrechen", sagte Scaringe laut Mitteilung. "Zum jetzigen Zeitpunkt glauben wir, dass die Fokussierung auf unser Privatkundengeschäft sowie unser bestehendes kommerzielles Geschäft die attraktivsten kurzfristigen Möglichkeiten zur Wertmaximierung für Rivian darstellen."

Zwar erfreuen sich die Transporter und Pick-ups von Rivian in den USA einer großen Nachfrage, doch der Hochlauf der Produktion hatte sich zuletzt immer wieder verzögert. Offenbar will das Unternehmen zunächst die Auslieferung in den USA beschleunigen, bevor es sich nach Europa traut.

Mercedes hat in Jawor 2019 die Produktion für Vierzylinder-Motoren begonnen, die unter anderem nach Ungarn ins Pkw-Werk für Kompaktwagen geliefert werden. Die Kapazitäten sind auf bis zu 500.000 Aggregate pro Jahr ausgelegt. Nur zwei Jahre später wurde das Werk um eine Batteriefertigung erweitert, deren erste Linie bereits in Betrieb gegangen ist. Das zeigt, dass Jawor als Standort bei Mercedes einen hohen Stellenwert genießt.

Inzwischen arbeiten hier rund 1300 Beschäftigte. Die Akkus sind für die EQ-Modelle des Herstellers vorgesehen und sollen die Elektroffensive der kommenden Jahre absichern. Die Kapazität soll hier bei bis zu 100.000 Einheiten pro Jahr liegen. Das Werk bezieht Strom aus regenerativen Quellen und ist CO2-neutral.

Neben Jawor verfügt Mercedes Vans in Europa über vier weitere Standorte. In Düsseldorf und Ludwigfelde werden die Sprinter gebaut, wobei sich Ludwigsfelde auf die Aufbauten wie etwa Pritschen fokussiert. In Düsseldorf sollen in Zukunft die offenen Baumuster der Van.EA-Plattform gebaut werden, während sich Ludwigsfelde als Kompetenzcenter für Individualisierungen etablieren soll.

Im spanischen Vitoria laufen die V-Klasse für den Pkw-Bereich und der Vito für die gewerbliche Nutzung vom Band, ab 2025 sollen hier die mittelgroßen Vans auf der neuen Plattform gefertigt werden. Im französischen Maubeuge baut Mercedes zusammen mit Renault den Kastenwagen Citan sowie die Pkw-Variante T-Klasse, die es auch als elektrischen eCitan sowie EQT gibt. Diese Kooperation dürfte mit der neuen Plattform aber enden.

Aus dem Datencenter:

Wer liefert was für den Mercedes EQT Baujahr 2022