"Euro 7 bedroht Europas Autobranche"

Der europäische Automobilherstellerverband ACEA fordert die EU-Politik zu einem Verzicht auf die geplante neue Verbrenner-Richtlinie Euro-7 auf. Verbandspräsident Luca de Meo, der auch Vorstandsvorsitzender der Renault-Gruppe ist, sandte einen offenen Brief an die EU-Parlamentarier und die EU-Kommission, in dem er zu einer grundlegenden Neubestimmung der Regulierung in der Europäischen Union aufruft.

Wenn die EU die Autobranche weiter dazu zwinge, zu hohen Kosten vergleichsweise geringfügige Verringerungen der Emissionen bei Verbrennerfahrzeugen vorzunehmen, könnte dies das Aus weiterer Modellreihen und ganzer Fahrzeugkategorien bedeuten, sagte de Meo bei einer live übertragenen Veranstaltung in Brüssel.

"Unsere Industrie (in Europa) hatte lange Zeit einen Wettbewerbsvorteil entlang der gesamten Wertschöpfungskette bei Verbrennungsfahrzeugen. Das wird aber nicht mehr der Fall sein bei Elektrofahrzeugen, zumindest nicht auf absehbare Zeit," sagte de Meo vor Journalisten.

"Unsere Wettbewerber haben viele Karten in ihrer Hand, vor allem in der Batterie-Lieferkette vom Rohstoff zum fertigen Produkt." Zudem würden diese Wettbewerber in China und jetzt auch in den USA massiv vom Staat unterstützt.

"Tatsächlich sehen wir, wie die USA durch den Inflation Reduction Act ihre Industrie bei der grünen Transformation unterstützt. Dagegen reguliert Europa die Industrie häufig auf nicht abgestimmte Weise." Die Folge davon sei der unverkennbare Verlust von Marktanteilen europäischer Hersteller auf der Welt.

Die geplante Euro-7-Regulierung würde die Dekarbonisierung des Verkehrs in Europa unter dem Strich sogar verlangsamen, warnte de Meo. Denn diese neuen Auflagen würden Neuwagen noch teurer machen, was immer mehr Verbraucher davor abschrecke, ein neues, umweltfreundlicheres Auto zu kaufen.

Dieser Trend könnte bei einigen Herstellern auch zur dauerhaften Schließung von Werken in Europa führen, warnte de Meo. Bei Renault kämen in Europa unter Umständen vier Werke in Betracht, die nicht mehr rentabel produzieren könnten. Welche Werke dies sein könnten, sagte de Meo aber nicht.

Er schätze, dass ein Verbrenner-Neuwagen durch Euro 7 um sieben bis zehn Prozent teurer werde als zur Zeit, so de Meo.

"Das könnte die Lebensdauer eines Bestandsfahrzeuges noch weiter verlängern, würde also zu noch älteren Fahrzeugen mit höheren Emissionen führen, die noch länger auf den Straßen unterwegs sind."

"Wir argumentieren, dass wir ein weitaus besseres Kosten-Nutzen-Verhältnis erreichen könnten, wenn wir die enormen Investitionen, die Euro 7 erfordern würde, auf die Elektrifizierung, die Erschwinglichkeit von Elektrofahrzeugen und die Entwicklung emissionsfreier Technologien zur Verbesserung der Flotte ausrichten würden", so de Meo weiter.

Es wäre unter dem Strich auch für die Umweltbilanz im Verkehrssektor sinnvoller, keine neue Regulierung für neue Verbrennerfahrzeuge zu erlassen, die ohnehin nur noch wenige Jahre wirksam sei, bis nur noch Emission-Zero-Fahrzeuge neu zugelassen werden können.

Umweltverbände und die europäische Nichtregierungsorganisation Transport & Environment argumentieren dagegen, dass Euro 7 durchaus notwendig sei, weil neue Verbrennerfahrzeuge noch viele Jahre lang auf den Straßen unterwegs sein werden, auch weit über ihr Neuzulassungs-Ende hinaus.

Ein weit gediehener Entwurf für Euro 7 war im November vergangenen Jahres von der EU vorgestellt worden. Die neue Regulierung soll im Juli 2025 in Kraft treten. In der Autobranche wird diese Zeitspanne für viel zu kurz gehalten, um die notwendigen Anpassungen bei allen betroffenen Modellen umzusetzen.

Aus dem Datencenter:

CO2-Ausstoß der Pkw-Neuzulassungen in Deutschland bis November 2022