Es war eine lange Pause, doch so langsam geht die Durststrecke zu Ende. Nachdem sich Mini jetzt über mehrere Jahre mit dünnen Modellpflegen und Sonderserien über die Zeit retten musste, steht die britische BMW-Tochter vor einem großen Generationswechsel. Und statt nur neue Auflagen bestehender Modelle zu bringen und dabei in kleinen Schritten die Antriebswende voran zu treiben, machen die Briten Tabula Rasa und sortieren die Familie gleich ganz neu: Neue Modelle, neue Formate, neue Firmenkonstellationen und ja – natürlich auch neue Motoren sowie dezidierte Elektro-Varianten auf eigenen Plattformen sollen die Marke in eine neue Zeit führen. Nur am Design ändert sich vergleichsweise wenig. Klar, das Blech wird gestrafft und die Gesichter werden neu geschminkt, doch es bleibt bei Kulleraugen und bei Pausbacken – eine Kombination, die selbst unter der Prototypentarnung ihre Wirkung nicht verfehlt. „Den will ich haben“, ist der gängige Reflex und man beginnt in Gedanken schon mit der Karosserie zu kuscheln.
Ein Mini kommt dabei selten alleine – sondern künftig besteht die bunte Truppe aus Britannien, Deutschland und neuerdings auch China aus drei Baureihen mit ziemlich komplizierten Familienverhältnissen. Denn dazu zählt dann auch ein Zwillingspärchen, von denen ein Ableger auch noch eine andere Mutter und einen anderen Pass hat. Zu kompliziert? Dann jetzt nochmal langsam zum Mitschreiben.
So will Mini durchstarten
Mit diesen drei Modellen fährt Mini in die Zukunft. Zumindest vorläufig gibt es weiterhin Verbrenner, doch von einem Extra müssen die Kunden sich schon bald verabschieden.
An der Basis steht wie eh und je der Hatchback, also der Ur-Mini, der künftig den Namen Cooper tragen wird und mit nahezu unveränderten 3,86 Metern im Herbst auf der IAA in München seinen Einstand als Dreitürer gibt, bevor die BMW-Tochter später auch wieder die Idee vom Fünftürer aufgreift und die Open-Air-Gemeinde mit einem Cabrio beglückt. Den Cooper gibt es allerdings im Doppelpack – außen nahezu identisch, baut BMW auf zwei Plattformen zwei technisch vollkommen unterschiedliche Autos: In Oxford auf einer eigenen Architektur die Verbrenner und in China gemeinsam mit Great Wall auf einem Akku-Skateboard den neuen Elektro-Mini.
Am anderen Ende der Familie rangiert der neue Countryman, der sich die Technik mit Autos wie dem BMW X1 teilt, in Deutschland gebaut wird und genau wie die bayerischen Pendants wahlweise als Verbrenner oder Stromer zu haben ist. Weil der aufgebockte und sanft in Richtung SUV geschobene Pampersbomber um zwei Handbreit wächst und sich nun auf mehr als 4,40 Meter streckt, entsteht im Line-Up eine Lücke, die Mini mit einem zweiten Cross-Over füllt. Dem Aceman. Ebenfalls auf der Great Wall-Plattform konstruiert und in China gebaut, misst der Neuzugang 4,08 Meter, liegt mit seinem Radstand von 2,61 Metern zwischen den 2,53 Metern des Cooper und den 2,67 Metern des Countryman und hält sich auch bei der Höhe an die Hackordnung. Als einziges Modell in der Familie wird er ausschließlich elektrisch angeboten.
Genau wie den Cooper gibt es ihn in zwei Konfigurationen, die für beide Autos ähnliche Eckdaten vorsieht: Als E kommen Cooper und Aceman auf gut 180 PS und als SE auf etwa 220 PS, die Akkus haben eine Kapazität von 40 oder 54 kWh und die Reichweite liegt bei 300 oder 400 Kilometern. Beim Countryman dagegen stehen 200 oder 272 PS im Datenblatt, die Batterie hat in beiden Fällen 64 kWh und die Reichweite stellt Mini mit 420 bis 440 Kilometern in Aussicht.
Zwar steht Mini zunehmend unter Strom. Doch zumindest bis zum Ende der Dekade halten die Briten auch dem Verbrenner die Treue. Beim Cooper könnten sie sich dabei womöglich auf den Benziner beschränken. Aber beim Countryman müsste es schon mit dem Teufel zugehen, wenn es nicht auch einen Diesel geben würde. Nur den Plug-in-Hybriden mustern sie beim Modellwechsel aus.
Egal ob elektrisch oder mit Verbrenner als Mini oder Maxi – innen sehen die neuen Mini-Modelle alle ähnlich aus: Hinter dem Lenkrad herrscht künftig weitgehend Leere und die Musik spielt buchstäblich auf dem großen, wie immer runden Bedienfeld auf der Mittelkonsole.
Auch wenn das meiste künftig digital funktioniert und die Bedienung sich weitgehend auf Touch- oder Sprachkommandos fokussiert, gibt es ein paar schöne Konstanten im Cockpit: Wer die Tarnmatten lupft, fühlt weiter die klassischen Kippschalter. Was man dagegen nicht mehr fühlen kann, sind Lederpolster. Denn während sich die Briten beim Vererbrenner-Abschied dankenswerterweise Zeit lassen bis 2030, haben sie – muss so viel Political Correctness wirklich sein? – das lieb gewordene Leder schon jetzt aus dem Auto verbannt und versprechen einen tierfreien Innenraum.
Ausgerechnet eine Marke wie Mini künftig ohne Leder und demnächst auch ohne leidenschaftlichen Verbrenner-Sound? Ja, auch die Briten geben sich jetzt nachdrücklich nachhaltig. Doch den Fahrspaß wollen sie auf dem Altar der politischen Korrektheit nicht opfern. Im Gegenteil: Anders als bisher sollen die E-Modelle deutlich schneller als 150 km/h fahren. Und wem das noch nicht reicht, dem stellt die BMW-Tochter neben den E und SE-Modellen künftig auch einen elektrischen John Cooper Works in Aussicht.
Aus dem Datencenter: